Viele Bankenchefs stammten in der jüngeren Vergangenheit aus dem Investmentbanking. Das Jahr 2015 indessen könnte den Wendepunkt in dieser Entwicklung darstellen, sagt der international tätige Kaderberater Oliver Berger.  


Dieser Beitrag von Oliver Berger erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen renommierte Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Dabei äussern sie ihre eigene Meinung. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. finews.first erscheint in Zusammenarbeit mit der Genfer Bank Pictet & Cie. Die Auswahl und Verantwortung der Beiträge liegt jedoch ausschliesslich bei den Herausgebern von finews.ch (Bisherige Texte von Rudi Bogni und Adriano B. Lucatelli).


Ich gehe davon aus, dass die nächste Generation an Chief Executive Officers (CEO) in der Finanzbranche ihre Erfahrung hauptsächlich als Chief Information Officer im Wealth Management gewonnen haben wird. Im Wissen um die starke Notwendigkeit von Technologie im modernen Banking, ist es nicht abwegig zu behaupten, dass wir ab 2020 die ersten Banken-CEO sehen werden, die den Hauptteil ihrer Karriere in der IT verbracht haben.

Die letzten zehn Jahre waren davon geprägt, dass die obersten Chefs grösstenteils aus dem Investmentbanking in ihre Top-Position berufen wurden. Nun gibt es starke Anzeichen dafür, dass diese Entwicklung ein Ende nimmt.

«Manager, die nicht aus dem Investmentbanking kamen, hatten bisher wenig Spielraum»

Wenn wir uns die Chefs der westeuropäischen Banken einmal vornehmen, sehen wir bald einmal, dass in der Vergangenheit wenig Spielraum für Manager da war, die nicht aus dem Investmentbanking kamen. Nur um einige Beispiele zu nennen: Oswald J. Grübel verbrachte den Grossteil seiner Karriere bei der damaligen Credit Suisse First Boston (CSFB) in London, Zürich und Singapur.

Nach seiner Zeit als CEO bei der Credit Suisse wechselte er zur UBS, wo sein später Nachfolger Sergio Ermotti aus dem Investmentbanking der italienischen Unicredit kam. Bei der Credit Suisse war es Brady Dougan, der Grübel beerbte. Auch Dougan war zuvor für die Investmentbank der CS tätig gewesen.

Barclays nominierte mit Bob Diamond ebenfalls einen früheren Investmentbanker, der zwar kurzfristig von Antony Jenkins, einem früheren Retailbanker ersetzt wurde. Doch bereits nach drei Jahren war Jenkins Amtszeit vorbei, und nun hat ihn wiederum ein Investmentbanker abgelöst – James «Jes» Staley, der viele Jahre für den amerikanischen Finanzkonzern J.P. Morgan tätig gewesen war.

Stuart Gulliver bei HSBC oder Jean-Laurent Bonnafé bei BNP Paribas – man kann es ahnen – sind ebenfalls beides Investmentbanker.

«Mit weniger Risko stabilere Erträge erzielen»

Angesichts der neuen Positionierung der Investmentbanking-Abteilungen bei europäischen Instituten, strengeren Kapitalvorschriften und geringerem Risikoappetit deutet vieles darauf hin, dass wir in Zukunft weniger CEO aus dem Investmentbanking sehen werden. Mehr noch: Das Jahr 2015 könnte den Wendepunkt in dieser Entwicklung darstellen.

Seit zahlreiche Finanzinstitute ihr Investmentbanking heruntergefahren haben, hat sich der Fokus auf das Wealth Management, also auf die Vermögensverwaltung für Privatpersonen, verlagert. Dahinter steckt die Überlegung, mit weniger Risiko stabilere Erträge zu erzielen.

«Viele Finanzinstitute werden sich zu Technologie-Konzernen entwickeln»

Gleichzeitig rechnen sich viele Banken erhebliche Wachstumschancen auf diesem Gebiet aus, weil in der asiatisch-pazifischen Region sowie in der Sub-Sahara auf Grund der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Wohlstand enorm zunimmt. Zudem wachsen auch in den USA und in Westeuropa die Vermögen vieler Menschen weiter an. So darf es letztlich auch nicht verwundern, dass viele Geldhäuser ihre Strategie zu einem grossen Teil auf das Wealth Management ausrichten.

Das internationale Wealth Management wandelt sich derzeit von einem Geschäft, das auf persönlichen Beziehungen gründete, zu einem, das extrem stark von der Digitalisierung betroffen ist. Während für den einen Kunden die persönliche Beziehung zum Kundenberater nach wie vor im Vordergrund stehen wird, ziehen es immer mehr Kunden vor, bloss noch online von ihrer Bank bedient zu werden. Vor diesem Hintergrund deutet vieles darauf hin, dass sich das Gros der Finanzinstitute mehr und mehr zu Technologie-Konzernen entwickeln wird.

Mit anderen Worten: Die IT und die Digitalisierung werden so zum entscheidenden Faktor im Kampf um die besten Kunden. Künftige Banken-CEO werden also in ihrem Technologieverständnis sehr viel stärker gefordert sein.

«Dieses Geschäftsfeld wird sich immer stärker in die virtuelle Welt verlagern»

In den nächsten Jahren dürfte das Wealth Management sogar zum wichtigsten Bereich innerhalb einer Bank werden. Und gleichzeitig wissen wir, dass dieses Geschäftsfeld immer stärker in die virtuelle Welt verlagern wird. Deshalb ist «Digital Private Banking» das wohl wichtigste Thema in jeder Strategie einer global tätigen Bank.

Zusammengefasst ist es mehr als wahrscheinlich, dass künftige CEO ihre Erfahrung im Wealth Management gewonnen haben und sich gleichzeitig in der IT heimisch fühlen. Insofern steht das Profil des «Next-Generation-CEO» bereits fest.


Oliver Berger ist Executive Search Consultant in Zürich. Er deckt die Aktivitäten des weltweit tätigen Kaderstellen-Vermittlers Leathwaite in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) ab. Berger studierte Rechtswissenschaften und verfügt über gut zehn Jahre an Erfahrung in der Beratung von Führungskräften und Spezialisten zu allen Themen rund um die Karriere.

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