Die in Singapur verordneten Inländer-Quoten sorgen auch bei den Schweizer Banken für Nervosität. Der Finanzminister des asiatischen Stadtstaats erklärte am Rande einer Konferenz gegenüber finews.ch, was er nun von den Schweizer Banken fordert.

In seinem 50-jährigen Bestehen hat der autoritär regierte Stadtstaat Singapur eine wirtschaftliche Erfolgsstory sondergleichen geschrieben – und ist aus dem Nichts zum wohl grössten Konkurrenten des Private-Banking-Standorts Schweiz herangewachsen.

Der Abstand Singapurs zur Schweiz dürfte sich in den nächsten Jahren noch weiter verkleinern, sofern das vom asiatische Finanzzentrum prognostizierte Wachstum eintrifft.

Ungebremstes Wachstum

Der oft zitierten Studie «Zukunftsperspektiven für den Schweizer Bankenplatz» zufolge dürften in den nächsten drei Jahren die verwalteten Vermögen in Singapur um jährlich 10 Prozent wachsen, während das Offshore-Banking der Schweiz nur mit 3 Prozent zulegen soll.

Das sind Zahlen, die den hiesigen Standortförderern den Angstschweiss in die Stirn treiben – und Schweizer Banken dazu veranlasst, ihre Vermögensverwaltung in Singapur unter Hochdruck auszubauen.

Eine ganz andere Sicht auf den Wettlauf zwischen den beiden Finanzstandorten hat indes Tharman Shanmugaratnam (Bild), Finanzminister und stellvertretender Premier des asiatischen Stadtstaats.

Gelder aus Europa

Im Rahmen des St. Gallen Symposium auf dem Campus der Universität St. Gallen (HSG) stand der Staatsmann in einer Diskussionsrunde Red und Antwort – und kommentierte auf Anfrage von finews.ch hin auch die Beziehung zwischen den beiden Finanzplätzen.

Dabei gab sich der 57-jährige, tamilischstämmige Politiker betont entspannt. Singapur und die Schweiz würden sich im Finanzbereich ideal ergänzen, betonte Tharman. «Wenn Geld aus Europa zu uns fliesst, dann ist es meistens aufgrund von Investments in asiatische Wertschriften», erklärte der Staatsmann.

Hongkong ist der wahre Gegner

Konkurrenz für Singapur ortet er bezeichnenderweise ganz anderswo: Mit Hongkong laufe derzeit der Wettstreit um die Vorreiterrolle in Asiens Banking, welche Singapur voll und ganz in Anspruch nehme, so der Finanzminister weiter. 

Wie er am Symposium vor vollen Rängen ausführte, sind aber auch die Singapurer derzeit nicht frei von Befürchtungen. Nach dem Tod des Staatsgründers Lee Kuan Yew gehe der Stadtstaat einer neuen Ära entgegen, erklärte Tharman. «Wir dürfen uns nicht ausruhen, wir müssen uns weiterentwickeln», gab der in Cambridge und Harvard ausgebildete Ökonom zu bedenken.

Innovation forcieren

Um weniger abhängig von niedrig qualifizierter Arbeit zu sein und den Dienstleistungssektor zu forcieren, setzt Singapur deshalb auf Technologie, wie der Spitzenpolitiker ausführte. «Wir müssen bezüglich Innovation an vorderster Spitze sein», findet er.

Die technologische Innovation forcieren müssen Tharman zufolge auch die ausländischen Unternehmen im Stadtstaat. Und das nicht zuletzt, um die dort verordneten Inländer-Quoten auszugleichen: In Singapur tätige Unternehmen werden nämlich angehalten, eine gewisse Anzahl an Singapurern zu beschäftigen.

Linderung der Inländer-Quote

Die Massnahme soll bei Schweizer Banken bereits zu Einstellungs-Stopps und zur Rücksendung von Schweizer Mitarbeitern geführt haben, wie es in der Branche heisst.

«Durch automatisierte Prozesse können Unternehmen Personal einsparen», so Tharmans Vorschlag an die Adresse der ausländischen Konzerne mit Singapurer Niederlassung. Und wie die Lancierung digitalisierter Kundenberatungs-Systeme sowohl bei der Credit Suisse wie auch der UBS in Asien zeigt, stösst der Finanzminister damit offensichtlich auf offene Ohren.

Kandidat für höchste Weihen

So oder so tun Schweizer Banken gut daran, dem Singapurer Magistraten gut zuzuhören. Denn er gilt dort inzwischen als Favorit für das mit grosser Machtfülle ausgestattete Amt des Premierministers.

Derwil lenkt Tharman nicht nur die Finanzen des Stadtstaats, sondern ist gleichzeitige auch Vorsitzender der Monetary Authority of Singapore (MAS) und damit gleichzeitig höchster Zentralbanker und oberster Aufseher über alle Banken.

Auf Tuchfühlung mit Axel Weber

Auch international reicht sein Einfluss weit: So steht er dem Leitungsausschuss des Internationalen Währungsfonds (IWF) vor und ist Mitglied der Finanzbranchen-Vereinigung «Group of 30» – zusammen mit UBS-Präsident Axel Weber und Ex-SNB-Präsident Philipp Hildebrand.

Mit Weber verbindet Tharman noch ein weiteres Amt: So sitzt der Finanzminister im Vorstand des Singapurer Staatsfonds GIC – dem derzeit grössten Einzelaktionär der UBS.

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