Weit gehen die Meinungen auseinander, wenn es darum geht, den Gesundheitszustand des Schweizer Finanzplatzes zu beurteilen.

Das kommt nicht von ungefähr, sorgen doch nach wie vor etliche Pendenzen permanent für Schlagzeilen. Interessant dabei, nicht alle Beobachter stufen die Entwicklung gleich dramatisch ein, wie an einem Seminar der Schweizerischen Bankiervereinigung gestern Dienstag in Bern zum Ausdruck kam.

Reputation intakt

In einer Diskussionsrunde wurden verschiedene Bankiers und Experten gebeten, eine Note von 1 bis 10 für den Gesundheitszustand des Finanzplatzes zu geben. 1 stand für dramatisch schlecht, 10 für sehr gut.

Eine 8 gab Urs Roth, CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung, indem er betonte, dass die Reputation des hiesigen Finanzplatzes trotz der verschiedenen Probleme weiterhin hervorragend sei und sich der Bankensektor mit einer Ausnahme (UBS) in einer glänzenden Verfassung präsentiere.

Stabile Kantonalbanken

Ebenfalls eine 8 gab Beat Oberlin, CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank, und betonte die Stabilität der schweizerischen Finanzbranche, was aus Sicht der Kantonalbanken nachvollziehbar ist, haben sie doch von der Krise markant profitiert. Oberlin erklärte weiter, dass die derzeitigen Veränderungen nicht nur negativ gesehen werden sollten, sondern auch als Chance – als Problem bezeichnete er indessen das schlechte Image der Banker in der Bevölkerung.

Ausländische Sicht

Deutlich strenger ging der deutsche Journalist Torsten Riecke, der für das Handelsblatt schreibt, mit dem Schweizer Finanzplatz ins Gericht und gab bloss eine 3. Er wiederholte die bekannten Schwachstellen in der Branche, so auch die anhaltenden Veränderungen beim Bankgeheimnis, der Druck vom Ausland sowie die Schwäche der UBS.

Selbstkritische UBS

Selbstkritisch gab sich Alain Robert, Executive Vice-Chairman beim UBS Wealth Management, der aus Schweizer Sicht eine 5 und aus ausländischer Sicht eine 9 gab, was im Durchschnitt eine 7 ergebe.

Er betonte, dass das Image im Ausland wesentlich besser sei, als es manch ein Schweizer hierzulande annehme. Wenig überraschend war, dass Robert bei seinem Votum auch betonte, dass die UBS auf Grund zahlreicher Reorganisationen bei weitem nicht mehr mit der «alten» UBS vergleichbar und entsprechend auf dem Weg der Besserung sei.

Ohne Politik besser

Sehr differenziert war das Urteil des grün-liberalen Nationalrats Martin Bäumle, der «objektiv» dem Finanzplatz eine 7 bis 8 gab, sofern man die Politik weglasse, ansonsten eine 2 bis 3. Bäumle unterstrich die stabile Verfassung der Branche wie auch der Schweiz selber; sie sei auch das einzige Land, das die Maastrichter Kriterien erfüllen würde, ohne selber der EU anzugehören.

Die UBS habe einen «Streifschuss» gekriegt, aber trotz der bedrohlichen Situation sei es der Schweiz gelungen, dieses Problem, nicht zuletzt dank der Schweizerischen Nationalbank, innert nützlicher Frist zu lösen. Dies müsse man der Schweiz erst einmal nachmachen.

Auch habe die Schweiz als wohl einziges Land auf der Welt Massnahmen (Eigenkapital, Vergütungssysteme, etc.) auf Grund der Krise getroffen, während es anderswo bloss bei Verlautbarungen geblieben sei.

Gute Infrastruktur

Kaum überraschend die 8 von Philip R. Baumann, Teilhaber der Basler Privatbank La Roche. Er verwies auf die gute Finanzinfrastruktur in der Schweiz sowie auf die Kompetenz der Mitarbeiter auf dem Finanzplatz.

Auf die Herausforderungen rund um das Bankgeheimnis ging er in dieser Runde nicht ein, was durchaus auch sinnbildlich ist für die Einstellung bei den klassischen Privatbanken.

 

 

 

 

 

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