Im Schweizer Asset Management habe sich das Geschäft in den letzten Jahren massiv verschärft, sagt Ariane Dehn. Ohne Vertriebsverträge mit der UBS und der Credit Suisse sei nichts mehr zu wollen, der Pensionskassen-Markt sei sehr passiv, doch Indexfonds würden versteckte Risiken beinhalten, so die Verkaufschefin von Henderson Global Investors in der Schweiz.

Frau Dehn, man hat den Eindruck, dass ein ausländischer Asset Manager nach dem anderen in die Schweiz drängt. Wie gehen Sie von Henderson Global Investors mit diesem laufend härteren Wettbewerb um?

Natürlich hat sich die Konkurrenz verschärft. Aber der Schweizer Markt war eigentlich schon immer hart umkämpft. Als grösster Offshore-Bankenplatz der Welt ist die Schweiz halt sehr attraktiv. Da ist die Erwartungshaltungen gerade von neuen Anbietern im Markt sehr hoch. Was von vielen aber auch unterschätzt wird, sind die in den letzten Jahren massiv gestiegenen Anforderungen.

Die Regularien?

Ja, der administrative Aufwand, um in der Schweiz überhaupt eine Vertriebsbewilligung zu erhalten, ist enorm hoch. Die Produkte müssen registriert und die Dokumentationen nach Schweizer Recht erstellt sein, am besten noch in verschiedenen Sprachen.

Weil die Schweiz ein Crossborder-Zentrum ist, muss man die steuerlichen und regulatorischen Aspekte der verschiedenen Regionen und Länder berücksichtigen. Dieses Know-how muss sich jeder Asset Manager aneignen, noch bevor er in die Schweiz kommt.

Welche Besonderheiten hat der Schweizer Markt sonst noch?

Ohne Vertriebsverträge mit den Grossbanken UBS und Credit Suisse und auch mit Swisscanto ist zumindest in der Deutschschweiz nichts zu verdienen. Insgesamt sind die Eintrittshürden höher als die vergleichsweise grosse Anzahl an ausländischen Asset Managern in der Schweiz den Anschein macht.

«Für Neugründungen sind die Hürden mittlerweile sehr hoch»

Hinzu kommt: In der Schweiz hat niemand auf Sie gewartet. Das heisst, man muss zuerst Vertrauen aufbauen, in jeder Kundenbeziehung und das geht nicht von heute auf morgen. 

Wie lange dauert es, bis man sozusagen etabliert ist?

Drei Jahre Zeit muss sich ein Anbieter schon geben.

Wie schätzen Sie die Ausgangslage für Schweizer Anbieter ein?

Für eine Neugründung sind die Hürden auf der regulatorischen und operationellen Seite mittlerweile sehr hoch. Sie bedingen ein grösseres Budget als noch vor zehn oder zwanzig Jahren, als Firmen wie Ethenea und Fisch Asset Management anfingen.

Mit der Schweizer Asset-Management-Initiative will man doch die Branche fördern?

Ich halte diese Initiative grundsätzlich für einen guten Vorstoss, nämlich neben der Vermögensverwaltung für Private (Wealth Management) eine zweite stabile Säule aufzubauen. Gute Ideen, etwa für einen Asset-Management-Park zur Förderung junger Talente, bedürfen aber einer Anschubfinanzierung. Ein entsprechendes Budget steht in nächster Zukunft aber nicht zur Verfügung.

Warum nicht?

Hier wäre die Unterstützung der etablierten heimischen Asset Manager oder Banken gefragt.

Sie sind schon fast zehn Jahre für Henderson in der Schweiz tätig. Wie haben Sie die Veränderungen erlebt?

Meine Lernkurve ist mit den Anforderungen gestiegen. Die gute Performance eines Produktes reicht als Verkaufsargument längst nicht mehr. Früher interessierte sich der Kunde für die Strategie, den Prozess und die Renditeerwartungen eines Produktes. Heute kommt zuerst der «Sanitary check».

Was heisst das?

Ist das Produkt in den Ländern registriert, in denen er es vertreiben möchte, sind die steuerlichen Daten vorhanden, ist die Dokumentation lückenlos, auch in den entsprechenden Sprachen?

«Bei den Pensionskassen ist das Preisbewusstsein allgegenwärtig»

Die Dienstleistungsfaktoren spielen eine deutlich wichtigere Rolle, nicht nur bis der Verkauf steht. Auch danach in der Kundenbetreuung. Ein Anbieter braucht hier die ganze Prozesskette.

Leiden die Margen darunter?

Der Druck auf die Margen ist natürlich gestiegen, denn Compliance- und Regulierungskosten sind enorm gewachsen. Andrew Formica, unser CEO, sagte kürzlich, sie machten rund 30 Prozent des gesamten Kostenblocks aus. In Grossbritannien, unserem Heimmarkt, sind die Auflagen auch besonders streng.

Wie absorbieren Sie diesen Kostenanstieg?

Durch Wachstum. Der Markt ist inzwischen über dem Niveau von vor der Finanzkrise. Es gibt also keinen Grund zum Klagen. Ausserdem gibt es keinen anderen Weg, als mit den hohen Anforderungen umzugehen, das heisst Know-how, Expertise und Prozesse ständig zu verbessern. Ich persönlich empfinde das positiv: Wer aufhört zu lernen, schickt sich in eine schleichende Demenz.

Das Preisbewusstsein der Kunden drückt auch auf die Margen?

Vor allem bei den Pensionskassen ist das Preisbewusstsein allgegenwärtig. Seit der Finanzkrise liegt der Fokus auf den Verwaltungskosten. Darum ist der Schweizer Pensionskassenmarkt auch ein passiver.

Henderson ist ein aktiver Asset Manager. Tut der ETF-Boom weh?

Wenn man clever ist, kann man Trends auch zu seinen Vorteilen nutzen. Als aktiver Asset Manager tun wir das, indem wir uns vom Angebot an Exchange Traded Funds (ETF) klar abgrenzen. Das gelingt uns recht gut. Anleger müssen sich besser bewusst werden, dass ETF vielfach versteckte Risiken beinhalten. Ein ETF auf den SMI gewichtet beispielsweise die Aktien von Nestlé, Roche und Novartis sehr stark. Das ist ein Klumpenrisiko.

«Indizes sind nicht flexibel, aktive Asset Manager dagegen schon»

Oder Emerging-Markets-ETF: In vielen Produkten domineren staatlich kontrollierte Unternehmen. Das heisst, der grösste Investor in diesen Anlagen verfolgt ganz andere Interessen als die übrige Anlegerschaft. Indizes sind nicht flexibel, aktive Asset Manager schon.

Eine Statistik von efundresearch zeigt zum Beispiel, das im laufenden Jahr 80 Prozent der europäischen Fonds den Benchmark übertroffen haben – nach Kosten. Denn sie haben den Energie- und Rohstoffbereich vermieden. Indizes können das nicht.

Fürchten Sie die aufkommenden Robo-Advisor, die viel günstiger sind?

Die Problemstellung ist für Investoren hier eigentlich ähnlich wie bei den ETF: Anleger müssen sich ganz genau bewusst sein, in was sie beziehungsweise die Robo-Advisor investieren. Der technologische Fortschritt muss für das aktive Asset Management ja nicht per se eine Bedrohung darstellen.

Ein Fondsmanager greift teilweise auch auf automatisierte Prozesse zurück, zum Beispiel in der Datenanalyse und -aufbereitung oder für das Aufzeigen von Marktszenarien und ihren Auswirkungen.

Kritiker sagen, Robo-Advisor würden viel können, aber kein Vertrauen schaffen.

Das Schöne an der Branche der aktiven Asset Manager ist: Menschen können nicht durch Roboter ersetzt werden. Den «Human touch» oder das intuitive Element, das beim Anlageprozess so wichtig ist, kann kein Robo-Advisor anbieten.


Ariane Dehn ist seit 2006 Head of Sales für die Schweiz und Österreich bei Henderson Global Investors. Zuvor baute sie für das Unternehmen die Standorte Deutschland und Österreich auf. Henderson Global Investors verwaltet ein Anlagevermögen von mehr als 80 Milliarden Pfund oder umgerechnet rund 120 Milliarden Franken und beschäftigte per Ende 2014 weltweit 922 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist sowohl in Grossbritannien als auch in Australien kotiert.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.23%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
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  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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