Drei renommierte Anwälte drehen im Steuerstreit den Spiess um: Es sei im Interesse der Schweizer Banken, wenn ihre Kundenberater in Amerika aussagen würden.

Zu den rätselhaftesten Figuren bei der Ermordung von John F. Kennedy zählt der Mann mit dem Schirm: Exakt als der amerikanische Präsident in Dallas erschossen wurde, stand er schwarz gekleidet und mit aufgeklapptem Regenschirm neben der Limousine.

Warum? Was hatte er hier zu suchen?

Drei prominente US-Anwälte nehmen den Mann mit dem Schirm nun als Beispiel dafür, dass die Rechtspflege im Umgang mit den Schweizer Bankkonten genauer hinschauen sollte. Dass sich vieles vielleicht in die falsche Richtung bewegt. Und dass es an der Zeit sei, die Schweizer Banker besser als Zeugen zu nutzen.

In einem gemeinsamen Aufsatz für die «International Tax Review» fragen sich William Sharp, Alan W. Granwell und Robert Katzberg, wie sehr die Schweizer Banker in den letzten Jahren denn tatsächlich beim Steuerbetrug von US-Bürgern geholfen oder ihn zumindest bewusst in Kauf genommen haben.

«Erkennungszeichen des Betrugs»

Zur Einstufung der Schweizer Banken in den bekannten Kategorien 1, 2, 3 oder 4 stützen sich die amerikanischen Ermittler unter anderem auf diverse Hinweise, die sie aus aufgeflogenen Kundendossiers ziehen: Wurde die Post zurückbehalten? Gab es Geldanweisungen unter der Meldegrenze von 10'000 Dollar? Wurden Drittparteien bei der Schliessung eines Kontos ausbezahlt? Gab es Offshore-Strukturen? Und so weiter.

Je mehr solcher Hints sich bei einem Kundenkonto finden – die Fahnder sprechen von «badges of fraud» –, desto klarer wird, dass die zuständigen Schweizer Banker sich der entsprechenden conspiracy schuldig gemacht haben.

Aber wird der Fall damit wirklich klar? Einen ähnlichen Sack voller verdächtiger Hinweise, so Sharp, Granwell und Katzberg, gab es beim «Umbrella Man». Obwohl der 22. November 1963 ein warmer und sonniger Tag war in Dallas, stellte sich der Mann mit Mantel und Regenschirm an die Route, durch die John F. Kennedy fahren würde. Als sich die Fahrzeugkolonne näherte, spannte er den Schirm auf – und dann fielen prompt die fatalen Schüsse.

Eine symbolische Handlung, mehr nicht

Der Unbekannte heizte in den Jahrzehnten danach viele Verschwörungstheorien an, denn es gab keine vernünftige Erklärung für sein Verhalten. Er musste etwas mit dem Attentat zu tun gehabt haben. Gab er ein Signal? War der Schirm gar eine Waffe? Obendrein konnte der «Umbrella Man» unerkannt entwischen.

Doch dann meldete sich 15 Jahre später, im Jahr 1978, ein Mann namens Louie Steven Witt und bekannte, der schwarze Mann gewesen zu sein. Seine Aktion sei einfach ein Protest gewesen gegen die Politik, welche Kennedys Vater in den Hitler-Jahren als Botschafter in England gespielt hatte.

Den Schirm aufzuklappen – very british – sei eine symbolische Handlung gewesen. Mehr nicht. Und das Zusammentreffen mit dem Mord war reiner Zufall.

Was der Schirmträger mit den Schweizer Bankern zu tun hat? Er erinnert daran, dass etwas, das aussieht wie eine Verschwörung, noch lange keine Verschwörung sein muss. 

Einordnen in die Schweizer Privatbankenkultur

Für Sharp, Granwell und Katzberg können selbst ausgewachsene «badges of fraud» zu falschen Verdächtigungen führen. Was in den Bankunterlagen festgehalten sei und obendrein gezielt im Visier einer Strafverfolgungs-Ermittlung betrachtet werde, könne zu falschen Schlüssen führen. Wichtig sei es zum Beispiel, solche Vorgänge auch im Rahmen der Schweizer Privatbankenkultur einzuordnen. 

Darum werde es entscheidend, dass die US-Behörden die Schweizer Kundenberater befragen, die in den Unterlagen auftauchen: Erst dann könnte sich überhaupt zeigen, ob die Verdachtsmomente auch wirklich kriminelles Verhalten untermauern. Am Ende werde solch ein Gespräch viel sinnvollere Aussagen ans Licht bringen als die Berge von Papierunterlagen. Und es sei möglich, dass solch ein Interview völlig harmlose Erklärungen bietet für ein Verhalten, das in den files schwer verdächtig wirken muss.

Das Fazit? Mit den Schweizer Bankern ist es womöglich wie mit dem «Umbrella Man»: Sein Verhalten war höchst verdächtig – und trotzdem harmlos. Es war klar belegt und sichtbar – dennoch hatte man keinen blassen Schimmer, was er tat. 

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