Ein starker Dollar ist schlecht für den Goldpreis. Dies ist eine einfache Formel, an die sich Edelmetall-Investoren über viele Jahre hielten. Vielleicht zu unrecht?

Unlängst liess George Magnus, ein früherer Top-Ökonom der UBS, verlauten, es sehe ganz danach aus, als ob der dritte Aufwärtstrend des Dollar nach Ende der Bretton-Woods-Ära begonnen habe.

Allerdings nur so lange, wie man seine Warnung vor einer Trendextrapolation ignoriere – also die weitere Entwicklung auf Grund eines über einen kurzen Zeitraums erfassten Trends zu prognostizieren. Sollte Magnus also recht haben?

Kein Super-Dollar mehr

«Was Gold anbelangt, so ist es weniger die absolute Höhe des Dollar, die zählt, sondern vielmehr die Richtung, in die sich der Greenback bewegt», sagt Adrian Ash (Bild) vom Research-Desk des Londoner Edelmetallhändlers BullionVault.

Ausgehend von dem Allzeittief im Frühjahr 2011 kann man bei der Währung heutzutage ohnehin wohl kaum noch von einem «Super-Dollar» sprechen, wie dies das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» noch Anfang der achtziger Jahre machte.

Nicht ganz unvertraut

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld von damals kommt einem heute allerdings nicht ganz unvertraut vor...

  • Überangebot von Rohstoffen nach langem Bullenmarkt? Ja.
  • Desinflationsprozess der Verbraucherpreise? Ja, auch.
  • Geschwächte konkurrierende Volkswirtschaften in Europa? Genau.
  • Stark verschuldete Schwellenländer? Jawohl.
  • Starke US-Geldpolitik mit erhöhten Dollar-Zinsen? Ähm, naja. Selbst mit der Verzögerung der Zinsanhebung durch die Federal Reserve erwies sich das dritte Quartal 2014 bislang als problematisch für Dollar-Anleger, die in nicht-amerikanische Vermögenswerte investierten. So rutschte der Goldpreis in Dollar am Ende September 2014 auf den tiefsten Stand des Jahres.

«Fällt der Dollar, steigt Gold. Diese Formel war zwischen 2002 und 2008 so beständig, dass Hedge Funds nicht einmal mehr darüber nachdenken mussten», erklärt Ash weiter.

Bröckelnde Beziehung

Auf den Devisenmärkten fiel der Dollar gegenüber den anderen wichtigen Handelswährungen um 30 Prozent. Zur gleichen Zeit stieg Gold (gemessen in Dollar) um 160 Prozent.

«Aber während der Finanzkrise begann diese Beziehung zu bröckeln. Denn Gold stieg weiter... und weiter... und weiter. Aber auch der Dollar notierte höher», betont Ash weiter.

Wie stehen die Chancen heutzutage?

Wenn man die Durchschnittswerte der vergangenen 40 Jahre betrachtet, so ist es doppelt so wahrscheinlich, dass Gold steigt, wenn die US-Währung sinkt, als wenn der Dollar-Index zunimmt.

Und als Gold crashte – mit einem Verlust von mindestens 10 Prozent innerhalb von zwölf Monaten – stieg in 91 Prozent der Fälle gleichzeitig der Dollar.

Manche Händler halten auch Ende 2014 an dieser Faustregel fest und denken, dass Gold weiterhin fallen wird, während der Dollar im Verhältnis zum Euro, Pfund, Yen und sämtlichen anderen wichtigen Währungen Kursgewinne verzeichnet.

Aber Vorsicht!

Denn seit 1974 bewegten sich in 30 Prozent der Fälle Gold und der Dollar in die gleiche Richtung, wie Adrian Ash weiter erklärt. Und als Gold stieg, während der Dollar ebenfalls nach oben ging, waren die durchschnittlichen Gewinne deutlich höher als wenn der Dollar zur gleichen Zeit einbrach.

Ja, in der Tat. Der durchschnittliche jährliche Zugewinn von Gold zu Zeiten eines steigenden Dollars lag bei 24 Prozent, wohingegen das Edelmetall durchschnittlich nur 18 Prozent Steigerung verbuchte, wenn der Greenback gleichzeitig an Wert verlor.

Keine Regel ohne Ausnahme

Es stimmt natürlich, dass Anleger tendenziell vor allem in grossen Krisenzeiten sowohl in Gold als auch in Dollar investieren. Aber auch bei dieser Regel gibt es Ausnahmen und es kam vor, dass nur eine der beiden Anlagen zulegte.

Das war 1979 der Fall, als die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, oder 2008 beim Lehman-Crash oder auch während der Finanzkrise in der Eurozone 2010.

Nicht geschafft

«In all diesen Fällen schaffte es die US-Währung nicht, mit den Erfolgen von Gold Schritt zu halten», betont Ash.

Macht doch nichts, dass es so viele Parallelen zwischen damals und Ende 2014 gibt. Immerhin kann man es so machen, wie es die Finanzmärkte bislang in diesem Jahr taten und die bevorstehenden Probleme einfach ignorieren.

Extreme Nachlässigkeit

Oder wie ein Investmentbanker mit Bezug auf die zahlreichen Unternehmensfusionen und -übernahmen in jüngster Zeit gegenüber der «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) sagte: «Ich habe noch nie einen Markt gesehen, der belastbarer war als der derzeitige, und der geopolitische und finanzielle Risiken so stark abfedert.»

«Es gibt allerdings auch Menschen, die sich für Goldanlagen entscheiden, um sich vor genau dieser Art Nachlässigkeit zu schützen – und zwar unabhängig von der Stärke des Dollar», kommt Adrian Ash zum Schluss.