Der Fall Hoeness treibt seltsame Blüten: Anstatt die Schweizer Banken am heutigen Verhalten zu messen, kommen anachronistische Forderungen auf, die auf einem veralteten Banken(feind)bild beruhen, findet Thomas Sutter von der Bankiervereinigung.

Thomas Sutter 180Thomas Sutter (Bild links) ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Der Hoeness-Prozess hat vor allem im deutschsprachigen Raum die Emotionen hochkochen lassen. Notorische Polit-Heisssporne blasen zum Generalangriff auf die Schweizer Banker; im Unterschied zu früher nicht mit der Kavallerie, sondern mit deutschen Steuerbeamten und Strafbefehl. Vernünftige Stimmen aus der Mitte springen auf den Zug auf und suchen das Ohr des medialen Mainstreams.

Den Vogel abgeschossen hat für mich aber das in Berlin residierende selbsternannte publizistische Gewissen der Schweiz.

In gewohnt komplizierten Gedankengängen vermischt Frank A. Meyer (Bild oben) in seiner sonntäglichen Kolumne seine politische Gesinnung, eigenen Frust und passend angerichtete Fakten. Auch nach zweimaligem Lesen verstehe ich immer noch nicht alles, ausser dass eigene Meinung zur Realität wird. Haltung ist aber etwas anderes.

Die Verantwortung liegt beim Kunden

Doch wie sieht die Gemengelage aus? Steuerhinterziehung ist illegal. Wer in Deutschland erwischt wird, muss ins Gefängnis. Jeder Bürger muss die Gesetze in seinem Land einhalten. Diese Verantwortung kann nicht delegiert werden. Auch nicht an einen Schweizer Banker. So einfach ist das.

Für mich unerträglich sind die Häme, die Spekulationen über weitere Verfehlungen, die moralinsauren Kommentare und die medial verbreiteten psychologischen Analysen, die die üblichen Verdächtigen im Nachgang zum Fall Hoeness ausbreiten.

Und ganz schlimm wird es, wenn über die Schweizer Banken gerichtet wird, indem die Vergangenheit zur Gegenwart mutiert und daraus Aktionen für die Zukunft abgeleitet werden. Einfacher ausgedrückt: wenn aus wohlfeiler Bankenschelte politisches Kapital geschlagen wird.

Schweizer Banken werden den AIA umsetzen

Daher nochmals die Faktenlage für unsere (zu) schnell sprechenden Nachbarn und unsere exportierten Intellektuellen:

  • Die Schweiz bekennt sich seit 2009 zur Einhaltung internationaler Standards beim Informationsaustausch in Steuerfragen. Dieser Standard wurde mit Deutschland in einem Doppelbesteuerungsabkommen verbindlich eingeführt. Er bildet die rechtsstaatliche Basis für das Verhältnis zweier Staaten. Alles andere sind Wildwest-Methoden – zweier befreundeter Länder unwürdig.
  • Die Schweiz und die Schweizer Banken bekennen sich seit Anfang 2013 unmissverständlich zur Übernahme eines international umgesetzten automatischen Informationsaustauschs (AIA). Dieser Standard existiert aber noch nicht. Er wird zurzeit mit Beteiligung der Schweiz im Rahmen der OECD im Detail ausgearbeitet. Alle reden von einem flächendeckenden AIA. Niemanden scheint es zu kümmern, dass ihn noch KEIN Land eingeführt hat!
  • Nicht zuletzt arbeiten die Schweizer Banken auf Empfehlung der Schweizerischen Bankiervereinigung mit ihren europäischen Kunden intensiv an der Bereinigung der Vergangenheit. Es müsste eigentlich nicht immer darauf hingewiesen werden, dass dies in einem Rechtsstaat sauber und fair ablaufen muss. Das ist die Schweiz ihrem Staatsverständnis schuldig, und das schulden die Schweizer Banken ihren Kunden.

Es ist zurzeit wieder viel zu viel Aufregung im System. Wir sollten uns nicht davon beirren lassen. In der Vergangenheit haben einige Banken und Banker Fehler gemacht. Meine Branche hat daraus ihre Lehren gezogen.

Ich wünsche mir, dass wir heute danach beurteilt werden. Wir wollen keine unversteuerten Vermögen, und wir brauchen sie auch nicht.