Wegen der Talfahrt der Einheitswährung übernimmt der hiesige Finanzplatz seine historisch gewachsene Schutzfunktion aufs Neue.

Die Sorge um das eigene Geld ist enorm. Denn mit dem schwächelnden Euro droht das Ersparte für viele Menschen in Deutschland, Frankreich oder Italien wie Schnee an der Sonne zu schmelzen.

Hinzu kommt die ganze Verschuldungsproblematik in Europa, die bei weitem noch nicht gelöst ist. Kein Wunder, dass nun immer mehr Leute nach Alternativen suchen, die Schutz vor dem weiteren Wertzerfall ihres Vermögens bieten.

Sicherheit mehr denn je gesucht

Darum flüchten sie ins Gold, das jüngst letzte Woche sowohl in Euro als auch in Dollar neue Allzeithochs erklomm, oder sie kommen in die Schweiz, wie die «Welt am Sonntag» an diesem Wochenende berichtete.

«Es gibt eine emotionale Nachfrage nach dem Schweizer Franken», sagte Gerd Häcker, Portfoliomanager der Vermögensverwaltung Huber, Reuss & Kollegen in München, der Zeitung. Und Hanspeter Kissling von der Raiffeisenbank Schaffhausen doppelt nach: «In den vergangenen Tagen kamen einige Deutsche in unsere Geschäftsstellen, um ein Konto zu eröffnen.» Sie hätten die Sicherheit des Franken gesucht.

Kein Versteckspiel mehr

Diese Entwicklung bestätigen weitere Banken. Sie verweisen auf ihre Resultate im 1. Quartal 2010. Aus ihnen wird ersichtlich: Trotz des multimedialen Abgesangs auf den Schweizer Finanzplatz verzeichnen viele Schweizer Banken nach wie vor einen regen Neugeldzufluss. Mit anderen Worten: Als Finanzdrehscheibe hat die Schweiz trotz UBS-Kontroverse und Steuerdebatte kaum etwas von ihrer Strahlkraft eingebüsst hat.

Der eigentliche Grund dafür liegt auf der Hand: Jetzt geht es nicht länger um das Versteckspiel von Schwarzgeld, sondern effektiv um Kapitalschutz, also um das Bemühen, den Wert des Ersparten in schwierigen Zeiten zu erhalten.

Angst vor «Weich-Währung»

Denn soviel steht fest: Viele Europäer haben spätestens seit dem 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket vor einer Woche das Vertrauen in ihre Regierungen verloren und bangen nun extrem, dass der Euro zur «Weich-Währung» verkommt, wie es in der «Welt am Sonntag» weiter heisst.

Wie stark ausländische Kunden an der Schweiz hängen, zeigt sich noch in anderer Hinsicht: Zwar raten offiziell verschiedene Banken ihren ausländischen Kunden, unversteuerte Vermögen nun per Selbstanzeige zu deklarieren. Doch in der Praxis tun das nach wie vor nur wenige, wie es in der Branche heisst und auch jüngste Zahlen belegen.

Selbstdeklaration zieht nicht

Gemäss landläufigen Schätzungen liegen etwa 300 Milliarden Franken an undeklarierten Geldern aus Deutschland in der Schweiz. Bislang dürften davon rund 30 Milliarden Franken weissgewaschen worden sein, wie die «Sonntagszeitung» am Wochenende berichtete.

Das sind indessen gerade einmal 10 Prozent der Gesamtsumme, was angesichts der enormen Anstrengungen, welche die deutschen Behörden bisher unternahmen erstaunlich gering ist. Offenbar wirkt die Einschüchterungstaktik aus Berlin und den einzelnen Bundesländern doch nur begrenzt, und viele Erfolgsmeldungen deutscher Behörden scheinen in erster Linie vor allem der Propaganda zu dienen.

Es wird abgewartet

Tatsächlich warten viele ausländische Kunden nach wie vor ab, wie aus Schweizer Bankenkreisen zu vernehmen ist. Dies gerade vor dem Hintergrund, dass die weitere Jagd nach Steuersündern, so auch in Frankreich und in anderen Staaten, alles andere als klar ist.

Zu sehr belasten nun andere Probleme wie die Euro-Krise und die galoppierende Staatsverschuldung die Aktualität. So verkommt die noch vor kurzem mit sehr viel Trara lancierte Hatz auf Bürger, die ihr Vermögens ins Ausland bringen, zu einem Nebenschauplatz.

Bankgeheimnis als kapitales Element

Oder aus hiesiger Sicht formuliert: Trotz des vielerorts angestimmten Abgesangs auf den Finanzplatz und sein Bankgeheimnis nimmt die Schweiz aufs Neue ihre Funktion als sicherer Hafen für ausländisches Kapital wahr. So, wie sie das schon seit vielen Jahrzehnten tut. Im Gegensatz zu früher kann sie dies nun aber mit noch grösserer Überzeugung tun, denn die ganze Kontroverse um das Schwarzgeld fällt weg.

Jetzt geht es effektiv um Vermögensschutz; das Schweizer Bankgeheimnis und das hiesige Know-how kommen so in reinster Form und sozusagen als «kapitales Element» zum Einsatz; von einem Ende des Bankgeheimnisses, wie es manche Kommentatoren im In- und Ausland in letzter Zeit mit grösster Inbrunst herbeigeschrieben haben, kann gar nicht die Rede sein.

 

 

 

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