Christoph Grüebler, der Doyen der Vermögensverwalter auf dem Platz Zürich, sieht die Auswirkungen der Finanzkrise zum Wohle des Kunden.

  1. Wie hat sich die Finanzkrise auf ihr Geschäft ausgewirkt?

Als etablierte Vermögensverwaltung mit über 30 jähriger Erfahrung und einer konservativen Value orientierten Anlagestrategie haben wir von der jüngsten Finanzkrise eher Nutzen gezogen. Wir hatten keine Kundenabgänge und verzeichneten vielmehr Zuflüsse neuer Kundengelder.

  1. Welche Folgen hat die Krise für ihre Branche und die Anleger?

Christoph_Grüebler_neuDer Weizen hat sich zunehmend von der Spreu getrennt. Vermögensverwalter mit grossartigen Versprechungen und diffusen, schwer verständlichen Anlagestrategien und Produkten hatten durchwegs massive Kundenabgänge und Verluste zu verzeichnen. Die traditionellen Vermögensverwalter mit einer herkömmlichen risikobewussten Anlagepolitik sind naturgemäss besser gefahren. Die Kunden wurden verständlicherweise deutlich risikobewusster. Sie schätzen eine konservative Anlagepolitik, die sich auf direkte, marktgängige Anlagen in Aktien, Anleihen und ETF konzentriert, welche eine hohe Transparenz aufweist und täglich börsengängig gehandelt werden. Die Kunden zeigen heute verständlicherweise eine verstärkte Skepsis gegenüber komplizierten Anlageprodukten, wie strukturierte Instrumente, Derivate, Fund of Hedge Funds etc.

Gleichbehandlung von Steuerbetrug und Hinterziehung nicht mehr aufzuhalten

  1. Wie werten Sie den Steuerstreit mit den USA hinsichtlich der Perspektiven des Finanzplatzes und ihrer Branche?

Der Steuerstreit mit den USA hat eine unumgängliche Entwicklungstendenz beschleunigt. Die Angleichung von Steuerhinterziehung an Betrug kann weltweit und damit auch in unserem Lande nicht mehr aufgehalten werden. Der Vorteil des schweizerischen Bankgeheimnisses wird gänzlich verschwinden und der Finanzplatz Schweiz auf Augenhöhe zu den ausländischen Zentren rücken. Damit gewinnen Qualität, Nachhaltigkeit und insbesondere die interessensfreie Wahrnehmung der Kundenbedürfnisse durch Banken und Vermögensverwalter in Zürich, Genf, Lugano erste Priorität.

  1. Neue Boutiquen entstehen gerade im Soge der Finanzkrise wieder. Wo ist die minimale, wo die optimale Grösse für einen unabhängigen Vermögensverwalter?

Die minimale Grösse eines unabhängigen Vermögensverwalters sollte circa 100 Millionen Franken verwaltete Vermögen betragen, damit eine fortwährende, tägliche Portefeuille- Betreuung gesichert ist und insbesondere die Stellvertreterfrage gebührend berücksichtigt wird. Nach oben ist die Grösse offen. Mehrere Milliarden können jederzeit durch unabhängige Vermögensverwalter mit entsprechend ausgebauter Infrastruktur verwaltet werden.

  1. Wie viele Depotbanken braucht ein Vermögensverwalter?

Die Geschäftsbeziehung zu mehreren, das heisst mindestens drei bis fünf Depotbanken ist wünschenswert, damit keine Abhängigkeit des unabhängigen Vermögensverwalters zu einer Depotbank entsteht. Eine einseitige Bevorzugung von Finanzprodukten einer für die Existenz des unabhängigen Vermögensverwalters zu bedeutsamen Depotbank sollte unter allen Umständen verhindert werden.

Zweifelhafter Vorteil der eigenen Fonds

  1. Was spricht für eigene Fonds, was dagegen?

Eigene Fonds widersprechen einer kundennahen, interessensfreien Betreuung der Kundenportefeuilles, da eine objektive Auswahl aus dem Universum aller bestehenden Anlagefonds nicht mehr gewährleistet ist. Der zweifelhafte Vorteil eigener Fonds besteht in der Optimierung des eigenen Verdienstes des Vermögensverwalters und nicht der Performance des Kunden.

  1. Das Kapital der Institutionellen fliesst immer stärker Richtung Big Caps und ETF, trifft das für private Anleger auch zu?

Viele private Anleger, so auch unsere Kunden, wissen es zu schätzen, dass der Schwerpunkt der Anlagepolitik bei grossen gut kapitalisierten Big Cap liegt. Kleinere Small-Cap-Unternehmen, die zu gewissen Zeiten sehr interessant sein können, werden dagegen vermehrt durch transparente, liquide ETF mit breiter Risikostreuung abgedeckt.

  1. Indexiert oder indexnah Anlegen hat Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und auf die Vermögensverwaltungsbranche. Für passive Anlagen braucht es weniger Ressourcen, personell und intellektuell. Wie beurteilen Sie den Trend und die Folgen?

Indexierte und indexnahe Anlageprodukte über ETF ermöglichen nicht nur eine breitere Risikostreuung, sondern haben in der gegenwärtigen Krisensituation bessere Ergebnisse gebracht, als die meisten aktiv, mittels Stock-Picking verwalteten Portefeuilles. Für kleinere Unternehmen wird zumindest so lange, als sich die Wirtschaft nicht wieder in starkem Aufwind befindet, dadurch zweifellos die Kapitalbeschaffung über die Börse erschwert.

  1. Wie sieht die Zukunft der Derivate aus?

Nach meiner Ansicht sind Derivate, die mehrheitlich auf mathematischen Wetten beruhen, eine Modeerscheinung. Sie sind in der Regel schwer verständlich und schlecht handelbar. Die jüngste Krise hat auch gezeigt, dass sie vielfach den Versprechen der Anbieter – zum Beispiel Kapitalschutz – keineswegs gerecht werden.

Finanzwerte weiterhin stark untergewichtet

  1. Wenn es der Finanzbranche nicht läuft, kommt die Wirtschaft nicht in Fahrt, heisst es. Finanzaktien als Leading indicator – wie sind Finanztitel in den Portefeuilles Ihrer Kunden vertreten?

Wir bleiben weiterhin stark untergewichtet in Finanztiteln, wie seit Anfangs der jüngsten Krise. Eine anhaltende Gesundschrumpfung des überdimensionierten Finanzsektors und eventuell erneute Einbrüche der Finanztitel erscheinen uns in absehbarer Zeit möglich. Wir gehen davon aus, dass die Wirtschaft um den Jahreswechsel infolge ablaufender Konjunkturpakete und der Tatsache, dass die Konsumenten weniger verdienen und mehr sparen erneut nachlassen wird. Dementsprechend könnten sich viele Banken und Versicherungen zu erneuten massiven Abschreibungen auf ihren Aktiven gezwungen sehen.

Grüebler Vermögensverwaltung betreut seit 25 Jahren Wertschriftenportefeuilles vermögender Privatpersonen und institutioneller Anleger aus dem In- und Ausland. Geschäftsführer Christoph Grüebler verfolgt eine konservative und wertorientierte Anlagepolitik – nicht erst seit Ausbruch der Finanzkrise.

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