Obwohl die Obligationenrenditen nun so niedrig seien wie seit langem nicht mehr und viele Zentralbanken ihre Bilanzen weiter ausdehnten, gehe es mit der globalen Konjunkturerholung nur stockend voran, stellt Stefan Isaacs von M&G fest.

Von Stefan Isaacs, Fondsmanager Fixed Income bei M&G

In den USA und Grossbritannien signalisieren die Makrodaten eine halbwegs akzeptable, wenn auch unspektakuläre Erholung, im Euroraum ist jedoch wenig davon zu spüren. Tatsächlich muss man lange suchen, bis man auf einigermassen erfreuliche Daten stösst.

Die Stimmungsindikatoren für die Wirtschaft und das Verbrauchervertrauen signalisieren zwar weiterhin eine moderate Erholung, aber Teile Europas befinden sich technisch gesehen wieder in der Rezession, und die Inflation ist und bleibt zu niedrig.

Zweifel an den Notenbanken

Auch die Schweizer Experten haben Ihre Konjunkturprognosen zuletzt für das laufende Jahr und 2015 gesenkt, vor allem auf Grund pessimistischerer Annahmen für die Entwicklung des Binnenmarktes. Zuletzt stand der Verbraucherpreisindex VPI im europäischen Durchschnitt bei lediglich 0,4 Prozent, in der Schweiz lag er mit 0,07 Prozent noch darunter.

Die deutschen inflationsindexierten Anleihen berücksichtigen eine 5-jährige Inflation von 0,6 Prozent. Die längerfristigen Erwartungen zeigen, dass so mancher an der Fähigkeit der Notenbanken zweifelt, ihre Inflationsziele zu erreichen.

Der Mittelstand leidet

Die schiere Grösse des europäischen Bankensystems bleibt der Schlüssel zum Verständnis der Probleme, mit denen europäische Politiker konfrontiert sind. Das Bankensystem in Europa ist im Vergleich zum Bruttoinlandprodukt (BIP) dreimal so gross wie in den USA, es exisitieren deutlich mehr notleidende Kredite und der weitere Schuldenabbau ist dringend notwendig. Aus diesen Gründen überrascht es nicht, dass die geldpolitischen Entscheidungen offenbar nicht mehr richtig greifen.

Der Mittelstand leidet weiter unter der mangelnden Kreditvergabe an die Wirtschaft im Euroraum insgesamt und in der Peripherie im Besonderen. Entsprechend ist auch die Arbeitslosigkeit aussergewöhnlich hoch und beginnt in vielen EU-Ländern gerade erst, sich auf hohem Niveau zu stabilisieren.

Massive Eingriffe

Durch die in den letzten Jahren geforderten Sparmassnahmen, die eine antizyklische Fiskalpolitik in europäischen Ländern verhinderte, sowie der nur zögernd fortschreitenden Strukturreformen, lag die Hauptverantwortung für die Geldmarktpolitik bei der Europäischen Zentralbank (EZB).

Dessen ungeachtet hat die EZB aus unterschiedlichen Gründen deutlich weniger massiv eingegriffen als die US-Notenbank, die Bank of England und die Bank of Japan, die kein Problem damit haben, ihre Bilanzen erheblich auszudehnen. Auch die Schweizerische Nationalbank hat ihre Bilanz seit 2007 auf mittlerweile 508 Milliarden Franken um ein Vielfaches vergrössert.

Ein nächster Schritt

Die Folgen des zögerlichen Handelns der EZB waren ein überbewerteter Euro, importierte Disinflation und mangelnde Investitionen. Nachdem die EZB mit reduzierten Refinanzierungsoptionen, Erwartungslenkung und längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (LTRO) sowie zielgerichteten langfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO) hantiert hat, wird sie letztendlich – wie andere Zentralbanken auch – wohl gezwungen sein, in grossem Umfang Vermögenswerte aufzukaufen.

Noch spricht die EZB zwar nicht explizit über dieses Ankaufprogramm, die so genannte «quantitative Lockerung». Die angekündigten Ankäufe von Kreditverbriefungen und Pfandbriefe in noch unbekannter Höhe könnten allerdings in einem nächsten Schritt auf den Kauf anderer Wertpapiere ausgeweitet werden.

Mehr Kredite

Letztlich kann in nächster Zeit wahrscheinlich nur auf diesem Wege sichergestellt werden, dass das Bankensystem in Europa deutlich mehr Kredite an die Realwirtschaft vergibt. Dadurch wiederum sollten die Inflationserwartungen und potenziell auch das Wachstum steigen und die EZB in der Lage sein, die ihr vorgegebenen Ziele zu erreichen.

In Europa erfordern aussergewöhnliche Zeiten aussergewöhnliche Massnahmen. Die Arbeit der EZB ist noch nicht getan, selbst wenn sich einige Mitglieder mit Händen und Füssen gegen die quantitative Lockerung wehren. Ich gehe davon aus, dass die europäischen Anleihenrenditen noch eine ganze Weile niedrig bleiben werden.

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