Eric Helderlé, Generaldirektor von Carmignac Gestion, über Schweizer Vermögensverwalter, die sich aus der Grauzone befreien und hohe Gebühren.

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Der gebürtige Elsässer Eric Helderlé gründete 1989 zusammen mit Edouard Carmignac die französische Fondsgesellschaft Carmignac Gestion, deren Generaldirektor er heute ist.


Herr Helderlé, wann lässt sich Carmignac Gestion in der Schweiz nieder?

Vorläufig nicht. Wir sind bereits nahe genug am Kunden. Wir veranstalten regelmässig Roadshows und sind mit unseren Sales-Leuten, die ihre Zentrale in Luxemburg haben, häufig in der Schweiz. Eine Präsenz hierzulande drängt sich vorerst nicht auf.

Ist der Finanzplatz Luxemburg attraktiver als die Schweiz?

Das würde ich nicht sagen. Luxemburg ist in der EU, was regulatorische Vorteile hat, und gilt als Drehscheibe für die Fondsindustrie. Das ist für unser Geschäft wichtig. Vom Private Banking her ist Luxemburg im internationalen Vergleich weniger bedeutend. Da hält die Schweiz die Marktführerschaft. Daran wird sich auch nichts ändern.


«Es ist nicht schlecht, dass sich der Nebel um das Bankgeheimnis lichtet»

Der Schweizer Finanzplatz steht allerdings unter Druck. Das Bankgeheimnis musste teilweise preisgegeben werden. Was macht Sie trotzdem so zuversichtlich?

Als Bankenplatz hat die Schweiz nach wie vor viel Potenzial. Die Beschäftigten sind äusserst kompetent. Sie verstehen ihr Geschäft. Dass sich der Nebel um das Bankgeheimnis lichtet, ist gar nicht schlecht. Steuerhinterziehung kann heute kein Geschäftsmodell mehr sein. Es braucht mehr Transparenz.

Das erfordert jedoch ein enormes Umdenken.

Natürlich, aber das traue ich den Schweizern zu. Darin liegt für viele Vermögensverwalter eine riesige Chance, dass sie sich aus dieser Grauzone befreien und künftig auf Augenhöhe mit ihren europäischen Konkurrenten im Wettbewerb stehen. Davon profitiert am Ende der Kunde. Auch bei den Gebühren wird man in der Schweiz noch Anpassungen nach unten vornehmen müssen. Die sind noch viel zu hoch.


«Carmignac ist ein ‹Hedge› in Krisenzeiten»

Wie differenziert sich Carmignac Gestion von seinen Mitbewerbern?

Wir zählen zu den führenden Fondsanbietern Europas und haben bei Vermögensverwaltern und Banken eine überdurchschnittliche Reputation. Nicht zuletzt, weil es uns gelingt, auch in schwierigen Zeiten gute Renditen zu erzielen. Das schätzen die Bankiers, darum wollen sie «Carmignac» in ihren Portfolios haben. Das ist ein Gütezeichen – ein Mehrwert und ein «Hedge» in Krisenzeiten.

Worin liegt das Erfolgsgeheimnis von Carmignac?

Sicherlich einmal in unserem exzellenten Risk-Management. Wir handeln extrem vorsichtig. Das mag in guten Zeiten sogar dazu geführt haben, dass wir eine tiefere Performance als unsere Konkurrenten erzielten. Umgekehrt könnte man den Eindruck haben, dass wir vor allem in schwierigen Zeiten besser sind. Doch insgesamt bewährt sich unser Anlagestil sowohl in guten wie in schlechten Börsenzeiten.

Woran erkennt man das?

In letzter Zeit hatten wir enorme Zuflüsse. Wir verwalten mittlerweile 43 Milliarden Euro. Auf Engagements in Griechenland oder Spanien haben wir schon früh verzichtet, weil wir diesen Volkswirtschaften nicht trauten. Umgekehrt setzen unsere Spezialisten sämtliche Finanzinstrumente, wie etwa Futures ein, um stabile Renditen zu erzielen – natürlich immer im Einklang mit den regulatorischen Vorschriften, insbesondere nach UCITS III.


«Verluste treffen uns unmittelbar»

Carmignac Gestion ist ein eher defensiver Wert. Ausschlaggebend für unseren Erfolg ist sicher die Tatsache, dass unser Firmengründer, Edouard Carmignac und die 18 leitenden Fondsmanager und Analysten sehr aufmerksam die Märkte verfolgen. Ausserdem steht das Unternehmen im Besitz der Geschäftsleitung und der Mitarbeiter. Damit sind sie unabhängig und übernehmen eine sehr grosse Verantwortung, da sie Verluste unmittelbar treffen.

Wo sehen Sie das grösste Problem der aktuellen Wirtschaftskrise in Europa?

Am Mangel einer koordinierten Wirtschaftspolitik. Wir haben eine Einheitswährung, aber keine koordinierte Wirtschafts- und Fiskalpolitik. So lassen sich Krisen nicht lösen. Ausserdem taktieren die Politiker nach ihrer jeweiligen Agenda.

Sind Sie pessimistisch?

Wir müssen uns auf ein paar schwierige Jahre einstellen. Denn bis die nun getroffenen Massnahmen greifen, wird einige Zeit verstreichen. Währenddessen stiegen die Ausgaben, gleichzeitig dürften Steuererhöhungen aber nicht leicht durchsetzbar sein. Vieles wird vertagt, was das künftige Wirtschaftswachstum zweifelsohne beeinträchtigen wird. Das könnte eine schwere Hypothek für unsere Kinder werden.

Worauf vertrauen Sie, dass es dereinst wieder besser geht?

Eine kalte Dusche kann gut sein, um endlich gemeinsame Interessen innerhalb der EU zu erkennen. Wir leben in einer freien Wirtschaftsordnung, in welcher der Markt uns manchmal brutal in Erinnerung ruft, was schief läuft. Wenn es gelingt, aus solchen Erfahrungen Lehren zu ziehen, kann die EU bis in ein paar Jahren ihre Probleme überwinden.


«In unseren Portfolios sind die Emerging-Markets seit mehr als 20 Jahren übergewichtet»

Das setzt allerdings mehr Effizienz und den Abbau staatlicher Schranken voraus, weil sie den Wettbewerb stören. Das gilt übrigens auch für die Schweiz. Wenn es ihr gelingt, die Krise um ihr Bankgeheimnis zu überwinden, wird sie stärker als je zuvor sein.

Die aktuelle Krise zeigt uns aber auch, dass die Weltwirtschaft künftig mehr denn je von den Schwellenländern angetrieben wird. Das ist mit ein Grund dafür, dass in unseren Portfolios Aktien aus diesen Staaten sowie Aktien von Unternehmen, die von dieser Entwicklung profitieren, übergewichtet sind. Und das schon seit mehr als zwanzig Jahren.

 


Eric_Helderl_2Eric Helderlé besitzt einen MBA der Iowa State University und war von 1984 bis 1987 an der Entwicklung des Portfolios der Versicherungsgesellschaft Trans Expansion (Tochtergesellschaft der Compagnie du Midi) beteiligt. 1987 übernahm er die Leitung der Entwicklung von Pyramide Gestion (Tochtergesellschaft des Hauses Hamant Carmignac), mit der Aufgabe, die Weiterentwicklung der Gesellschaft zu koordinieren. 1989 gründete er zusammen mit Edouard Carmignac Carmignac Gestion. Zudem ist er Präsident von Carmignac Gestion Luxembourg.

 

 

 

 

 

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