Nie wieder eine Finanzkrise! Aber was tun gegen das Klumpenrisiko Grossbank?  finews.ch fragte den Finanzmarkt-Experten Charles Wyplosz.

Ein Lebenstestament der grossen Institute für den Fall einer Pleite hält er für eine elegante Idee den Risikoappetit der Banker zu zügeln. In einem solchen Testament ist der Mechanismus definiert, der die Bank in kleine Einheiten zerlegt, sollte sie staatliche Überlebenshilfe in Anspruch nehmen müssen.

Diese Living wills haben in den Augen Wyplosz zwei Vorteile: «Erstens implizieren sie, dass Grossbanken scheitern können. Die grosse Lehre aus dem Lehman-Bankrott ist ja, dass man die grossen Banken nicht fallen lassen kann. Das heisst, dass die Behörden – und der Steuerzahler – Geiseln dieser Banken sind.»

Living wills sind effizient


«Zweitens wird sich das Wissen um die Bankrottmöglichkeit und die unweigerliche Demontage danach in den Köpfen der Banker niederschlagen.» Das werde sie zu einem vorsichtigeren Verhalten bewegen“, ist Wyplosz überzeugt.

Vieles in der Diskussion drehe sich um die Frage, wie man Banken sicherer macht. «Die Testamente könnten das effizienteste Werkzeug dazu sein», sagte Wyplosz gegenüber finews.ch.

Dass die gigantische Grösse von Kunden auch Banken riesiger Dimensionen verlange, verneint Wyplosz. Die Wirtschaftsunternehmen müssten stets mehrere Banken beanspruchen. Es sei geradezu ihre Pflicht, eine Abhängigkeit von nur einem Institut zu vermeiden.

Der Aktionär wird die Grösse diktieren

Die Grösse der Bank über die Kapitalanforderungen zu steuern, findet Wyplosz einen vielversprechenden Weg, dem too big oder too connected to fail vorzubeugen.

«Systemrelevante Banken müssten mehr Kapital halten. Das erhöht die Kosten und belastet den Aktionär. Wenn die Mehrbelastung zu hoch wird, werden die Aktionäre der Bank einen Schrumpfungskur nahelegen. Zurzeit sind die Bankmanager immer noch grössenorientiert, sei es weil ihre Kompensation in Relation zur Grösse der Bank steht, sei es aus Prestigegründen.»

Bis jetzt hätten Aktionäre wenig in der Hand, um die CEO der Banken im Zaum zu halten. «Wachsende Kapitalauflagen könnten an dieser Situation einiges ändern», ist Wyplosz überzeugt.

Mit der Verschärfung der Kontrollen durch die staatlichen Behörden, übernehmen diese nun noch mehr Verantwortung. Ob dies die Aufmerksamkeit der Bankkunden und -partner erhöht? Wyplosz stört sich nicht daran, dass die Verantwortung stärker von den Ratingfirmen zu Fed und Finma verlagert wird.

Aufsicht ist ein Service public


«Ratingagenturen sind seit langem ein Desaster – das zeigte sich vor wenigen Tagen wieder mit Dubai World. Gründe dafür gibt es viele, Inkompetenz ist einer, Interessenkonflikte ein anderer.»

Wyplosz möchte ihre Bedeutung eingeschränkt wissen: «Die Meinungen privater Unternehmen gehören nicht zum Instrumentarium von Regulatoren und Finanzmarktaufsicht. Aufsicht ist ein Service public und gehört völlig in die Hände einer Behörde. Diese Behörde muss für ihre Aufgabe verantwortlich sein.» In der Vergangenheit mangelte es laut Wyplosz den Aufsichtsbehörden – insbesondere in den USA – an qualifizierten Kräften, nicht zuletzt weil sie schlechtzahlende Arbeitgeber sind. In vielen anderen Länder seien die Angestellte der Aufsichtsbehörden von privaten Interessen vereinnahmt.  

«Die Qualität der Aufsichtsorgane zu verbessern ist ein entscheidender Schritt zu angestrebten Verbesserung der Kontrolle, ein zweiter besteht darin, dass die Aufsichtsorgane verantwortlich gemacht werden für ihr Tun.»


Charles Wyplosz ist Wirtschaftsprofessor am Graduate Institute in Genf. Er schreibt regelmässig für Financial Times, Le Monde, Libération,  Finanz und Wirtschaft. Er ist Mitglied der Gruppe unabhängiger Wirtschaftberater des Präsidenten der Europäischen Kommission und  ist u.a. vom IWF, der Weltbank, der Uno und der Asiatischen Entwicklungsbank mit Beratermandaten betraut worden.



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