Der Chef von VT Wealth Management über die Zukunft der unabhängigen Vermögensverwalter in der Schweiz, den fälligen Generationenwechsel, die Mängel mancher Banken, und warum es nicht reicht, am Morgen früh aufzustehen.


Herr Fedier, das Jammern unter unabhängigen Vermögensverwaltern ist enorm. Inwiefern hat sich Ihre Arbeit in den vergangenen paar Jahren erschwert?

Ich jammere nicht – und hätte dazu auch keinen Grund – selbst wenn sich der Business Case stark verändert hat. Wir hätten es angesichts der Umstände sicher einfacher, wenn der Regulator etwas berechenbarer wäre.

Wie meinen Sie das?

Bis vor kurzen stand eine Kapitalgewinnsteuer im Raum. Die soll jetzt nicht mehr kommen. Darüber beschweren wir uns sicher nicht. Beim Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) wird es wohl auch noch einige Änderungen geben – im Sinn von Konzessionen ans Machbare.


«Die junge Leute jammern nicht»


Generell sind der Aufwand und die Kosten für Monitoring, Compliance und IT enorm. Dem muss sich die Branche stellen. Ich habe die Regulierungswelle beizeiten kommen sehen und mein Unternehmen seit 2012 aktiv darauf vorbereitet.

Was haben Sie konkret getan?

Wir haben die IT und das ganze Compliance-Wesen ausgebaut. Wichtiger war jedoch, gezielt auf eine drastische Verjüngung des Teams hinzuarbeiten. Die jungen Leute jammern nicht. Sie sind an härtere Bedingungen gewöhnt. Sie sorgen auch für eine andere Stimmung im Unternehmen.

Jammern und Selbstmitleid bringt niemanden weiter. Die Kunden wollen eine langfristige Perspektive. Dies schaffe ich nur in einem engen Kontakt mit der nächsten Generation an Mitarbeitern.

Wie profilieren Sie sich nun gegenüber Ihren Konkurrenten?

Hier möchte ich einmal unterscheiden zwischen unabhängigen Vermögensverwaltern (UVV) und Banken. Gegenüber anderen UVV kann ich mich kaum differenzieren. Wir leben alle von der Performance und der Betreuungsqualität – mithin von der Kundennähe und der Sozialkompetenz.


«Damit fangen wir den Margendruck auf»


Gegenüber den Banken sieht es ganz anders aus. Sie haben sich gerade im Umgang mit kleineren und mittleren Kunden einen höchst unfreundlichen Umgangston angewöhnt. Sie schrauben die Mindestdepot-Grössen stark in die Höhe und befrachten sie maximal mit hochmargigen Produkten. Das ist sehr problematisch. Der Imageschaden, der damit in Kauf genommen wird, schlägt letztlich auf alle zurück.

Auch auf Sie?

Durchaus, vor allem, weil wir beizeiten das steuerneutrale Modell aufgegeben und gezielt in Wachstumsmärkte investiert haben. Russland haben wir vernachlässigt, dafür haben wir eine ausgewiesene Türkeikompetenz aufgebaut – auf der Kunden- wie auf der Anlageseite. Unsere Depots wachsen in zweistelligen Prozentzahlen, vor dem Komma. Dazu kommt die sehr ordentliche Performance. Damit können wir den Margendruck auffangen, der auf uns lastet.


«Ich wage da ein Fragezeichen zu setzen»


Die grösseren Banken sind für unabhängige Vermögensverwalter wichtige Partner. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu diesen Instituten beschreiben?

Die Banken sind als Custodian unverzichtbar. Inzwischen haben sie auch angefangen, uns als Partner Ernst zu nehmen. Gelegentlich fehlt es dort jedoch an Leuten, die zu gesamtheitlichen Entscheidungen befähigt sind. Immerhin ist die Servicequalität der Banken stark gestiegen.

Rechtfertigt diese Servicequalität aber die im internationalen Vergleich doch sehr hohen Gebühren?

Ich wage da ein Fragezeichen zu setzen. Die immer noch üblichen Preismodelle widerspiegeln den bescheidenen Aufwand, den die Banken mit uns institutionellen Kunden haben, nicht verzerrungsfrei.

Gibt es sonst noch Probleme im Umgang mit den Banken?

Probleme gibt es höchstens individuell. Wir arbeiten mit Custodians, die keine Probleme bereiten. Wenn wir eine Research-Note brauchen, haben wir diese bei der UBS in zehn Minuten. Mit unserer internationalen Kundschaft können wir nur mit Banken arbeiten, die auch das Settlement international beherrschen und abwickeln können.

Die Konsolidierung in der Schweizer Bankbranche ist in vollem Gang. Wie erleben Sie diesen Prozess?

Soweit ich das beurteilen kann, erledigt sich vieles von selbst – über Fusionen und Übernahmen. Man denke nur an die Dresdner Bank und die Commerzbank oder an die Deutsche Bank und Sal. Oppenheim. Die sind ja alle einmal gekommen, um Offshore-Banking zu betreiben. Sonst hätte es keinen Sinn gemacht. Entsprechend hat nun auch die Royal Bank of Scotland (RBS) ihre Tochter Coutts International abgestossen.


«Die Zukunft hat doch schon begonnen»


Dass ING sein Schweizer Geschäft an Julius Bär verkaufte, hat man schon fast vergessen. Auch im Tessin, wo die Generali im Zuge ihrer Flurbereinigung die bedeutende BSI abgibt, wird der Konzentrationsprozess nach der Einigung mit Italien sicher weitergehen.

Gut denkbar auch, dass kleinere Privatbanken ihre Lizenz abgeben und sich als UVV neu aufstellen werden. Die ersten haben bereits die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Wie sollte denn eine Bank beschaffen sein, um morgen Erfolg zu haben?

So wie es aussieht, hat die Zukunft schon begonnen. Die UBS hat das Investmentbanking stark abgebaut. Die Credit Suisse (CS) wird höchstwahrscheinlich bald einsehen, dass Prioritäten unvermeidlich sind. Beim Fondsgeschäft hat es die CS beizeiten eingesehen und sich mit Aberdeen zusammengetan.


«Diese Nachricht ist stark übertrieben»


Auch die Grossbanken werden also künftig nicht mehr alles selber machen. Im Asset Management steckt noch sehr viel Luft für Rationalisierung und Performancesteigerung drin.

Was muss noch geschehen, damit der Schweizer Finanzplatz erfolgreich bleibt?

Was sich ändern müsste, ist klar. Ob es sich in der geboten Frist ändert, ist eine andere Frage. Wir vergessen gerne, dass die Bankenlandschaft stark zersplittert und in ihren Interessen sehr heterogen ist. Nur schon zwischen den einzelnen Kantonalbanken liegen Welten. Es ist kein Zufall, dass sich die Schweizerische Bankiervereinigung gründlich ausschweigt. Es ist ebenfalls kein Zufall, dass niemand etwas öffentlich sagt.

Unlängst sorgte der Präsident des Finanzzentrums von Abu Dhabi für Aufsehen, als er erklärte, das Swiss Banking sei «tot». Hat er Recht?

Da gilt zunächst das Wort Mark Twains: «Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben.» Ein Totenschein, den die Konkurrenz ausstellt, gilt nicht.


«Die Schweiz wird spät wach»


Ich darf vielmehr an ein Wort des früheren Bundesrats Pascal Delamuraz erinnern: «Die Schweiz steht früh auf, wird aber spät wach.» Immerhin tut sich auf unserem Finanzplatz einiges, was früher gar nicht denkbar gewesen wäre. Dass der neue Credit-Suisse-Chef aus London und vom Versicherer Prudential kommt, ist nur ein Beispiel dafür.

Wir haben im globalen Wettbewerb gute Chancen. Wir müssen sie aber auch nutzen, statt uns immer wieder selber ein Bein zu stellen. Das heisst, wir müssen hervorragende Leistungen zu fairen Preisen anbieten. Wobei nicht wir, sondern die Kunden entscheiden, was sie am Ende des Tages unter «fair» verstehen.


Thomas Fedier (Bild oben) ist Partner und CEO der VT Wealth Management. Das 2008 gegründete Unternehmen gehört zu den mittelgrossen Vermögensverwaltern in der Schweiz. Seit Ende März 2011 steht es im alleinigen Besitz des Managements. Es ist auf die Betreuung in- und ausländischer Privatkunden in den Bereichen Vermögensverwaltung, -beratung sowie Vermögenskonsolidierung spezialisiert. Zudem bietet es Dienstleistungen für Family Offices an. Aufsichtsrechtlich ist die VT Wealth Management dem Verband Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) unterstellt.

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