Die Banken wirken glaubwürdiger in ihrem Kampf gegen die Überregulierung, wenn sie zuerst im eigenen Haus dafür sorgen, dass echte, prinzipienbasierte Regulierung gilt, schreibt der Strategieberater Thomas Sutter.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Vor einigen Wochen fand im coolen Trendlokal Aura beim Zürcher Paradeplatz der alljährliche Bankiertag statt. Das Who’s Who des Finanzplatzes kam in einem gefälligen, neuen Kleid daher.

Wo Banker und Bankiers auftreten, durfte natürlich der Evergreen gegen die Überregulierung nicht fehlen. Statt Swiss Finish wurde ein wettbewerbsorientierter Swiss Way der Regulierung propagiert. Dass die Adressaten dieser Forderung nicht nur die Finma oder Bundesbern sind, machte dann Staatssekretär Jörg Gasser am Schluss der Veranstaltung deutlich.

Die letzte Frage des Panelmoderators beantwortete der oberste Public Servant des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) mit einer schönen Geschichte über das unendliche Gesetzesprojekt Fidleg. Ganz genau ging es um die gemischte Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung der nötigen Verordnung. Rhetorisch fragte Gasser, wer wohl die meisten Präzisierungen und Zusätze verlangen würde? Die Vertreter des SIF, der Finma oder der Banken?

«In Arbeitsgruppen stapeln sich die Versionen von Vernehmlassungen ins Unermessliche»

Die Antwort gab er mit einem verschmitzten Lächeln selbst: Die Juristen der Banken würden sich mit Vorschlägen überbieten und für eine immer länger und komplexer werdende Verordnung sorgen.

Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen. Seit Jahren reden die Banken von prinzipienbasierter Regulierung und pushen die Selbstregulierung. Doch wenn es konkret um die Anwendung geht, sucht man das Motto der prinzipienbasierten Regulierung mit der Lupe. In Gremien und Arbeitsgruppen stapeln sich die Versionen von Vernehmlassungen ins Unermessliche. Die Detaillieben und -treuen übernehmen das Steuer. Man will sich ja später nichts vorwerfen lassen. Konsequenz: das angelsächsisch-regelbasierte dominiert.

«CEOs müssen wieder mehr Verantwortung übernehmen und pragmatischer entscheiden»

Was ist zu tun? Compliance ist wichtig und Bankjuristen verhalten sich absolut rational. Sie werden dafür bezahlt, alle möglichen Risiken zu minimieren und bei allem auf der sicheren Seite zu sein. Die Frage ist einfach: Wer hat das letzte Wort? Der Chefjurist oder nicht doch der Chef?

Für mich ist die Antwort klar. Die Bankjuristen müssen intern besser kontrolliert werden. Ihr Input muss den gleichen harten Kriterien entsprechen, wie die staatlichen Regulierungsvorhaben. CEOs müssen wieder mehr Verantwortung übernehmen und pragmatischer entscheiden.

Die Banken wirken viel glaubwürdiger in ihrem berechtigten Kampf gegen die Überregulierung, wenn sie zuerst im eigenen Haus respektive im Verband dafür sorgen, dass wieder echte, prinzipienbasierte Regulierung vorgeschlagen wird.


Thomas Sutter arbeitet seit kurzem als selbständiger Strategie- und Kommunikationsberater. Bis im vergangenen Juli war er stellvertretender CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) sowie deren Kommunikationschef. Zum Dachverband der Schweizer Banken stiess er im Jahr 2000 als Leiter Kommunikation Schweiz und Deutschland.

Vor seinem Übertritt zur SBVg hatte Sutter diverse Kaderfunktionen in den Kommunikationsabteilungen von Danzas und der Zurich inne. Nach seinem Volks- und Betriebswirtschaftsstudium an der Universität Basel startete er 1987 seine Berufskarriere in der Finanzbranche beim Schweizerischen Bankverein (heute UBS) in Basel und später in New York.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Richard Egger, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Frédéric Papp, Hans-Martin Kraus, Gérard Guerdat, Didier Saint-Georges, Mario Bassi, Stephen Thariyan, Dan Steinbock, Rino Borini, Bert Flossbach, Michael Hasenstab, Guido Schilling, Werner E. Rutsch, Dorte Bech Vizard, Adriano B. Lucatelli, Katharina Bart, Maya Bhandari, Jean Tirole, Hans Jakob Roth, Marco Martinelli und Beat Wittmann.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
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  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
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  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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