Das britische Fondshaus Threadneedle wehrte sich in Zürich mit deutlichen Worten gegen den Verkauf der Schweizer Chemiefirma. Und machte deutlich, dass sich hiesige Firmen künftig auf immer aufmüpfigere Investoren einstellen müssen.

threadneedle richards iain 160Dunkler Anzug, Krawatte in College-Farben und ein Englisch wie Königin Elisabeth II: An der Konferenz in einem Zürcher Nobelhotel am Montag gab Iain Richards (Bild links) ganz den gediegenen britischen Vermögensverwalter. Kaum jemand hätte da vermutet, dass der Mann innerlich kocht. Was er aus der Schweiz vernehme, sei «infuriating», äusserst ärgerlich, sagt Richards, der beim britischen Fondshaus Threadneedle für Governance und Aktionärsrechte zuständig ist.

Richards meint damit, was er in den letzten Wochen in hiesigen Medien über die Übernahmeschlacht um die Chemiefirma Sika vernahm. Seitdem die Sika-Erben-Familie Burkard letzten Dezember angekündigte, sie verkaufe ihre Anteile am Unternehmen für 2,75 Milliarden Franken an die französische Konkurrentin Saint-Gobain, wird jene Schlacht nämlich auch in der Öffentlichkeit mit harten Bandagen ausgefochten.

Prominenter Widerstand

Die Sika-Erben halten rund 16 Prozent des Kapitals an der Firma und mehr als die Hälfte aller Stimmrechte. Ginge ihr Anteil an Saint-Gobain, könnte jene von einer so genannten Opting-Out-Klausel profitieren: Wer mehr als 33,3 Prozent der Stimmrechte an Sika hält, braucht den anderen Aktionären keine Kaufofferte mehr zu unterbreiten.

Wie auch finews.ch (hier, hier und hier) berichtete, regte sich dagegen prominenter Widerstand. Nicht nur Teile des Sika-Managements und der Verwaltungsrat wehren sich gegen den Deal mit den Franzosen. Auch die Cascade Investment L.L.C. und die Bill & Melinda Gates Stiftung – beides Anlage-Vehikel des Microsoft-Gründers Bill Gates –, sowie die auch in der Schweiz aktiven Fondshäuser Fidelity Worldwide und Threadneedle meldeten sich lauthals mit Kritik.

Die Aktionärsgruppe, bei der auch Richards die Fäden zieht, hält allerdings nur 4,6 Prozent der Stimmrechte an Sika.

Markige Töne

Das hinderte Richards nicht daran, nochmals in markigen Tönen die Positionen und Forderungen der Gruppe darzulegen. Die Übernahme von Sika durch Saint-Gobain käme einem Desaster gleich. Ungachtet der Schalmeienklänge sei der französische Konzern darauf aus, Sika zu «kannibalisieren», findet der Brite.

Angesichts dieser Gefahr habe der Verwaltungsrat der Chemiefirma angemessen gehandelt, als er die Stimmrechte der Holding der Sika-Erben einschränken liess, so Richards.

Für die Position der Eigner-Familie Burkard hingegen hat Richards nicht viel übrig. Er vermutet dort eine Anspruchshaltung, die so nicht gerechtfertigt sei. «80 Prozent der Sika-Aktien sind beim Publikum. Dies ist eine öffentliche Gesellschaft», findet er. Der Sika-Erbe Urs Burkard hatte kürzlich in der «Sonntagszeitung» (Artikel bezahlpflichtig) dem Sika-Verwaltungsrat vorgeworfen, dieser respektiere die Eingentumsrechte der Erben-Familie nicht.

Weitere Schritte

Um das Unternehmen Sika zu schützen, das «seinen Eignern so gut gedient» habe, sei die Aktionärsgruppe deshalb zu weiteren Schritten bereit. Was genau damit gemeint ist, hielt der Threadneedle-Mann jedoch geheim.

Demnächst wird ein Entscheid des Zuger Kantonsgerichts erwartet, ob die Burkard-Familienholding Schenker Winkler doch alle ihre Stimmrechte im Sika-Deal einbringen darf.

Zudem untersucht die Schweizer Übernahmekommission, ob die französische Saint-Gobain nicht verpflichtet war, allen Sika-Aktionären ein Übernahmeangebot zu unterbreiten.

Mitte April wird es dann an einer ausserordentlichen Generalversammlung zum Showdown zwischen den Gegnern und den Befürwortern der Sika-Übernahme kommen.

Am Steuer geschlafen

Ungeachtet des Ausgangs jener Versammlung könnte der Fall Sika den Beginn einer ganzen Lawine von Forderungen von Investoren markieren, stellt Richards in Aussicht. «Wir beobachten ganz klar den Trend, dass immer mehr Fondshäuser ihre Aktionärspflichten aktiv wahrnehmen». Das gelte auch für die Schweiz.

Dabei würden Asset Manager nicht zuletzt von ihren Kunden, etwa Pensionskassen, zu einer aktiveren Rolle aufgefordert – und das sei gut so.

«Viele haben viel zu lange am Steuer geschlafen», rügt Richards seine eigene Branche. Das sei mit ein Grund dafür gewesen, dass die Finanzkrise überhaupt habe ausbrechen können. Doch jetzt dämmere es immer mehr Investoren, dass sie bei den Unternehmen auf ihre Rechte pochen müssen.

Dabei gerieten Klauseln, die zu Ungleichheiten im Aktionariat führten, besonders ins Visier.

Schlecht für den Standort

In Frankreich und Italien habe es diesbezüglich schon Aktionärs-Aufstände gegeben, und auch die EU wolle nun solchen Schranken zu Leibe rücken.

Dass sich Stimmrechtsbeschränkungen und Opting-Out-Klauseln hierzulande noch bei zahlreiche Unternehmen fänden, sei dem Schweizer Wirtschaftsstandort sicher nicht zuträglich, findet Richards.

Was das im Einzelfall bedeuten kann, liess der Threadneedle-Abgesandte an der Konferenz durchblicken. Das schottische Fondshaus sei 20 Jahre bei Sika investiert gewesen. Wenn jedoch Saint Gobain tatsächlich den Zuschlag für die Übernahme bekäme, liesse man sich «alle Optionen» offen. Will heissen: Nach dem Kurssturz vom letzten Dezember könnten noch weitere Aktionäre dem Unternehmen den Rücken kehren.

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