Regelmässig versuchen die Mitglieder der London Bullion Market Association, den Goldpreis im nächsten Jahr zu schätzen. In der Regel neigen sie dazu, das vorauszusagen, was sie gerade erlebt haben – und liegen damit jeweils falsch. Und dieses Mal?  

Die meisten Teilnehmer des Jahrestreffens der London Bullion Market Association (LBMA) von dieser Woche in Peru hatten tendenziell eine eher pessimistische Haltung was den Goldpreis im nächsten Jahr angeht, wie Steffen Grosshauser vom Londoner Edelmetallhändler BullionVault berichtet.

Doch bereits bei der letztjährigen Konferenz der LBMA war festzustellen, dass die teilnehmenden so genannten Experten und Brancheninsider mit Ihrer Zwölf-Monatsprognose ausnahmslos ins Fettnäpfchen traten. Zumindest darauf schien Verlass zu sein.

Keine Wissenschaft

Und es stimmt auch, dass diese Vorhersagen nicht als wissenschaftliche Umfragen konzipiert sind. Vielmehr soll damit die generelle Stimmung gegenüber Edelmetall in Fachkreisen eingefangen werden. Darum versuchen die Teilnehmer als Kollektiv, die durchschnittlichen Preise für Gold und Silber für das jeweils nächste Jahr vorherzusagen.

In dieser Woche prognostizierte der Teilnehmerkreis, dass Gold bis zur Sitzung im nächsten Herbst zu durchschnittlich 1'200 Dollar je Feinunze gehandelt werde.

LBMA 2

Dieses Ergebnis müsse wohl als «bearish» interpretiert werden, sagt Grosshauser. Doch wie heisst es so schön in der «Konträrtheorie» für langfristige Investitionen? Wenn alle einer Anlage bereits den Rücken zugekehrt haben... oder zumindest unzufrieden sind... kann sich diese nur noch in eine Richtung weiterentwickeln.

Flucht aus den Rohstoffen

Folglich müssten Investoren nun nach einer Anlage suchen, die momentan gänzlich unbeliebt und massiv überverkauft ist – und sich damit die Taschen füllen. Womöglich ist Gold aber tatsächlich noch nicht ganz an seinem Tiefpunkt angelangt. Aber wenn man die Gegenwart mit der Zeit während des Höhepunkts der Finanzkrise vergleicht, so hat sich das Rad tatsächlich gedreht.

Nach dem Platzen der Finanzblase sind es nun auf einmal nicht mehr die Hedge Funds und Kreditderivate, die im Fokus von Rechtsstreitigkeiten stehen und die von Aufsichtsbehörden näher unter die Lupe genommen werden, sondern Gold und Silber. Auf Grund dieser Tatsache im Zusammenhang mit den Medien, die von einer «Flucht aus den Rohstoffen» sprechen, muss wohl eine Art von Tiefpunkt bevorstehen.

Weiterer Kursrutsch?

Natürlich ist «bevorstehen» etwas vage. In dieser Woche liess ein namhafter Portfoliomanager noch verlauten, dass ein Kursrutsch von Gold auf 800 Dollar je Feinunze durchaus im Bereich des Möglichen liege.

Es ist auch denkbar, dass drei Jahre, nachdem Gold und Silber ihre Rekordhöhen erreichten, solch pessimistischen Voraussagen einfach die Erfahrungen der vergangenen Jahre widerspiegeln.

Was man erlebt hat

Somit würde bei der Umfrage lediglich das Ergebnis hochgerechnet werden, wenn sich die Preise so wie in den vergangenen drei Jahren weiterentwickeln würden. Genauso wie nach dem Gipfel von Gold von rund 1'900 Dollar im Jahr 2011 die weltweiten Prognosen auf 3'000 Dollar, 5'000 Dollar und sogar bis auf 10'000 Dollar stiegen.

Überzogene Prognosen gibt es natürlich in beide Richtungen, in die optimistische ebenso wie in die pessimistische, wie Grosshauser weiter sagt. Im Allgemeinen würden die Menschen wohl einfach dazu neigen, das vorauszusagen, was sie eben erlebt hätten... und Experten bildeten dabei keine Ausnahme.