Für Jeremy Podger, Fondsmanager bei Fidelity Worldwide Investment, sind Bankaktien wieder attraktiv – selbst einem Investment in die Credit Suisse ist er nicht mehr ganz abgeneigt. 


Herr Podger, Sie bewirtschaften einen Anlagefonds, der das weltweite Aktienuniversum abdeckt. Was ist daran reizvoll?

Je eingegrenzter ein Anlagebereich ist, desto weniger Freiheiten hat der Fondsmanager. Ich habe früher selber regional oder thematisch ausgerichtete Fonds verwaltet. Im Gegensatz zu einem globalen Fonds ist dabei die Titelauswahl wesentlich kleiner, so dass es eine grössere Überlappung mit dem jeweiligen Referenzindex gibt. Unter solchen Prämissen ist auch das Kurspotenzial geringer als bei einem so genannten Welt-Fonds.

Welches sind denn Ihre Kriterien, mit denen Sie sich einen Überblick über Ihr Anlageuniversum verschaffen?

Wir haben drei verschiedene Quellen definiert, um Mehrwert, also Alpha, gegenüber dem Referenzindex zu erzielen: Unter dem Stichwort «Change» spüren wir Unternehmen auf, die sich in einer Spezialsituation befinden, also in Restrukturierungen, in Fusionen oder Übernahmen oder in Abspaltungen (Spin-offs), und die unter diesen Voraussetzungen ein besonderes Kurspotenzial besitzen. 


«Oftmals sind es zyklische Titel»


Können Sie uns ein Beispiel für ein solches Unternehmen geben?

Ja, American Airlines etwa; die Firma zählt eindeutig zu den Konsolidierern in der Aviatikbranche und konnte den Konkurrenten Delta Airlines zu günstigen Konditonen übernehmen.

Was sind Ihre beiden anderen Kritierien?

Unter dem Begriff «Value» suchen wir nach Firmen, die ein gesundes Ertrags- und Gewinnwachstum haben und kurz vor einer Neubewertung durch die Finanzmärkte stehen. Das sind oftmals zyklische Titel, wie die Aktien des japanischen Telekom-Anbieters KDDI.


«Walt Disney ist in unserem Portefeuille»


Das dritte Kriterium läuft unter der Bezeichnung «Franchise». Dazu gehören Gesellschaften mit einer dominanten Position in ihrem Sektor, gesunden Erträgen und einem hohen Free-Cash-flow und einer Preisführerschaft bei ihren Produkten oder Dienstleistungen. Der Unterhaltungskonzern Walt Disney gehört dazu

In einem globalen Anlageuniversum sind zwangsläufig auch die Einflussfaktoren höchst heterogen. Auf welche Entwicklungen achten sie besonders?

Für mich gibt es drei zentrale Parameter: Die Obligationen-Renditen als Spiegel der Zinsentwicklung, die Wechselkursveränderungen als Ausdruck der Geldpolitik der verschiedenen Zentralbanken sowie die Rohstoffpreise, die sowohl für das Konsumentenvertrauen als für die wirtschaftliche Entwicklung in den Schwellenländern ein zentraler Indikator sind, zumal letztere sehr stark davon abhängen.

Welche Rolle spielt der Bankensektor in ihren Anlageüberlegungen.

Finanztitel sind mit einem Anteil von 21,1 Prozent tatsächlich die grösste Position im Fonds. Ich bin momentan aber nur in amerikanische Banken investiert, die einen hohen Anteil an inländischem Geschäft haben, da ich überzeugt bin, dass zahlreiche US-Finanzinstitute in den vergangenen neun Monaten einen fundamentalen Wandel vollzogen haben.

Inwiefern meinen Sie das?

Wie sich nach den jüngsten Stresstests der US-Notenbank gezeigt hat, sind die amerikanischen Geldhäuser nun mit genügend Eigenmitteln ausgestattet. Das macht sie solide.


«Banken zahlen Kapital zurück»


Auf Grund der verschärften Vorschriften bauen sie im Rahmen ihrer Bilanzen zudem riskante und teilweise zu kostspielige Geschäftsbereiche ab oder haben dies bereits getan und zahlen überschüssiges Kapital ihren Aktionären zurück. Unter diesen Prämissen sind manche Banken attraktiv.

Auch die Schweizer Banken verändern sich. Ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, in eine Credit Suisse zu investieren?

Aktuell sind wir in keine Schweizer Bank investiert. Nach den jüngsten Ankündigungen könnte man die Aktien der Credit Suisse durchaus wieder in Erwägung ziehen.


«Er wurde zu einem Wall-Street-Dinosaurier»


Der kürzlich angekündigte CEO-Wechsel hat viele Finanzanalysten in ihrem Glauben bestärkt, dass sich die Credit Suisse nun stärker in Richtung Vermögensverwaltung (Wealth Management) entwickeln wird.

Die Credit Suisse hat jedoch eine lange Tradition im Investmentbanking.

Ja, allerdings entwickelte sich CS-Konzernchef Brady Dougan in den vergangenen Jahren zusehends zu einer Art Wall-Street-Dinosaurier, dessen strategische Ansprüche angesichts der neuen regulatorischen Realität überholt waren.


«Zwei grosse Fragezeichen»


Meines Erachten sind nun beide Schweizer Grossbanken relativ attraktiv bewertet, allerdings wird man angesichts der aktuellen Bewertungen den richtigen Einstiegszeitpunkt trotzdem sehr sorgfältig treffen müssen.

Wovon hängt er ab?

Es ist sicherlich zu begrüssen, wenn die Banken ihre Bilanzen verkleinern und dadurch den Aktionären Kapital zurückzahlen. Gleichzeitig muss sich aber weisen, wie viel Geld sie noch nötig haben werden, um den regulatorischen Vorschriften gerecht zu werden. Zudem fallen immer mal wieder Bussen an, die auf die Erträge drücken. Das sind die grossen Fragezeichen, mit denen sich die Anleger intensiv befassen müssen.


Der Brite Jeremy Podger arbeitet seit 2012 bei Fidelity Worldwide Investment (FIL). Er blickt auf eine inzwischen 28-jährige Tätigkeit in der Fondsbranche zurück. Seine Karriere begann er 1987 bei der Saudi International Bank, bevor er 1992 zu Mirage Resources wechselte, wo er erstmals einen globalen Aktienfonds verantwortete. Ab 1996 war er für Investec tätig. Im Jahr 2003 wechselte er zu Threadneedle. Dort lernte er den Investmentspezialisten Dominic Rossi kennen, der später zu FIL ging und vor drei Jahren Podger nachzog. Podgers Vorzeigefonds ist der FF – World Fund; mit seinen insgesamt drei globalen Fonds verwaltet er derzeit umgerechnet rund 3,7 Milliarden Franken.

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