Ein globaler Standard zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung funktioniere nur, wenn er von allen internationalen Finanzzentren angewendet werde, schreibt der Schweizer Privatbankier Yves Mirabaud auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Was das Thema Negativzinsen anbelangt, so sind offensichtlich nicht wir Banken dazu berufen, deren Angemessenheit zu beurteilen. Wir haben jedoch festgestellt, dass die verwendete Berechnungsmethode bei der Einführung ein Ungleichgewicht generiert hat. So wirkt sich ein Freibetrag in zwanzigfacher Höhe der geforderten gesetzlichen Reserven bei einer Bank, die ihre flüssigen Mittel in Form von Hypothekarkrediten platzieren kann, anders aus als bei einer Bank, die ausschliesslich im Vermögensverwaltungsgeschäft tätig ist.

Dieser Unterschied hat sich für die in der Vermögensverwaltung tätigen Institute nachteilig ausgewirkt. Allerdings hat sich das Ungleichgewicht mit der Zeit etwas reduziert, und es werden auch immer mehr Stimmen laut, die Kritik an den Negativzinsen üben, so dass wir uns weniger allein fühlen!

«Es ist erstrangig, dass die Banken ihre Kunden an ihrem Wohnsitz betreuen können»

Wir verstehen durchaus, dass die Schweiz nicht vollkommen frei entscheiden kann und die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Politik der anderen Zentralbanken berücksichtigen muss. Und so hoffen wir, dass deren künftige Strategien unserer Nationalbank ermöglichen werden, ihren Kurs etwas zu lockern.

In der Zwischenzeit sind wir natürlich froh, dass es der Wirtschaft und den Pensionskassen bis anhin gelungen ist, die Nachteile des starken Franken zu überwinden, obwohl sich diese immer stärker bemerkbar machen. Da wir nichts gegen die Negativzinsen unternehmen können, stellt sich uns gleichwohl die Frage, wie sich die Entwicklung des Finanzplatzes Schweiz unterstützen lässt.

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte. Für uns stehen eindeutig der Marktzugang und die vernünftige und faire Umsetzung der internationalen Standards im Vordergrund. Dies gilt insbesondere für den Automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA).

Was den Marktzugang anbelangt, ist von erstrangiger Bedeutung, dass die Banken ihre Kunden an ihrem Wohnsitz betreuen können und nicht passiv in der Schweiz auf sie warten müssen.

«So bleiben die Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen im Land»

Einschränkungen für grenzüberschreitende Dienstleistungen stellen einen Wettbewerbsnachteil dar, der sich angesichts der aufkommenden protektionistischen Tendenzen in einer Reihe von Ländern noch verschärfen könnte. Natürlich lassen sich ausländische Märkte nach wie vor auch über Tochterunternehmen erschliessen, aber diese Option ist teuer. Kann von der Schweiz aus gearbeitet werden, bleiben die Arbeitsplätze und die Steuereinnahmen in Zusammenhang mit diesen Kunden im Land.

Was den AIA anbelangt, scheint offensichtlich, dass ein globaler Standard zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung nur dann funktionieren kann, wenn er effektiv von allen internationalen Finanzzentren angewendet wird.

Es wäre daher sinnvoll, wenn die Schweizer Regierung vor der Datenübermittlung erneut überprüft, ob sie nicht allein dasteht. In diesem Zusammenhang muss unbedingt auch Druck auf die USA ausgeübt werden, da das amerikanische Fatca-Gesetz keine mit dem OECD-Standard vergleichbare Reziprozität beinhaltet. Im Weiteren beschäftigt uns auch die Frage der Vertraulichkeit der gelieferten Daten, vor allem hinsichtlich Lateinamerika, Russland und Asien.

«Allenfalls muss der Datenaustausch auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden»

Dabei geht es nicht um Steuerfragen, sondern um die persönliche Sicherheit der betreffenden Kunden aufgrund der Korruptionsrisiken und politischen Machtspiele in ihren Ländern. Die Vertraulichkeit der Daten verdient somit ebenfalls eine Überprüfung vor der Übermittlung ins Ausland. Kann diese nicht garantiert werden, muss der Beginn des Datenaustauschs allenfalls auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Nicht zuletzt wünschen wir uns auch eine möglichst stabile und gemässigte Regulierung in der Schweiz, damit wir unsere Energie in nützliche Entwicklungen für unsere Kunden investieren können, anstatt in die Erstellung neuer Formulare.


Yves Mirabaud, geboren 1966, ist Präsident der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken; hauptberuflich ist er Seniorpartner von Mirabaud, eine der ältesten Privatbanken der Schweiz. Das Unternehmen wurde 1819 in Genf gegründet. Yves Mirabaud errang ein Diplom am Institut Universitaire des Hautes Etudes Internationales in Genf. Nach fünf Jahren bei verschiedenen Bankinstituten in Genf, Zürich, Boston und New York trat er 1993 in das familieneigene Institut ein.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Beat Wittmann, Richard Egger, Didier Saint-Georges, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Katharina Bart, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Frédéric Papp, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Guido Schilling, Adriano B. Lucatelli, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Dan Steinbock, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann und Anton Affentranger.

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