Joe Jimenez ist als CEO des Pharmakonzerns Novartis ebenso skandalerprobt wie die Chefs der Schweizer Grossbanken. Hier erklärt er, wie erFehlverhalten im Unternehmen unterbindet.

Seit sechs Jahren steht der Amerikaner Joe Jimenez nun an der Spitze des Schweizer Pharmakonzerns Novartis. Einen guten Teil dieser Zeit musste er dafür aufwenden, das Unternehmen einigermassen heil durch diverse Skandale zu leiten.

Novartis wird beispielsweise in Japan angeschuldigt, Studiendaten gefälscht zu haben, in den USA sollen Mitarbeiterinnen diskriminiert worden sein, und manche Konsumenten bezichtigen den Konzern, Augentropfen allzu grosszügig zu dosieren, um die Verkäufe anzukurbeln.

Insgesamt 22 laufende Verfahren

Zig Millionen Franken hat Novartis in der Vergangenheit ausgegeben, um Anschuldigungen und Schuldsprüche zu begleichen. Zuletzt zahlte das Basler Unternehmen 25 Millionen Dollar an die US-Börsenaufsicht SEC wegen undurchsichtiger Zahlungen in China.

Im jüngsten Jahresbericht von Novartis sind 22 laufende Verfahren, Untersuchungen und Klagen aufgelistet. Damit bewegt sich der Pharmakonzern auf einem ähnlichen juristischen Parkett wie die Schweizer Grossbanken, deren Rechtsstreitigkeiten ebenfalls mehrere Seiten in ihren jeweiligen Geschäftsberichten in Anspruch nehmen.

Leistung, aber nicht zu jedem Preis

Gefragt, wie er darauf hinarbeite, Novartis künftig aus grossen Skandalen fernzuhalten, nannte Jimenez als seine eine oberste Priorität: die Rekrutierung. Novartis habe schon vor einiger Zeit eine Methode entwickelt, Jobkandidaten auszufiltern, die bereit seien, Leistung ohne Rücksicht auf mögliche Folgen zu erbringen.

«Wir sagen den Bewerbern, dass wir zwar Leistung verlangen. Aber wir wollen, dass dabei die Regeln eingehalten werden», sagte Jimenez vergangene Woche an einem Symposium von stars, einer unabhängigen Stiftung mit Sitz in Stein am Rhein.

Drei Verteidigungslinien

Auf den aktuellen US-Bankenskandal um Wells Fargo und CEO John Stumpf angesprochen, wollte Jimenez kein Urteil abgeben. Wie er (Jimenez) führe auch Stumpf ein komplexes Unternehmen, sagte der Novartis-Chef lediglich.

«Oftmals entspringt Fehlverhalten innerhalb einer Firma verschiedenen Ursachen, die man zunnächst identizieren muss. Dabei stellt sich die Frage, ob ich die richtigen Leute angestellt habe. Und, habe ich sie auch bezüglich der Einhaltung von Regeln richtig geschult? Wenn diese Fragen keine Antworten liefern, kommt die dritte Verteidigungslinie zum Zug: Kann ich das Problem rasch eingrenzen und lösen? Wer diese drei Schritte beherrscht, erfüllt meiner Meinung nach seinen Job als Führungsperson», erklärte Jimenez.

Immer ein Restrisiko

Er wisse allerdings auch, dass angesichts der weltweit rund 35'000 Marketing- und Verkaufsleute innerhalb von Novartis immer ein Risiko für ein Fehlverhalten bleibe.

Aber die Kombination aus richtiger Rekrutierung, gutem Training und der Fähigkeit, Probleme sofort anzupacken, sei richtig, so der Novartis-CEO weiter.

Übervater Daniel Vasella

Überraschend offen sprach der Amerikaner auch über sein Arbeitsverhältnis mit Daniel Vasella, seinem Vorgänger als CEO und Initianten des 30-Milliarden-Mega-Mergers, aus dem vor 20 Jahren Novartis entstanden ist.

Jimenez räumte freimütig ein, die Aussicht unter dem «Übervater» Vasella zu arbeiten, der zunächst Verwaltungsratspräsident blieb, habe ihn eingeschüchtert.

Ein Macher, kein Aufseher

«Ich glaubte, es würde furchtbar werden. Ich dachte, ein vormaliger CEO wie «Dan» Vasella einer war, werde mich niemals einfach meinen Job machen lassen. Aber das tat er. Dank grosser Selbstdisziplin war er fähig, sich zurückzuhalten und mich arbeiten zu lassen», erinnerte sich Jimenez.

Allerdings habe sich dann auch gezeigt, dass Vasella ein Macher sei, kein Aufseher. «Er hatte immer eine klare Meinung darüber, wie das Unternehmen aufgestellt sein sollte. Schliesslich war er auch dafür verantwortlich gewesen.»

Aktienkurs alle zwei Tage prüfen

Gleichzeitig habe sich Vasella aber sehr zurückgehalten. Dies habe schliesslich dazu geführt, dass er Novartis verlassen und das Präsidium abgegeben habe. «Er sagte: Ich mag den Job nicht», so der 57-jährige Jimenez.

Viele der Beobachtungen Jimenez' lassen sich auch im Banking finden. Doch hat der Amerikaner in seiner Karriere nie in der Finanzindustrie gearbeitet. Er prüfe den Aktienkurs von Novartis «vielleicht jeden zweiten Tag, sicherlich aber nicht jeden Tag.»

Dieses Verhalten lässt sich hingegen kaum mit einem Banker vergleichen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.73%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.38%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.51%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.39%
pixel