Liest man die Prognosen der grossen Investmentbanken, könnte man meinen, dass das Jahr 2010 das reinste Kinderspiel für Anleger sein wird.

Von Ad van Tiggelen, Senior Strategist bei ING IM, Den Haag

Ad_van_Tiggelen_2Selten bestand so viel Konsens. Kurz gesagt: 2010 wird – insbesondere in der ersten Hälfte – ein gutes Jahr für Aktien. In der zweiten Jahreshälfte mag es dann schwieriger werden, wenn Investoren die Zinserhöhungen westlicher Zentralbanken vorwegnehmen oder die Angst vor einem Double-Dip um sich greift.

Die Emerging Markets werden die Märkte der Industrieländer wiederum übertreffen und Staatsanleihen bestenfalls Renditen im niedrigen einstelligen Bereich einfahren.

Alles dreht sich nun um Dualität

Angesichts der Konsens-Gewinnprognose, die von einem Zuwachs von 25 Prozent ausgeht, und der weiterhin angemessenen Aktienbewertungen macht diese Einschätzung – vor allem auf nähere Sicht – doch Sinn.

Auf längere Sicht ist indes nur eines sicher: Ging es 2009 vor allem um das richtige Timing (die sogenannten Recovery Trades), wird sich 2010 alles um Dualität drehen. Wird der Aufschwung von Dauer sein, oder wird Konsumentenvorsicht für einen Double-Dip sorgen? Werden die Zentralbanken ihre lockere Geldpolitik aufgeben, oder werden sie neue Blasen finanzieren? Wird die Kreditvergabe der Banken relativ strikt bleiben oder sich rasch normalisieren? Niemand kann diese Fragen mit Gewissheit beantworten.

Sowohl als auch

Die stärkste Dualität besteht aber im Konflikt zwischen zyklischen und strukturellen Faktoren. Der aktuelle Aufwärtstrend muss auf jeden Fall im Kontext der ihm zugrunde liegenden strukturellen Trends gesehen werden: wachsende Dominanz der Schwellenländer, überalterte Bevölkerungsstruktur in den Industrieländern und zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft.

Während der erste Trend inflationstreibend wirkt, haben die beiden anderen deflationäre Wirkung. Denn schliesslich neigen ältere Verbraucher weniger zu teuren Anschaffungen (sie besitzen bereits ein Haus und mindestens ein Auto), und Online-Shopping erleichtert den Vergleich von Preisen und ermöglicht hohe Preistransparenz.

Nichts geht wie gehabt weiter

Es ist daher wohl kein Zufall, dass die Renditen lang laufender Staatsanleihen hartnäckig auf niedrigem Niveau verharren, allem Gerede über konjunkturelle Erholung und drohende Inflation zum Trotz. Insofern mag 2010 nicht ganz so problemlos verlaufen, wie manche sich das vorstellen.

Wie sollen Anleger sich angesichts dieser komplexen Themen verhalten? Zunächst einmal sollte man sich nicht darauf verlassen, dass es wie gehabt weitergeht. Die Erfahrungen der Vergangenheit mögen diesmal keine geeignete Orientierung für die künftige Entwicklung bieten.

Obligationen nicht abschreiben

Fürs Erste sind Aktien die vielversprechendste Anlageform; man sollte Obligationen allerdings nicht vorschnell abschreiben. Der Widerstreit zwischen inflationären und deflationären Kräften scheint diesmal ausgewogener als je zuvor, und die Angst vor einem Double-Dip könnte die Renditen zehnjähriger Obligationen in den stärksten Ländern des Euro-Raums ohne weiteres unter 3 Prozent drücken.

Zweitens mag es jetzt an der Zeit sein, wieder auf die Verlierer des letzten Jahrzehnts zu setzen, die Technologieaktien. Der digitale Traum von 2000 wird zunehmend zur digitalen Realität und die Bewertungen sind durchaus angemessen.

Digitaler Traum wird Realität

Online-Shopping hat explosionsartig zugenommen; zahlreiche Anwendungen sind jetzt mobil verfügbar und der Bedarf an Flachbildschirmen und Datenspeichern wächst ständig. Da in diesem Sektor seit jeher Deflation herrscht, ist er überdies besser als alle anderen Branchen gerüstet, um mit steigendem Preisdruck fertig zu werden. Investoren, denen vor allem die Erzielung von Einkommen wichtig ist, sollten auch Telcos in Betracht ziehen, denn hier werden im Durchschnitt Dividendenrenditen von knapp 6 Prozent eingefahren.

Im Anschluss an die dramatische Rally bei Small Caps und niedriger gerateten Anleihen sollten Investoren auch wieder auf Aktien und Anleihen gut kapitalisierter Grossunternehmen setzen, die mittlerweile attraktivere Bewertungen aufweisen. Im Jahr 2010 könnte langweilig tatsächlich «besser» bedeuten!

 

 

 

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