Mit seinem Buch über Rechtsrisiken im globalen Kontext hat der frühere UBS-Präsident und Wirtschaftsanwalt Peter Kurer eine Lücke in der Management- und Leadership-Literatur geschlossen, wie Adriano B. Lucatelli findet.

Von Adriano B. Lucatelli, Unternehmer und Dozent an der Universität Zürich

Das Buch mit dem etwas sperrigen Titel behandelt in sieben Kapiteln alle in der heutigen Praxis wichtigen Fragen der Rechtsrisiken. Die Hauptaussage ist, dass die Identifizierung und Steuerung der Rechts- und Compliance-Risiken in der Vergangenheit leider zu oft den Hausjuristen oder externen Anwaltsbüros überlassen wurden – eine Fehlentwicklung, die es gemäss Kurer zu korrigieren gilt.

Das Management von Rechtsrisiken lässt sich nicht delegieren und gehört ins Pflichtenheft sämtlicher Führungskräfte und Verwaltungsräte. Gerade in global tätigen Unternehmen, die mit verschiedensten Rechtsphilosophien und -systemen konfrontiert sind, müssen die Leute der obersten Führungsstufe verstärkte Sensibilität für die erhöhten und oft unbekannten Rechtsrisiken entwickeln.

Lawfare statt Warfare

Hinzu kommt laut Autor die vermehrte extraterritoriale Anwendung nationaler Rechtsnormen vor allem durch die USA. Statt «Warfare» betreibe die Grossmacht heute «Lawfare». Natürlich ist bei diesen Aktionen der USA oft eine Dosis Doppelmoral im Spiel, und man mag auch die Arroganz der Amerikaner sowie die unfairen Praktiken des US-Rechtssystems beklagen.

Auf der anderen Seite sind Rechtsrisiken immer auch mit politischen Risiken verbunden. Eine globale Führungsmacht – oder Hegemonialmacht –, die öffentliche Güter wie Sicherheit und Freiheit sicherstellt, wird immer gleichzeitig versuchen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Statt dies nur mit militärischen Mitteln oder «Soft Power» zu erreichen, benützen Führungsmächte zunehmend Rechtsmittel zur Durchsetzung ihrer Interessen.

Es ist davon auszugehen, dass diese Taktik bald Nachahmer und Trittbrettfahrer in Form weiterer Staaten auf den Plan rufen wird. Der Fall UBS in Frankreich weist jedenfalls deutlich in diese Richtung. Auch China dürfte im Zuge des eigenen Aufstiegs zur Weltmacht vermehrt versuchen, Partikularinteressen international durchzusetzen.

Rechtsrisiken sind teuer

Richtigerweise weist Peter Kurer auf die finanziellen Gefahren hin, die bei einer Verletzung von Rechtsrisiken entstehen. Solche Bussen können eine Firma rasch an den Rand des Ruins treiben. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko kostete BP beispielsweise mehr als 50 Milliarden Dollar – in der Hauptsache für Bussen und Vergleichszahlungen. Oder: Banken lieferten dem amerikanischen Staat nach der Finanzkrise 2008 mehr als 150 Milliarden Dollar in Form von Bussen und Vergleichszahlungen ab.

Wichtig sind aber nicht nur strenge Produktions- und Verfahrensrichtlinien, sondern auch klare Verhaltensvorgaben für die Mitarbeitenden. Auch wenn das Unternehmen selber keine Schuld trifft, muss dieses für das Fehlverhalten oder Versagen seiner Angestellten gerade stehen – der jüngste Germanwings-Absturz ist ein tragisches Beispiel dafür.

Die Muttergesellschaft Lufthansa dürfte einen ähnlichen Prozessmarathon vor sich haben, wie ihn die Besitzer des gesunkenen Kreuzfahrtschiffs «Costa Concordia» durchliefen. Dieses Unglück, schon an sich ein wahrer Albtraum, entwickelte sich im Nachhinein für die Schiffseigner Carnival Corporations auch noch zu einer veritablen rechtlichen Katastrophe.

Rechtsrisiken sind Chefsache

Wichtig bei der Beurteilung und beim Management rechtlicher Risiken ist, dass sich die Führungscrew ihrer Vorbildfunktion bewusst ist und dieser Rolle tadellos gerecht wird. Die Führungsebene muss Risikobewusstsein vorleben, eintreffende Risiken schnell und klar identifizieren und Fehlverhalten auf allen Ebenen sanktionieren. Nur gelebte Verantwortung und klare Konsequenzen im Falle von Fehlverhalten können langfristig die Verminderung von Rechtsrisiken garantieren.

Pflichtlektür für Führungskräfte

Peter Kurer hat ein fundiertes Standardwerk verfasst, das die Thematik Rechtsrisiken anhand reichlicher Beispiele plastisch darstellt. Dem Autor gelingt es, den Leser kompetent, aber ohne langatmige und schwer verständliche Gesetztestexte an das wichtige Thema heranzuführen.

Dank seiner enormen Erfahrung aus dem Berufsleben kann er Beispiele aus der Praxis präsentieren, die auch der Leser kennt und die den Zugang zum Thema erleichtern. Insgesamt darf man das Buch durchaus als Pflichtlektüre für Führungskräfte einordnen.


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