Das Vorgehen der USA gegen die UBS und deren Kunden zeigt, dass Wirtschaftsnot kein Gebot kennt und alle Mittel gerechtfertigt sind, um Steuersubstrat aufzutreiben.

Von David Zollinger, Mitglied der Geschäftsleitung, Wegelin & Co. Privatbankiers

(Fortsetzung von Teil 1) Warum soll dies denn nun plötzlich ein Problem sein, nachdem offenbar jahrelang kein Hahn nach solchen Informationen gekräht hat? Aus zwei Gründen: Zum einen zeigt das aktuelle Vorgehen der USA gegen die UBS und deren Kunden, dass Wirtschaftsnot kein Gebot kennt und daher alle Mittel gerechtfertigt sind, um zusätzliches Steuersubstrat aufzutreiben. Soweit so ungut.

Was aber deutlich schwerer wiegt: Wer sich die Mühe genommen und die «General Explanations of the Administration’s Fiscal Year 2010» des US-Schatzamtes (Treasury) studiert hat, der kann eine Veränderung der Wetterlage bei den Regeln des so genannten QI-Abkommens feststellen.

Bisher zwei Gruppen

Das US-Parlament berät zur Zeit über neue Regeln des US-Steueramtes im Kontakt mit ausländischen Finanzintermediären. Geht es nach dem Willen des US-Schutzamtes, so soll künftig nicht mehr nach «W9» und «BEN-Q»-Kunden unterschieden werden, sondern es wird einheitlich nur noch «US-Kunden» geben.

Zur Erinnerung: Im Rahmen des seit 2001 gültigen QI-Abkommens verpflichteten sich die (ausländischen) Finanzintermediäre, ihre US-Kunden (Personen mit US-Pass oder Green Card) in die zwei genannten Gruppen zu unterteilen.

Alles ans IRS

Wer als US-Kunde einer Schweizer Bank US-Wertpapiere erwerben wollte, musste als «W9»“ Kunde eingeteilt sein. Konsequenz daraus waren einerseits eine erleichterte Abrechnung der Verrechnungssteuer (withholding tax), anderseits aber vollständige Transparenz gegenüber den US-Steuerbehörden (die Bank meldet mit dem Einverständnis des Kunden automatisch gewisse Vorgänge an das IRS); wer auf diese Transparenz und den erleichterten Abrechnungsmodus verzichtete, wurde «BEN-Q»-Kunde und konnte dafür keine US-Titel erwerben.

Nebst der Abschaffung dieser Kategorien werden nach dem Willen des US Schatzamtes in Zukunft alle Banken mit QI-Status automatisch sämtliche Angaben betreffend ihre US Kunden ans IRS übersenden – von den Kontoeröffnungsinformationen bis hin zum Zahlungsverkehr grösserer Beträge. Und in die Kategorie «US Kunden«BEN-Q» sollen nicht mehr nur die natürlichen Personen fallen: Ebenso zu melden sein werden Firmenkonti, bei denen der wirtschaftlich Berechtigte eine US Person ist.

Kein Ausweichen mehr auf Offshore-Strukturen

Aber auch bestimmte Trusts, bei denen der Begünstigte eine US Person ist. Sogar die so genannten Insurance Wrappers (Versicherungspolicen mit Einmaleinlage, bei denen der Kontoinhaber und der wirtschaftlich Berechtigte die Versicherungsgesellschaft und der Kunde lediglich Begünstigter aus der Versicherungspolice sind) werden darunter fallen, sofern der Begünstigte eine US Person ist und die Versicherungssumme mindestens eine Million Dollar beträgt.

Also kein Ausweichen auf Offshore-Strukturen mehr, wie das zuweilen – im übrigen nicht unrechtmässig, sondern als Folge einer offen gelassenen Lücke im ursprünglichen QI-Abkommen – in den Jahren ab 2001 geschah. In Zukunft werden sämtliche Gesellschaften einer Gruppe denselben QI-Status haben – entweder alle QI oder keine, so dass nicht einfach eine bestimmte Kundengruppe in eine andere (diskretere…) Gruppengesellschaft ohne QI-Status abgeschoben werden kann.

Grossaufträge für US-Buchprüfer

Als Maximalschritt wird allen Intermediären mit QI-Status der Geschäftsverkehr nur noch mit anderen QI-Intermediären gestattet sein – wenn sie sich nicht daran halten, verlieren sie selbst den QI-Status. Das könnte etwa bedeuten, dass für Firmen ohne QI-Status kein Dollar-Zahlungsverkehr und keine Dollar-Settlements (und natürlich auch kein Erwerb von US Titel) mehr möglich sind – nur schon deswegen, weil sie in den USA keinen Geschäftspartner finden, denn der darf mit ihnen keinen Geschäftskontakt mehr eingehen.

Damit das ganze auch korrekt abläuft, werden nach dem Willen des US-Schatzamtes in Zukunft sämtliche QI-Audits (also Buchprüfungen der Finanzintermediäre, über die korrekte Umsetzung des Abkommens) von einem US-Buchprüfer begleitet werden, der den Prüfbericht zu unterschreiben hat und der natürlich überprüfen wird, ob wirklich alle US-Personen korrekt erfasst wurden. Und sicher auch, ob sämtliche Halter von US-Titeln dem IRS bekannt sind – denn weshalb sollten im steuerlichen Teil des US-Erbrechts andere Prioritäten als im übrigen US-Steuerrecht gelten?

Fazit für die Finanzintermediäre

Wer als Bank US-Titel in den Portfolios seiner Kunden hält, der wird für diese einen deutlich höheren Aufwand betreiben müssen, um allen Anforderungen des US-Steuerrechts gerecht zu werden: Angefangen vom regelmässigen Überprüfen, ob der Kunde noch lebt, bis hin zum Abrechnen des Gesamtstatus und Übermitteln der erforderlichen Informationen an das US-Steueramt innert neun Monaten nach dem Tod des Kunden.

Dass dies nicht ohne Wegbedingen des Bankgeheimnisses geht, ist klar – wer in die Verträge von US-Banken im Ausland schaut, findet dort schon heute Bestimmungen, wonach der Kunde auf das Bankgeheimnis gegenüber den US-Behörden vollständig verzichtet und einverstanden ist, dass im Falle seines Ablebens die Vermögenswerte von der Bank gesperrt werden, bis der Beweis der Bezahlung der definitiven rechtskräftigen Erbschaftssteuer vorliegt.

Also höherer Aufwand und höheres Risiko ohne zusätzliche Erträge. Lohnt es sich da noch, für die Kunden US-Titel zu erwerben?

David Zollinger, geboren 1965, Studium der Sinologie, Japanologie und Jurisprudenz (Abschluss 1992); Wahl zum Staatsanwalt 1995, 2000-2007 Leiter des Bereich Internationale Rechtshilfe und Geldwäscherei; Wechsel zu Wegelin & Co. 2007; Dozent an der Hochschule für Wirtschaft in Luzern (Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität); Fachautor und Referent (Mitverfasser Kommentar zum Geldwäschereigesetz).

Die Bank Wegelin hat derzeit 10 offene Stellen ausgeschrieben.

 

 

 

 

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