Traditionelle Obligationen mit Anlagequalität werden im Umfeld steigender Zinsen unter Druck geraten. Für Anleger gibt es Alternativen, schreibt Werner E. Rutsch in seinem Essay für finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Das aktuelle Marktumfeld stellt die Investoren vor grosse Herausforderungen. Das trifft besonders auf die Kreditmärkte zu: In manchen Segmenten scheinen die Risikoprämien das Ausfallrisiko nicht mehr genügend zu kompensieren, steigende Zinsen können zu Kapitalverlusten und zu mehr Zahlungsausfällen führen, und die Zeichen von Unsicherheit und Stress an den Obligationenmärkten mehren sich.

Vor diesem Hintergrund drängen sich die Diversifikation eines traditionellen Obligationenportfolios sowie die Suche nach anderen Renditequellen regelrecht auf.

Der Kreditmarkt ist einer der grössten und vielseitigsten Finanzmärkte der Welt. Er bietet unzählige Anlagemöglichkeiten mit unterschiedlichsten Rendite-Risiko-Profilen, Auszahlungsstrukturen und Liquiditätseigenschaften. Bei klassischen Unternehmensanleihen sind neben dem Coupon eine mögliche Verringerung des Risikoaufschlags und die Vermeidung von Zahlungsausfällen die wichtigsten Erfolgsfaktoren.

«Gemeinsam ist ihnen, dass sie ansprechende risikoadjustierte Renditen liefern können»

Investitionen in alternative Kreditanlagen (Alternative Credit) bieten eine wesentlich grössere Bandbreite an Renditequellen und können eine attraktive Ergänzung in einem Obligationenportfolio sein.

Das Spektrum der Kreditanlagen reicht von besicherten Krediten mit hohen Ratings und geringen Risiken – und zurzeit sehr niedrigen Erträgen – bis zu risikoreicheren, aber möglicherweise lohnenden Wertpapieren, die mit hohen Bewertungsabschlägen gehandelt werden. Ebenso gehören sehr liquide Unternehmensanleihen mit ausgezeichneter Bonität, aber auch illiquide, langfristige Finanzleasing-Vereinbarungen dazu. Doch was genau sind Alternative-Credit-Investitionen?

Vereinfacht gesagt gelten sämtliche Kreditanlagen, die nicht zur Kategorie der traditionellen Unternehmens- und Regierungsanleihen mit Anlagequalität (Investment Grade) gehören, als Alternative Credit. Ihre gemeinsame Charakteristik ist, dass sie ansprechende risikoadjustierte Renditen liefern können, indem der Anleger in das Nicht-Investment-Grade-Universum der Kreditmärkte oder in komplexe Anleihenstrukturen investiert und Marktineffizienzen ausnutzt.

«Gerade diese Eigenschaften erzeugen die Performance dieser Anlageklasse»

Durch den Einsatz von alternativen Kreditinstrumenten lassen sich entsprechend der individuellen Risikobereitschaft robuste Portfolios bilden, und gleichzeitig diversifiziert die Investition in unterschiedliche Wertpapiere einen bedeutenden Teil des anleihenspezifischen Risikos. Zwar werden einige Investoren von der hohen Komplexität und der teilweise geringen Liquidität von Alternative Credit abgeschreckt, aber gerade diese Eigenschaften erzeugen die Performance dieser Anlageklasse.

Erfahrene Anleger können durch eine aktive Titelselektion deutliche Renditevorteile erzielen. Quellen solcher zusätzlicher Erträge sind Transaktionen in Papieren privater Unternehmen, Nischenmärkte, Illiquidität, Marktineffizienzen, die Zurückgewinnung notleidender Kredite und die Kreditvergabe an Turnaround-Unternehmen sowie Regulierungsarbitrage.

«Ein Engagement in illiquide Segmente kann ebenfalls eine attraktive Zusatzrendite liefern»

Die Investition in Anleihen nicht kotierter Unternehmen zum Beispiel kann bei identischem Ausfallrisiko mit höheren Erträgen einhergehen, da die Schuldner wegen der geringeren Anzahl von Kreditgebern bereit sind, höhere Zinsen zu zahlen. Komplexe Kredittransaktionen erfordern sehr gute Kenntnisse der entsprechenden Nischenmärkte und der an der Transaktion beteiligten Parteien, bieten aber auch die Aussicht auf ansprechende Renditen. Ein Engagement in illiquide Segemente kann ebenfalls eine attraktive Zusatzrendite liefern, nämlich als Kompensation für eine langfristige Verpflichtung.

«Eine sorgfältige Analyse der fundamentalen und technischen Faktoren ist unabdingbar»

Um Marktineffizienzen auszunutzen und vom Segment der notleidenden Kredite zu profitieren, ist eine sorgfältige Analyse der fundamentalen und technischen Faktoren unabdingbar. Nur so können zu günstig bewertete Titel erkannt und von einer Normalisierung des Marktes profitiert werden. Und durch Regulierungsarbitrage können Banken einen Teil des Bilanzrisikos an institutionelle Investoren auszulagern – die dafür eine ansehnliche Prämie erhalten.

Alternative Credit kann ein traditionelles Obligationenportfolio diversifizieren und zu attraktiven risikoadjustierten Zusatzrenditen führen. Alternative Kreditanlagen liefern somit einen wichtigen Beitrag zum Risikomanagement eines Portfolios.


Werner E. Rutsch ist seit 2010 Mitglied der Geschäftsleitung von Axa Investment Managers (Schweiz) und Leiter Institutional Business. Er studierte Volks- und Betriebswirtschaft an der Universität Bern, wo er 1994 auch promovierte. Mehr als 15 Jahre war er in leitenden Funktionen im Bankwesen tätig.

Der 48-jährige Rutsch hat zahlreiche Artikel zu Wirtschaftsthemen, insbesondere über Bankmarketing und -kommunikation, publiziert und verfasste als Co-Autor das 2008 erschienene Standardwerk «Swiss Banking – wie weiter?».


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Beat Wittmann, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Adriano Lucatelli, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Katharina Bart, Frédéric Papp, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi und Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab und Guido Schilling.

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