Offene Grenzen in Europa – auch für das Kapital – sind an und für sich gut, weil sie die Wachstumsmöglichkeiten aller Unternehmen erhöhen. Leider habe die EU aber nicht über den Tellerand hinaus gedacht, findet Jakob Schaad von der Bankiervereinigung. Das sei eine verpasste Chance.

Jakob Schaad 192Jakob Schaad ist Leiter Finanzmärkte International und stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung

Seit 30. September ist er also da, der Aktionsplan der EU als Kapitalmarktunion (Aktionsplan für eine Kapitalmarktunion). Wie in der Blaupause bereits im Mai dieses Jahres (Grünbuch) dargelegt, sollen die Grenzen für das Kapital in der EU niedergerissen oder zumindest überwindbar gemacht werden. Dies soll dazu führen, dass durch offene Grenzen innerhalb der EU Unternehmen und besonders auch kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) einfacher zu ihrer Finanzierung kommen.

Einfachere Finanzierung wiederum ermöglicht ihnen, ihre unternehmerischen Vorhaben besser umzusetzen und so zum Wirtschaftswachstum beizutragen. Ein Vergleich in der Dokumentation zeigt, dass die USA hier viel besser dran sind als die EU. Das soll so korrigiert werden.

Das ist gut so: EU-Kommissar Jonathan Hill hat offensichtlich erkannt, dass die Regulierungskostüme, die sein Vorgänger Michel Barnier in seiner Zwangsjacken-Schneiderei für jeden Bereich des Finanzsektors fertigen liess, das Wirtschaftswachstum nicht förderte. Ziel nicht erfüllt sagte sich der neue Kommissar wohl deshalb. Denn die deklarierte Absicht der ganzen Übung war: Mehr Wachstum durch effiziente Finanzmärkte.

Nicht über den EU-Rand hinausgedacht

Störend, ja unverständlich ist aber, dass der mögliche Beitrag von Ländern ausserhalb der EU in diesem grossen Plan kaum erwähnt wird. Warum sich mit den Vorteilen eines offenen Kapitalmarktes nur innerhalb der EU begnügen, wenn man die ganze Welt für seine Wachstumschancen einsetzen könnte?

Aus der Schweiz könnte man zum Beispiel schon den Zugang zu rund einem Viertel der weltweit grenzüberschreitend verwalteten Vermögen erschliessen. Auf diese Chancen einer gegen aussen offenen Kapitalunion haben wir in unserer Stellungnahme zur Blaupause im Mai hingewiesen – wie andere übrigens auch. Leider hat man im Aktionsplan dennoch nicht über den EU-Rand hinausgedacht.

Nicht mehr notwendige Mauern

Eine solche Fixierung auf sich selbst kann man mit gutem Willen für provinziell halten. Man kann darin aber auch die Fortsetzung eines protektionistischen Dralles in der Finanzmarktpolitik der EU sehen. In dieser Sichtweise wäre mit den protektionistisch wirkenden Finanzmarkt-Regulierungen die Ringmauer gegen Drittland-Konkurrenz um die EU gebaut. Die Kapitalmarktunion wäre dabei nur der Abbau der nun im Innern nicht mehr notwendigen Mauern.

Anstatt sich auf diese Nabelschau zu beschränkten, sollte sich die EU auch für Finanzdienstleistungen aus wichtigen Partnerländern wie der Schweiz öffnen – zum Nutzen der Schweiz und auch der EU. In der Schweiz sind die Banken bereit zu liefern.