Wird BlueOrchard von interessierten Investoren derzeit überschwemmt?

Impact Investing liegt im Trend. Unsere Erfahrung baut auf einem inzwischen 20-jährigen Track Record auf. Die Rendite ist sehr solide und Investoren, die über mehrere Jahre bei uns investiert sind, freuen sich über die dekorrelierte Asset-Klasse und stabile Renditen. Dank sorgfältiger Auswahl und Analyse unserer Investments bleibt Impact auch in Zukunft eine sehr attraktive Anlage.

Der BlueOrchard Microfinance Fund beispielsweise rentierte 2018 mit 4,7 Prozent (in Dollar). Die annualisierte Rendite beläuft sich auf 4,2 Prozent (in Dollar), wegen der Hedgingkosten nur 2,2 Prozent in Franken. Es war ein hervorragendes Jahr für Mikrofinanz-Investoren – die Produkte zeigten einmal mehr, dass sie von Turbulenzen an den Finanzmärkten verschont bleiben.

Den derzeitigen Boom im Impact Investing ist der globalen Finanzindustrie zu verdanken. Allein 2018 haben sich die Impact-Anlagen von 226 auf 502 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Ein Asset Manager oder ein Vermögensverwalter muss heute seinen Kunden Anlagen im Bereich Nachhaltigkeit oder Impact Investing bieten können. Die Gefahr dabei ist sogenanntes «Greenwashing»: Viele Finanzinstitute haben sich aus reinen PR- und Image-Gründen der Nachhaltigkeit verschrieben und Produkte lanciert, die einer genauen Prüfung kaum standhalten. 

An Armut fehlt es in der Welt sicherlich nicht. Ist es für BlueOrchard dennoch schwierig, geeignete Projekte zu finden, die in einem relativ stabilen politischen und regulatorischen Umfeld verfolgt werden können?

Es wäre natürlich schön, wenn der Markt für Mikrofinanz langsam austrocknen würde. Das ist leider nicht der Fall. Einerseits denke ich nicht, dass die Ungleichheit von arm und reich deutlich zurückgehen wird: Die offiziell festgelegten, sinkenden Armutsraten sind oftmals reine Augenwischerei. Anderseits ist es das Ziel der Entwicklungsbanken, Investitionskapazitäten für den privaten Sektor zu schaffen. So gesehen gibt es keine Probleme mehr, Kapital in diesen Sektor zu allozieren.

In einzelnen Märkten sind Kredit-Plattformen präsent, wo die Geldvergabe rein online funktioniert. Ist das eine Konkurrenz?

Das ist eine interessante Entwicklung. Vor drei bis vier Jahren sahen wir neue Online-Anbieter im Bereich Mikrofinanz, von denen wir annahmen, dass sie aufgrund ihrer tiefen Kostenstruktur erfolgreich sein würden. Wir haben aber beobachtet, dass viele dieser Plattformen eine überdurchschnittlich hohe Ausfallrate bei Rückzahlungen ausweisen.

Woran liegt das?

Der Grund dafür ist ist wohl die mangelnde persönliche Interaktion mit den Kunden. Die Folgen davon sind gerade im Bereich Mikrofinanz kontraproduktiv. Wegen der hohen Ausfallraten steigen auf diesen Plattformen die Zinsen. Das geht einerseits zu Lasten der zahlungsfähigen Kreditnehmern, die so das System solcher Plattformen aufrechterhalten.

Andererseits treiben die höheren Zinsen mehr Kreditnehmer in die Schuldenfalle. Darum bin ich gegenüber solchen, auf Schwellenländer ausgerichtete Lending-Plattformen äusserst skeptisch eingestellt.

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Besuch bei der Credo Bank in Tbilissi, einem der wichtigsten Partnerinstitute von BlueOrchard in Georgien. CEO Zaza Pirtskhelava (im Bild oben mit Peter Fanconi) hat das Kreditinstitut, das seit 2015 eine Banklizenz hat, zum Marktführer im Bereich Microlending in Georgien aufgebaut, zuletzt auch mittels Zukäufen von Kreditportfolios.

Rund 250 Millionen Dollar hat die Credo Bank bei etwa 290'000 Kunden ausstehend, die aus landesweit 68 Filialen betreut werden. Der Wettbewerb spielt umso härter, weil das Wachstum mit Neukunden deutlich abgeflacht ist. Credo, wo der Schweizer Mikrofinanzanbieter Responsability mit 20 Prozent Anteil Aktionär ist, will laut Pirtskhelava zu den aktiven Konsolidierern im Markt werden und mit dem Kauf von weiteren Portfolios wachsen.

Digitalisierung des Mikrokredit-Finanzwesens zur Optimierung der Rendite: Ist dies das Ziel von BlueOrchard?

Nein, wir setzen Digitalisierung zur Optimierung unserer betrieblichen Abläufe ein. Das führt vor allem zu tieferen Zinsen für die Kreditnehmer. Trotz der ansprechenden Renditen betreiben wir keine Ertragsoptimierung auf Kosten des Kreditnehmers. Das belegt unsere sehr tiefe Ausfallrate.

Fruechte Trocknen

(Georgischer Kleinunternehmer (rechts), der getrocknete Heidelbeeren verkauft)

Wie misst BlueOrchard den effektiven positiven Impact von Mikrofinanz in einem Land wie Georgien?

Auf nationaler Ebene ist dies nur schwer messbar. Der Anteil des Bruttosozialproduktes aus Mikrofinanz ist dafür zu klein. Wir messen aber den Impact direkt bei unseren Kreditnehmern. Bei jeder Vergabe eines Mikrokredits nehmen wir vor Ort Informationen zu seiner gegenwärtigen sozialen und ökonomischen Situation auf.

Während der Laufzeit pflegen wir Kontakt und sammeln weitere Informationen, sodass wir bei der Rückzahlung seine Daten vergleichen und exakt feststellen können, was der einzelne Mikrokredit in den verschiedenen Lebensbereichen wie Bildung, Gesundheit und Arbeit unseres Kunden bewirkt hat. Sie können sich nicht vorstellen, wieviel Freude uns diese Fortschritte bereiten.

Lesen Sie hier den ersten Teil des Interview mit Peter Fanconi: «Dann hätten wir unsere Arbeit nicht gemacht»


Peter Fanconi ist Verwaltungsratspräsident des Mikrofinanz-Spezialisten BlueOrchard. Der 52-jährige Jurist präsidiert zudem den Bankrat der Graubündner Kantonalbank und amtet als Vizepräsident des Verwaltungsrats der Deutschen Bank (Schweiz).

 

 

 

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