Tobias Bettkober von der Firma AgaNola über die aktuelle Börsenlage, die Chamäleon-Eigenschaften von Convertibles und die Stützung der UBS.

tobias_bettkoberTobias Bettkober ist Head Asset Management und Chief Investment Officer von AgaNola.

Herr Bettkober, nach den Kursavancen bis im Frühsommer tendiert die Börse nun eher entschlossen. Woran kann das liegen?

Tobias Bettkober: Hinter uns liegt einer der stärksten Kursanstiege der letzten Jahrzehnte im globalen Aktienmarkt (bezogen auf 6 Monate). Neben positiven Makrodaten wie einem ansteigenden Konsumentenvertrauen und einer Belebung im US-Häusermarkt sowie anziehenden Rohstoffpreisen konnten auch die Unternehmen im allgemeinen mit ihren Quartalszahlen überzeugen. Während der letzten Quartalsberichts-Saison übertrafen rund 70 Prozent der S&P500-Firmen die Erwartungen der Analysten. Zahlreiche institutionelle Anleger dürften nur unzureichend an der rasanten Aufwärtsbewegung partizipiert haben. Sie sind nun zu Anschlusskäufen gezwungen.

Können Wandelanleihen in einer solchen Situation für Anleger interessant sein? Falls ja, warum?

Wir bevorzugen den Begriff ‹Convertibles› oder einfach nur ‹Wandler›, weil er die Verwechslung mit reinen Unternehmensobligationen meidet, da Convertibles im Vergleich zu Anleihen normalerweise recht aktiensensitiv sind – ein Missverständnis, das gerade in Europa für viele Neuanleger aus der Fixed-Income-Welt im letzten Jahr schmerzhaft wurde. Bei starken Börsen stehen Wandelanleihen mit hoher Aktiensensitivität in Bezug auf ihre Performance den Aktien in nichts nach. Im Gegenteil – wegen ihrer Konvexität (Aktiensensitivität sinkt bei fallenden Kursen) passen sie sich veränderten Markttrends automatisch an.

Mit welchen Fundamentaldaten korreliert der Markt der Wandelanleihen generell?

Letztlich sind Convertibles keine Zauberei sondern nur eine elegante Summe ihrer Teile – Aktie, Unternehmensanleihe und Volatilität. Dementsprechend sind Aktienperformance, Zins- und Spread sowie Volatilität wichtige Einflussgrössen, die ihrerseits von entsprechenden Fundamentaldaten abhängen. Dies wären zum Beispiel für Aktien das Gewinnmomentum und die Bewertung, für Spreads das Kreditprofil, für die Volatilität die konjunkturelle Unsicherheit und für Zinsen die Inflation. Convertiblespezifisch kommen die technischen Anleihebedingung, zum Beispiel vorzeitige Rückzahlungen oder Dividendenausgleich sowie die Optionsbewertung hinzu.

Welche Börsenentwicklung erwarten Sie bis Ende Jahr, und was können Wandelanleihen in dieser Situation bieten?

Mindestens seitwärts – am Aktienmarkt könnte man sich nach den starken Anstiegen eine Konsolidierung vorstellen, der Trend sollte aber weiter nach oben zeigen, da er fundamental gestützt wird.

Für welche Anleger kommen Wandelanleihen in Frage?

Die polemische Antwort lautet: Für alle, da man mit Wandelanleihen aufgrund ihrer Chamäleon-Eigenschaften alle möglichen Risikoprofile abbilden kann und dies auf sehr effiziente Weise in Bezug auf das Risiko-Rendite Verhältnis. Für Familienväter genauso wie für Pensionskassenverwalter kann ich bei aller Vorsicht ruhigen Gewissens empfehlen, einen Grossteil des Vermögens in einen globalen Convertible-Fonds zu investieren, da mir persönlich kein Produkt bekannt ist, dass ähnlich breit gestreut ist und gleichzeitig voll transparent sehr gute langfristige Sparergebnisse erzielt – ich selbst handle danach.

Wie würden Sie Wandelanleihen im Vergleich zu anderen Anlageklassen charakterisieren?

Convertibles zeichnen sich durch multiple und damit diversifizierte Risikofaktoren aus, was den Ertrag nachhaltiger macht. Die technische Komplexität, aber auch die relativ überschaubare Grösse des Convertible-Marktes von etwa 500 Milliarden Dollar machen sie zu einem Spezialprodukt, das naturgemäss in die Hände von darauf ausgerichteten Investmentmanagern gehört.

Wie gross ist der Schweizer Markt Wandelanleihen?

Der Schweizer Markt liegt aktuell bei einem Emissionsvolumen von etwa 10 Milliarden Franken.

Könnten Wandelanleihen ein Wachstumsmarkt auf dem derzeit etwas lädierten Schweizer Finanzplatz sein?

Im Vergleich zu seinen Blessuren steht der Finanzplatz Schweiz besser da als er sich im Moment fühlt. Die für die Eidgenossen letztlich profitable Stützung der UBS beispielsweise wird im Ausland als vorbildhaft angesehen. Was das verwaltete Convertible-Vermögen ausserhalb von Hedge Fonds angeht, ist der Schweizer Markt kurioserweise weltweit führend. Convertibles von Schweizer Emittenten sind auch deshalb längst etabliert. Sie bewegen sich aber auf einem konstanten Niveau. Das Wachstum findet eher durch die Globalisierung und dem zugehörigen Kapitalbedarf statt, vor allem auch in den Schwellenländern.

Inwiefern unterscheidet sich AgaNola von anderen Akteuren im Markt der Wandelanleihen in der Schweiz?

Bei uns wird sehr viel Arbeit in Titelselektion, also in die Unternehmensanalyse, gesteckt während Marktrisiken eher nicht mehr als taktisch übergewichtet werden. So soll eine Outperformance erzielt werden, die nicht von der Marktrichtung abhängt, sondern vom aktiven Management und somit dem Kunden einen nachhaltigen Mehrwert bietet. Daneben sind wir sehr innovationsorientiert, weil wir glauben, die überschäumende Fülle von Informationen durch clevere Tools am besten zu organisieren.

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Wandelanleihe?
In Aktien wandelbare Wertpapiere. Kurz gesagt sind Convertibles Unternehmensanleihen, bei denen ein Teil der festen Verzinsung aufgegeben wird für das Recht, die Obligation in eine feste Anzahl Aktien des Emittenten umzutauschen. Praktisch ergibt das in der Regel eine Mindestverzinsung auf Geldmarktniveau mit unbeschränktem Kurspotential über die Aktienpartizipation.

 

 

 

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