Ähnlich wie die Schweiz versucht Dänemark enge Beziehungen mit der Fintech-Branche in Singapur aufzubauen. Die dänische Botschafterin Dorte Bech Vizard beschreibt dies ihrem exklusiven Essay für finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Tatsächlich gibt es verblüffende Gemeinsamkeiten zwischen Dänemark und Singapur: Beide Länder bieten ein ausserordentlich gutes Umfeld für die Geschäftswelt, sie weisen ein hohes Wohlstandniveau auf und gleichzeitig eine geringe, sozusagen inexistente Korruptionsrate.

Beide Staaten befinden sich geographisch zwischen grossen Nachbarn und haben eine vergleichbare Anzahl an Einwohnern, nämlich 5,7 Millionen respektive 5,6 Millionen.

Ebenfalls haben sich beide Länder schon früh der digitalen Revolution angenommen und einen pragmatischen Ansatz gewählt, um ihre Wirtschaft auf diese Zukunft auszurichten und auf diese Weise Fintech-Unternehmen zu unterstützen. So hat Singapur beispielsweise einen digitalen Datenraum namens MyInfo lanciert, während Dänemark NemID entwickelte; dabei handelt es sich um eine einzigartige Identifikationsnummer handelt, mit der sich behördliche und auch banktechnische Dienstleistungen online abwickeln lassen.

«Dänemark hat bei Zahlungsapplikationen schon lange eine Pionierrolle inne»

Seit diesem Sommer können Bankkunden in Singapur auch die Peer-to-Peer-Zahlungs-App Pay Now benutzen, während in Dänemark bereits seit 2014 die vergleichbare Einrichtung NETS Realtime 24/7 existiert; damit übernahm unser Land in dieser Hinsicht eine Pionierrolle.

Das European Blockchain Center befindet sich an der IT-Universität von Kopenhagen und ist eines der ersten seiner Art überhaupt. Im Vergleich dazu arbeitet die Singapore Fintech Association (SFA) eng mit lokalen Fachhochschulen zusammen, um weitere Kompetenzen im Fintechbereich auf- und auszubauen.

«Diese Initiative erhält zusätzliches Gewicht durch industrielle Abmachungen»

Solche Gemeinsamkeiten schaffen ein solides Fundament. In diesem Sommer unterzeichneten die Monetary Authority of Singapore (MAS) und die Danish Financial Supervisory Authority (FSA), also die dänische Finanzmarktaufsicht, eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding, MoU), die darauf abzielt, die Expansionspläne von Fintech-Unternehmen in das jeweils andere Land zu unterstützen.

Diese Initiative erhält zusätzliches Gewicht durch industrielle Abmachungen – ebenfalls auf der Basis von Absichterklärungen – zwischen der SFA und der Vereinigung ‹Copenhagen Fintech›. Diese Vereinbarungen waren ein greifbares Ergebnis der dänischen Fintech-Delegation, die im ersten Halbjahr 2017 die asiatische Löwenstadt besuchte und zum Ziel hatte, vielversprechende Kooperationsmöglichkeiten anzustossen.

«Dänische Firmen haben globale Ambitionen und sind damit erfolgreich»

Dänemark ist bekannt für seine Innovationen im Bereich von nutzerfreundlichem Design, und dänische Fintech-Unternehmen verbinden diese Stärke mit ihrer vielfältigen Erfahrung in der digitalen Wirtschaft von heute. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass diese Firmen globale Ambitionen besitzen und damit auch höchst erfolgreich sind.

Tradeshift beispielsweise startete 2010 in Kopenhagen und ist heute weltweit tätig. Das Unternehmen, das im Online-Zahlungsverkehr für Firmen tätig ist, konnte 2016 in einer Finanzierungsrunde rund 75 Millionen Dollar aufnehmen und kündigte unlängst eine Expansion nach China an – zusammen mit dem lokalen Partner CreditEase.

Ein anderes Beispiel ist SimCorp. Das Unternehmen, das IT-Lösungen im Anlagebereich anbietet, ist bereits seit 2004 in Singapur ansässig. Mittlerweile unterhält es von diesem Stützpunkt aus Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstitutionen im gesamten asiatisch-pazifischen Raum.

Cardlay wiederum ist eine Plattform für Kreditkarten-Management, und Cardlay App eine Einrichtung für internationale Firmen, die ihre globalen Geschäftsprozesse im Reisebereich und Zahlungsverkehr verstärkt automatisieren und effizienter gestalten wollen. Im Verlauf dieses Jahres will dieses dänische Unternehmen nach Asien expandieren. Doch warum ausgerechnet Singapur?

«Wir laden dänische Firmen ans Singapore Fintech Festival ein»

Die Antwort ist vergleichsweise einfach: Singapur ist in der Region in Sachen Fintech führend, und dies mit einer bereits weit entwickelten Infrastruktur, die auch das bankenspezifische Zentrum für die Asean-Staatengemeinschaft darstellt.

Darüber hinaus erhält die Branche in Singapur die nötige regulatorische Unterstützung der Behörden; Englisch ist ausserdem die offizielle Amtssprache, wobei auch Mandarin und Bahasa sehr geläufig sind. Schliesslich tragen bereits höchst populäre Lifestyle-Apps wie die Taxi-Applikation GrabPay in der Bevölkerung zu einem unkomplizierten und selbstverständlichen Umgang mit der Digitalisierung bei.

Im November 2016 fand erstmals das Singapore Fintech Festival – die grösste diesbezügliche Veranstaltung in der Region. Tatsächlich war es beeindruckend, während diesem einwöchigen Anlass über die vielfältigen Entwicklungen im asiatischen Fintech-Bereich mehr zu erfahren und das eigene Beziehungsnetz noch enger zu knüpfen sowie das Potenzial weiterer Kooperationen zu prüfen. Vor diesem Hintergrund laden wir dänische Fintech-Firmen dazu ein, am nächsten Singapore Fintech Festival im November ihre Chancen auszuloten.


Dorte Bech Vizard ist seit 2016 Dänemarks Botschafterin in Singapur. Sie hatte seit 1999 bereits verschiedene Funktionen in der Regierung sowie im diplomatischen Corps. Zwischenzeitlich arbeitete sie zwei Jahre lang als Berating für Deloitte. Ihre akademische Ausbildung zur Juristin absolvierte sie an der Universität von Aarhus; Bech Vizard engagiert sich stark für Fintech-Themen.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Beat Wittmann, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Adriano Lucatelli, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Katharina Bart, Frédéric Papp, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi und Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling und Werner E. Rutsch.

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