Die Löhne einzelner Banker haben eine zu grosse Medienpräsenz. Dabei beziehen die meisten in der Branche vernünftige Löhne, schreibt Matthäus Den Otter.

Matthus_Den_OtterVon Matthäus Den Otter, Geschäftsführer der Swiss Funds Association

Prügelknaben waren im 15. und 16. Jahrhundert eine gängige Erscheinung. Sie waren Jungen niederen Ranges, die an Höfen anstelle des adeligen Nachwuchses bestraft wurden.

Zurzeit erleben wir eine Renaissance dieses Konzepts: Als «adeliger Sohn» trat beispielsweise die Regierung von Bill Clinton auf, die das Konzept «Affordable Housing» mit entsprechenden Gesetzesänderungen 2004 einführte.

Banken waren damit von der Pflicht entbunden, die Bonität der Hypothekenanwärter zu überprüfen und die Hypotheken in der Bankbilanz zu behalten.

Verhängnisvolle Deregulierung

Zusammen mit der Tiefzinspolitik der amerikanischen Notenbank, verantwortungslosen Immobilienmaklern und Investmentbankern, welche daraus Pakete schnürten, die sich als hochgiftiger Müll erweisen sollten, war das der Ursprung der Finanzkrise.

In den Medien und bei Politikern stehen nun aber nicht Clinton und die anderen für die damalige verhängnisvolle Deregulierung Verantwortlichen am Pranger, sondern die Banken und die Hedge Funds, und zwar als ganze Branche.

Überproportionale Medienpräsenz

Wer an einer fundierten Analyse dieser verhängnisvollen Spirale, die zur Krise führte, interessiert ist, sollte «Too Big to Fail» von Andrew Ross Sorkin, «On the Brink» von Hank Paulson (dem ehemaligen US-Finanzminister und früheren Goldman Sachs CEO) und «A Colossal Failure of Common Sense: The Inside Story of the Collapse of Lehman Brothers» von Lawrence G. McDonald (einem ehemaligen Händler von Lehman) und Patrick Robinson lesen.

Ausnahmen wie die hohen Saläre einzelner Manager geniessen derzeit eine überproportionale Medienpräsenz. Dabei geht fast vergessen, dass Hunderttausende von Mitarbeitenden in Finanzunternehmen vernünftige Löhne beziehen, ihrer Arbeit gewissenhaft nachgehen und mit dem ganzen Schlamassel nichts zu tun haben.

Ein aktuelles Beispiel für die Prügelknaben-Praxis und mediale Verzerrung liefert der Hedge-Fund-Manager John Paulson. Er gründete seine Hedge-Fund-Gesellschaft 1994 und war lange Zeit wenig bekannt.

Was machte John Paulson?

Im Juli 2006 lancierte Paulson einen Hedge Fund mit der Strategie, auf den Kollaps des Real-Estate-Kartenhauses zu setzen – den Credit Opportunities Fund. Er lag damit völlig richtig mit seiner Vermutung, dass die lockeren Standards bei der Vergabe von Hypotheken zu steigenden Kreditausfällen führen würden.

Diese Einsicht und die entsprechende Short-Strategie, mit denen man in fallenden Märkten verdienen kann, standen allen offen, wurden aber nur von wenigen Hellsichtigen genutzt. Im Jahr 2007 legte der Credit Opportunities Fund um 590 Prozent zu. Davon profitierten Paulson und seine Investoren.

Kein Hedge Fund mussste bisher gerettet werden

Dabei handelte es sich meist um sehr vermögende Privatpersonen und institutionelle Investoren, die sich der Risiken ihres Investments bewusst sind und Millionen investieren können. Wenn ein Hedge Fund Konkurs geht, verlieren diese Grossinvestoren ihren Einsatz und der Manager sein investiertes Geld – der Kleinsparer ist nie davon betroffen. Kein Hedge Fund musste bis anhin durch den Staat gerettet werden.

Die Schweiz hat die Finanzkrise vergleichsweise gut gemeistert und zeichnet sich in der Regel in der Politik und bei den Behörden durch Vernunft und Masshalten aus. Bei der grossen Lohnrunde 2009 liegen die Banken nicht etwa an der Spitze, sondern im Mittelfeld.

Keine Sondersteuern

Auch für die Anleger gibt es wieder positive Entwicklungen. So hat sich beispielsweise die Fondsbranche gut erholt und liefert wieder ansprechende Ergebnisse. Die gegenwärtigen Regulierungsvorhaben im In- und Ausland, welche helfen sollen, zukünftige Finanzkrisen zu vermeiden oder zu minimieren, dürfen nicht einseitig an Extremfällen aufgehängt werden.

Wir sollten unsere, nach der Finanzkrise sogar noch gestiegene Wettbewerbsfähigkeit nicht mit Sondersteuern für eine einzelne Branche mindern, sondern uns auf Massnahmen konzentrieren wie die Stärkung der Eigenmittel, die Leverage Ratio, höhere Liquiditätsanforderungen und die Durchsetzung des Aktienrechts.

Keine populistischen Forderungen

Hier sind die Politiker gefordert, von populistischen Forderungen Abstand zu nehmen und Augenmass zu behalten. Dies kommt dem Finanzplatz und damit der gesamten Schweizer Volkswirtschaft zugute.


Dieser Beitrag wird gleichzeitig publiziert in PRIVATE Ausgabe 3/2010 – Das Magazin für private und institutionelle Investoren.

 

 

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