Bellevue Asset Management schmiedet Wachstumspläne in der angelsächsischen Welt. CEO André Rüegg über die Sippenhaft bei Beteiligungsfirmen und was nach der Adamant-Übernahme ansteht.  


Herr Rüegg, Biotech-Investments gelten unter vielen Anlegern als riskant, als etwas, mit dem man vor allem Geld verliert. Wie kontern Sie solche Behauptungen?

Das war einmal. Wenn Sie den Sektor genauer anschauen, dann werden sie feststellen, dass er fundamental sehr gut aufgestellt ist. Seit mindestens sieben Jahren verdient man Geld und zwar nicht wenig. Wir haben das Tal der Tränen hinter uns gelassen. Im Gegensatz zum Pharma-Sektor wächst der Biotechnologie-Markt zweistellig – zwischen 15 und 20 Prozent.

Beteiligungsgesellschaften wie BB Biotech haben an der Börse aber einen Discount. Warum?

Diesen Umstand finden wir vor allem in der Schweiz und in einigen anderen kontinentaleuropäischen Ländern. Dies liegt meines Erachtens unter anderem daran, dass in diesen Märkten die Popularität von solchen Strukturen historisch gelitten hat.

Womit hängt das zusammen?

Die Anleger haben den gesamten Sektor in Sippenhaft genommen. Darunter haben auch wir gelitten. Hinzu kommen rechtliche und insbesondere steuerliche Gründe, welche die Existenz solcher Abschläge begründen mögen. An der Anlagestrategie selbst liegt es im Fall von BB Biotech keineswegs, zumal unser Portfolio hoch liquide ist. Ich glaube wirklich, dass das Thema «Beteiligungsgesellschaften» in anderen Ländern besser verstanden wird.

Wo denn?

In der angelsächsischen Welt. Das ist historisch bedingt. Dort haben die Anleger ganz grundsätzlich einen grösseren Risikoappetit und sind mit Investment Trusts besser vertraut.


«Neu haben wir auch ein Office in London»


Seit einigen Jahren machen angelsächsische, vor allem britische Kunden denn auch einen substantiellen Teil unserer Aktionärsbasis aus. Wir glauben zudem, dass wir das Wachstumspotential noch lange nicht ausgeschöpft haben. Deshalb haben wir im britischen Markt unsere Vertriebs- und Serviceaktivitäten intensiviert. Neu haben wir auch ein Office in London, um näher am Markt und an unseren Investoren zu sein.

Bellevue Asset Management hat unlängst die Firma Adamant übernommen. Welche Überlegungen führten zum Kauf dieser Tochterfirma der Zürcher Kantonalbank?

Wir sind ein kleiner, aber spezialisierter Asset Manager. Gegenüber grossen Konkurrenten wie Blackrock, J.P. Morgan oder Deutsche Bank können wir uns ausschliesslich durch gute Anlageideen und Performance profilieren. Als Boutique konzentrieren wir uns auf Nischenthemen wie «Healthcare».


«Es gibt keinen Chief Investment Officer bei uns»


Mit dem Kauf von Adamant haben wir dieses Marktsegment aktiv konsolidiert, unser Know-how gezielt verstärkt und unsere Geschäftsbasis und Produktpalette weiter diversifiziert. Last but not least findet das Adamant-Team bei uns eine «natürliche Umgebung», die seinen Kompetenzen und Erwartungen entspricht.

Was macht eine Firma wie Bellevue Asset Management als Arbeitgeberin attraktiv?

Ein wichtiger Faktor ist der Freiheitsgrad, den wir unseren Leuten gewähren. Im Prinzip sind wir in «selbstverantwortlichen Zellen» organisiert. Es gibt keinen Chief Investment Officer, der eine «Hausmeinung» bezüglich der einzelnen Investments vorgibt. Die Geschäftsleitung entscheidet über die Anlagethemen und -ziele. Das Produkt machen dann die Portfolio Manager. So erhalten sie eine viel wichtigere Rolle als bei einer grossen Organisation und sind nicht beliebig austauschbar.

Worauf achten Sie, wenn Sie jemanden einstellen?

Im Vordergrund stehen eindeutig die Fachkompetenz und die Chemie. Weiter muss die Person einverstanden sein, dass ein materieller Teil ihres Lohnes variabel, also erfolgsabhängig ist. Zudem müssen alle Anlageteams und anderen Kader einen Teil ihres Gehalts in die eigenen Produkte investieren. Das ist unser unternehmerisches Konzept, ganz nach dem Prinzip «We eat our own cookies».


«Man nimmt uns ernst»


Selbst mit unseren Bilanzgeldern und Pensionskassengeldern sind wir in unsere Anlagestrategien investiert. Wir verstehen das nicht nur als Commitment unseren Kunden gegenüber, sondern auch als Teil des Risikomanagements. Unter diesen Prämissen überlegt man sich jeden Entscheid zweimal.

Sie haben eingangs die grossen Akteure im Asset Management erwähnt. Wie können Sie sich im vergleichsweise harten Wettbewerb gegen diese Konkurrenz durchsetzen?

Mit BB Biotech verfügen wir über eines der weltweit grössten und erfolgreichsten aktiv verwalteten Anlageprodukte. Man nimmt uns also schon ernst, gerade weil wir hoch spezialisiert sind und ausgezeichnete Leistungen erbringen.


«Vor kurzem holten wir ein Mandat in Taiwan»


Rechnet man alle unsere Healthcare-Investments zusammen, bringen wir es aktuell auf rund vier Milliarden Franken Anlagevermögen. Dieser Leistungsausweis ist selbstverständlich sehr hilfreich, um international an attraktive Aufträge zu gelangen.

Zum Beispiel?

Vor kurzem konnten wir ein Anlagemandat von der taiwanesischen Shin Kong Group an Land ziehen. Ein solches Erstmandat – im zweistelligen Millionenbereich – ist für grosse Akteure und den Markt ein Pappenstiel, für uns hingegen ein substanzielles Zeichen. Wenn wir damit keinen Erfolg haben, spüren wir das unmittelbar. Also strengen wir uns umso mehr an, und das wissen die Kunden.

Wer sind Ihre Kunden?

Mittelgrosse Banken, Vermögensverwalter, Family Offices sowie Institutionen, die spezifische Anlage-Opportunitäten suchen und über vergleichsweise flexible Anlagestrategien verfügen. Das sind professionelle Anleger, die wissen, dass wir uns nicht hinter einer Marke verstecken, sondern eine klare Strategie fahren.

Sind die Grossbanken keine Kunden?

Leider noch nicht im gewünschten Masse. Grossbanken nehmen kleinere Nischenanbieter immer seltener auf ihre Empfehlungslisten. Das hat nebst Volumen- auch mit Risikoüberlegungen zu tun.


«So fällt es einfacher, einen Verlust zu erklären»


Demjenigen, welchem die Auswahl von Produkten und/oder Anbietern obliegt, fällt es einfacher, einen Verlust zu erklären und zu verantworten, wenn eine grosse Marke dahinter steht. Der Vertriebskanal Grossbanken macht bei uns derzeit bloss einen Anteil von 20 bis 25 Prozent aus.

Was haben Sie sich für 2015 vorgenommen?

Zunächst sind wir bestrebt, die Adamant-Übernahme abzuschliessen. Sie verbreitert unsere Anlagepalette im Fondsbereich sowie bei Drittmandaten. Parallel dazu investieren wir in unsere Franchise «BB Biotech», um diese Erfolgsgeschichte fortzusetzen.


«So funktioniert aktives Management»


Ausserdem halten wir mit unseren regionalen Strategien «Entrepreneur», «African Opportunities» und «Global Macro» an unserer Diversifikationsstrategie fest. Auch in diesen Bereichen haben wir personell ausgebaut. Wir sind nun an die 45 Leute und rekrutieren weiter, namentlich im Vertrieb.

Warum hat das Anlagethema Afrika einen so hohen Stellenwert bei Bellevue Asset Management?

Auch das ist ein Nischengeschäft, wo wir hervorragende Leute beschäftigen, die diesen Markt verstehen, so dass aktives Management auch funktioniert. Mit Malek Bou-Diab haben wir sogar einen der besten Portfolio-Manager überhaupt auf diesem Gebiet.

Ist Afrika nicht ein sehr schwieriger Anlagemarkt?

In Afrika können sie auf unterschiedliche Arten investieren. Viele Asset Manager legen indexnah an, oder sie investieren mehrheitlich in Rohstoffe. Andere wiederum setzen auf Konsumgüter.

Und Sie?

Wir glauben, dass der langfristige Erfolg dieses Kontinentes von der Reformkraft der jeweiligen Länder abhängt. Wir orten attraktive Anlagechancen vor allem in Ländern und Sektoren, die von den bereits eingeleiteten Strukturreformen profitieren, und die ihre makroökonomischen Grundlagen gefestigt haben.


«Es ist ein Spiel der Langfristigkeit»


Infrastrukturinvestitionen, der Ausbau von Kommunikationstechnologie, die Verbreitung von Finanzdienstleistungen sowie bereits vereinzelt aufkommender Privatkonsum sind letztlich die entscheidenden Triebkräfte für überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in Nord- und Subsahara-Afrika. Das Anlagethema Afrika ist für uns ein weiterer Diversifikationsfaktor.

Ist im laufenden Jahr eine weitere Übernahme à la Adamant denkbar?

An der Finanzkraft würde es uns sicherlich nicht fehlen. Doch wir müssen uns ebenso vor Augen halten, dass wir über Reserven verfügen wollen, um auch einmal magere Jahre zu überdauern. Vorerst wollen wir organisch weiterwachsen, konsistent, in einem Spiel der Langfristigkeit.


«Immobilien kommen für uns nicht in Frage»


Ich persönlich halte Aktien weiterhin für die beste Anlagekategorie, weil es kaum Alternativen dazu gibt. Doch wir sollten auch ein Standbein haben, wenn es an der Börse nicht mehr so gut läuft. Das könnte in Richtung «Festverzinsliches» gehen, vor allem aber in gemischte Anlagen – Multi Assets.

Was halten Sie von so genannten Realwerten?

Immobilien kommen für uns nicht in Frage, weil wir nichts davon verstehen. Und auch Rohstoffe stellen für uns keine echte Diversifikation dar. Da kauft man sich bloss Volatilität ins Portefeuille. Rohstoffe korrelieren zu stark mit der Börse. Der einzige Rohstoff, der Sinn macht ist Gold, aber eher als Alternativwährung. Aber wenn es eines Tages so weit kommt, weiss ich ehrlich gesagt nicht, ob Gold dann wirklich noch etwas taugt.


Andre Ruegg 220Der 46-jährige André Rüegg stiess 2009 zur Firma Bellevue Asset Management und ist seit 2012 deren CEO. Zuvor arbeitete er 13 Jahre in verschiedenen Führungsfunktionen bei der Zürcher Bank Julius Bär. In der ersten Hälfte der neunziger Jahre war er als Unternehmensberater für Arthur Andersen tätig. Rüegg studierte Ökonomie an den Universitäten von Zürich und Columbia, New York.

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