Die USA haben mit der Wahl Donald Trumps ein Experiment geschaffen, das die Effekte wirtschaftspolitischer Massnahmen auf den Unternehmenswert testet, schreibt Alexander F. Wagner auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Das Wahlkampfversprechen von Donald Trump, klimapolitische Regulierungen der Obama-Administration aufzuheben und vom Pariser Abkommen zurückzutreten, stehen in starkem Kontrast zum Plan von Hillary Clinton, den Wandel zu einer nachhaltigeren Wirtschaft durch weitere Anreize und Regulierungen voranzutreiben.

Viele Analysten und Anleger wurden von der Wahl Trumps überrascht. Die Bewegungen einzelner Aktien in den Tagen unmittelbar nach der Wahl widerspiegeln daher – neben dem Effekt erwarteter Änderungen in der Steuer- und Handelspolitik – inwieweit sich gute Klimabilanzen und nachhaltige Unternehmensstrategien auf den Marktwert von Unternehmen auswirken.

«Eine neue Analyse kommt zu höchst erstaunlichen Erkenntnissen»

Auch die Ernennung von Scott Pruitt, einem Skeptiker des Klimawandels mit guten Beziehungen zu grossen Energiefirmen, zum Chef der US-Umweltschutzbehörde (EPA) war überraschend und kann als weiterer, besonders klarer Schock der Umweltpolitik verwendet werden. In diesem Sinne hat das amerikanische Stimmvolk mit der überraschenden Wahl Trumps ein natürliches Experiment geschaffen, um die Effekte verschiedener wirtschaftspolitischer Massnahmen auf den Unternehmenswert zu testen.

Bei der Analyse der Effekte dieser Wahl auf die Aktienkurse kommt eine neue Studie zu erstaunlichen Erkenntnissen. (Eine nicht-technische Beschreibung der Analyse findet sich unter diesem Link.) Die unmittelbaren Gewinner der Wahl Trumps waren tatsächlich Firmen, die in CO2-intensiven Branchen tätig sind. Insbesondere die Kohlen- und Stahlindustrie sowie Öl- und Gasproduzenten gewannen nach der Wahl deutlich an Wert. Für diese Unternehmen fallen Kosten weg, die durch neue Regulierungen unter einer Clinton-Regierung erwartet wurden und bereits in den Preisen enthalten waren.

«Weshalb kauften Investoren vermehrt Firmen mit einer hohen Klimaverantwortung?»

Doch in jeder Branche – auch den CO2-intensiven – gibt es Unternehmen, die sich für eine nachhaltige Klimastrategie engagieren. Die «Klimaverantwortung» misst dabei das Ausmass an freiwilligen Massnahmen, die von den Firmen getroffen wurden, um den Wandel zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft zu beschleunigen. Solche Massnahmen beinhalten beispielsweise Zielsetzungen zur Emissionsreduktion oder Investitionspläne zur Steigerung der Energieeffizienz.

Der überraschende Befund: Firmen mit hoher Klimaverantwortung erzielten am ersten Handelstag nach der Wahl eine um 0,46 Prozent höhere (risikoadjustierte) Rendite als vergleichbare Unternehmen in derselben Branche. Nach zehn Handelstagen betrug die Renditedifferenz 0,72 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich nach der Ernennung von Pruitt als Chef der US-Umweltbehörde: zehn Handelstage danach hatten verantwortungsvolle Unternehmen einen Vorsprung von 0,98 Prozent gegenüber sonst vergleichbaren Unternehmen.

Doch wie kam es zu diesen beachtlichen Unterschieden? Weshalb kauften Investoren vermehrt Firmen mit einer hohen Klimaverantwortung?

Eine Analyse des Anlegeverhaltens institutioneller Investoren in den Monaten rund um die Wahl zeigt, dass die Erwartungen der Anleger zur künftigen Firmenrentabilität entscheidend sind. Sie erwarten anscheinend, dass klimabewusste Unternehmen langfristig eine lohnende Investition sind und antizipieren einen Bumerang-Effekt, sobald die Trump-Regierung nicht mehr im Amt sein wird.

«Für einen «Wohlfühl»-Effekt von institutionellen Investoren findet die Studie keine Evidenz»

Dann würden die Umwelt-Regulierungen und die damit verbundenen Kosten umso stärker ansteigen. Es lohnt sich damit für langfristig denkende Investoren, schon heute in verantwortungsvoll handelnde Unternehmen zu investieren. Für einen eher psychologischen «Wohlfühl»-Effekt von institutionellen Investoren findet die Studie hingegen keine direkte Evidenz.

Diese Ergebnisse haben vier bedeutende Implikationen:

  • Erstens tun Investoren gut daran, auch weiterhin und noch mehr als bisher das Thema Klimaschutz zu berücksichtigen, da es für den Firmenwert relevant ist.
  • Zweitens können langfristige Investoren wie Pensionskassen kurzfristige Schwankungen in der Klimapolitik ignorieren und in ihren Portfolioallokationen langfristige Überlegungen abbilden.
  • Drittens haben Banken und Vermögensverwalter Möglichkeiten (und eine Verantwortung), durch passende Produkte die Bedürfnisse der Investoren abzudecken.
  • Viertens können Unternehmen darauf zählen, dass ihre Investitionen in Klimaschutz-Massnahmen vom Finanzmarkt sogar – und eben besonders – in der derzeitigen US-Umweltpolitik geschätzt werden.

Das gesamte wissenschaftliche Paper findet sich unter diesem Link.


Alexander F. Wagner ist Associate Professor für Finanzen am Swiss Finance Institute (SFI) und der Universität Zürich. Er erwarb einen Doktortitel in Political Economy an der Harvard University. Seine Forschung zu Unternehmensfinanzierung, Corporate Governance und Verhaltensökonomie ist in führenden akademischen Zeitschriften erschienen. Er ist Stiftungsratspräsident von SWIPRA und ist auch als unabhängiger Berater für PwC tätig.


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Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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