Christian Katz begrüsst nächste Woche beim Treffen der europäischen Börsen den früheren US-Notenbankpräsidenten Ben Bernanke in Zürich. Der CEO der SIX Swiss Exchange äussert sich im Interview mit finews.ch zum Hochfrequenz-Handel.   


Herr Katz, nächste Woche kommen die europäischen Börsen zu ihrer Jahrestagung in Zürich zusammen. Sie sind der Gastgeber. Wie ist es dazu gekommen?

Als Börse führen wir in unserer täglichen Arbeit verschiedene Menschen und Organisationen zu einem einzigartigen Netzwerk zusammen. Das werden wir auch an der diesjährigen Konferenz der «Federation of European Securities Exchanges» (FESE) tun.

Konkret?

Führende Persönlichkeiten aus der europäischen Börsenwelt treffen sich am 18. und 19. Juni mit Vertretern von Regulierungsbehörden und Politikern zu einem Gedankenaustausch.

«Das ist eine Teamaufgabe»

Als eine der führenden Börsen Europas ist SIX Swiss Exchange natürlich gerne Gastgeberin, und es ist uns eine Ehre, die Plattform für diese hochkarätige Veranstaltung zu bieten.

Sie wurden im vergangenen November für eine dreijährige Amtszeit zum Präsidenten der FESE gewählt. Was sind Ihre Hauptaufgaben in diesem Job?

Die FESE repräsentiert rund 40 regulierte Börsen aus 30 europäischen Ländern. Es geht im momentanen regulatorischen Umfeld darum, die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Börsen zu fördern und die zentrale Bedeutung der Börsen für die europäische und globale Wirtschaft zu stärken.

Dies ist eine Teamaufgabe, die wir zusammen mit unseren Kollegen im FESE-Sekretariat und den Börsenvertretern im FESE-Verwaltungsrat angehen.

Inwieweit können Sie da schweizerische Anliegen einbringen?

Die FESE ist eine unserer wichtigsten Plattformen, um schweizerische Anliegen in der EU zu vertreten. Kapitalströme machen nicht an der EU-Grenze halt.

«Die EU ist dankbar für Vorschläge»

Die EU ist in der Regel dankbar für Vorschläge, welche der Stärkung und harmonisierten Regelung des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs dienen.

Was bringt Ihre Präsidentschaft dem Schweizer Finanzplatz?

Die Schweiz ist einer der am stärksten international vernetzten Finanzplätze der Welt. Wenn es uns als FESE gelingt, mit intelligenten Lösungen Rahmenbedingungen in Europa zu schaffen, die die Finanzmärkte stärker, effizienter und zugänglicher machen, dann wirkt sich dies positiv auf den Schweizer Finanz- und Werkplatz aus.

Was sind die grossen Themen, die innerhalb der FESE aktuell diskutiert werden?

Konkret befassen wir uns im Moment einerseits mit der Konkretisierung und Umsetzung von Mifid II. Hier werden wir sehr eng mit der EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA zusammenarbeiten aber auch die Kooperation mit anderen Interessengruppen stärken.

«Wir werden einen Blueprint publizieren»

Andererseits werden wir einen «Blueprint» für die europäischen Kapitalmärkte publizieren, den wir der neu gewählten EU-Kommission und dem neuen EU Parlament präsentieren werden. In diesem Blueprint werden wir unsere Vision für bessere europäische Kapitalmärkte aufzeigen. Der Fokus wird sein, wie regulierte Märkte stärker zur Finanzierung des Wachstums in Europa beitragen können.

Die EU selbst prophezeit ein Infrastruktur-Investitionsvolumen von einer Billion Euro bis 2020, einige Studien zeigen einen Aktien-Shortfall von zwei Billionen Euro für diese Jahre. Hier müssen die Kapitalmärkte, ähnlich wie in den USA, mehr zur Finanzierung belebt werden.

«Ich habe zwei Ziele kommuniziert»

Untersuchungen zeigen, dass 92 Prozent der Arbeitsplätze von kotierten Unternehmen erst nach ihrem Börsengang geschaffen werden. Das heisst, wir müssen auch kleinen und mittleren Unternehmen wieder vermehrt den Zugang zu Kapital über die Börsen ermöglichen. Hierzu sind regulatorische und ökonomische Änderungen gefragt.

Welche Ziele haben Sie sich als FESE-Präsident gesetzt?

Ich habe zwei Ziele kommuniziert: Erstens müssen wir die europäischen Kapitalmärkte stärken und dabei insbesondere die Rolle der Börsen als Finanzierungsplattformen verbreitern. Zweitens geht es nun nach Jahren der Neuregulierung darum, diese Marktverbesserungen umzusetzen. Hierbei wollen wir enger mit anderen Partnern inklusive den Banken zusammenarbeiten.

Die FESE-Jahrestagung von nächster Woche in Zürich erstreckt sich über eineinhalb Tage. Was sind die Highlights?

Ein erster Höhepunkt ist sicherlich der IPO-Roundtable, den wir zusammen mit der European Private Equity & Venture Capital Association (EVCA) und den EuropeanIssuers durchführen. Wir diskutieren Massnahmen, mit denen der Zugang von Unternehmen an die öffentlichen Kapitalmärkte gefördert und der IPO-Markt damit stimuliert werden kann.

Zur Eröffnung der FESE-Jahrestagung am nächsten Tag werden wir unseren Blueprint zur Stärkung der europäischen Kapitalmärkte vorstellen und im Panel mit globalen Experten diskutieren. Mit dem Blueprint wollen wir klar die Rolle und Relevanz von Börsen für weiteres Wirtschaftswachstum herausstreichen.

«In der Diskussion geht etwas vergessen»

Ganz persönlich freut es mich natürlich, dass der ehemalige Präsident der amerikanischen Notenbank, Ben Bernanke, unsere Einladung angenommen hat und am Abend des Gala-Dinners eine Diskussion mit uns haben wird.

Mit «Flash Boys», dem Buch des US-Beststellerautors Michael Lewis, sind die Börsen respektive der Hochfrequenz-Handel an den Börsen unter Beschuss geraten. Inwieweit stellt der Hochfrequenz-Handel (HFT) eine Gefahr für die Märkte, aber auch für die Anleger dar?

In der öffentlichen Diskussion geht etwas vergessen: Der amerikanische Markt, und um den geht es im Buch, verfügt regulierungsbedingt über eine fundamental andere Struktur als der europäische und schweizerische. Es herrscht hier grosse Einigkeit, dass Marktmissbrauch und unfaire Handelspraktiken zu verfolgen und zu ahnden sind, seien sie von Maschinen oder von Menschen direkt begangen worden.

Wir analysieren den Handel an der SIX Swiss Exchange konstant und stellen sicher, dass Marktintegrität und optimale Preisbildung garantiert sind.

Wie steht die SIX Swiss Exchange generell zum Thema Hochfrequenz-Handel?

Der Schweizer Markt ist im Allgemeinen ein konservativer Markt mit einer einzigartigen Kombination von Investoren und einem hohen Anteil von Private-Banking-Kunden. Der Anteil von HFT liegt bei rund 15 Prozent am gesamten Handel. Dies ist deutlich weniger als bei anderen europäischen Börsen und Handelsplattformen, die im Schnitt bei 38 Prozent liegen.

«Hochfrequenz-Handel ist in den USA rückläufig»

Zudem müssen wir immer wieder betonen, dass wir als Börse kein HFT betreiben. Wir stellen unseren Marktteilnehmern die Infrastruktur für den Markt zur Verfügung. Unsere Aufgabe ist es, gemäss dem Börsengesetz, allen Marktteilnehmern die gleichen Chancen und Möglichkeiten zu bieten sowie die Marktintegrität und Fairness des Handels zu garantieren.

Wie wird sich das Thema «Hochfrequenz-Handel» weiter entwickeln?

HFT ist in den amerikanischen Aktienmärkten seit 2009 rückläufig, in Europa stagniert er seit gut vier Jahren. In diesen hochentwickelten Aktienmärkten glaube ich, dass HFT sich weiter verringern wird.

«Hochfrequenz-Handel ist Ausdruck der steigenden Technologisierung»

Im Gegensatz dazu bin ich überzeugt, dass sich HFT in Aktienmärkten von Entwicklungsländern noch vergrössern wird, da diese Märkte in Bezug auf Market-Making und Arbitrage noch Nachholbedarf haben.

Ebenso glaube ich, dass in anderen Anlagekategorien wie Devisen, Anleihen und ETF der Hochfrequenz-Handel im Zuge der zunehmenden Automatisierung weltweit noch wachsen wird. Dies ist nicht per se schlecht, sondern ein Ausdruck der steigenden Technologisierung des Handels.


Christian Katz 180 2Christian Katz leitet innerhalb der SIX Gruppe den Geschäftsbereich Swiss Exchange. Dieser betreibt die Schweizer Börse SIX Swiss Exchange sowie Scoach, die spezialisierte Börsenorganisation für strukturierte Produkte. Zudem verantwortet er den Indexanbieter STOXX sowie die Swiss Fund Data.

Vor seinem Eintritt Anfang 2009 führte der 46-jährige Christian Katz das Representative Office von Goldman Sachs in der Schweiz, wo er sich auf das institutionelle Aktien- und Aktienderivatgeschäft fokussierte. Zuvor war er acht Jahre für J.P. Morgan Chase tätig.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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