Kurzfristig sei mit einem starken Gegenwind bei den Bankaktien zu rechnen, glaubt Sotiris Boutsis von der Firma Fidelity. Und danach?

Boutsis_Sotiris_qSotiris Boutsis ist Fondsmanager des Fidelity Global Financial Services Fund und betreut darin rund 325 Millionen Franken an Kundengeldern.


Herr Sotiris, wie beurteilen Sie das makroökonomische Umfeld nach den jüngsten Turbulenzen in Europa?

Weil Aktien von Finanzunternehmen sensitiv auf das Wirtschaftswachstum reagieren, ist das makroöko-nomische Umfeld sehr wichtig bei der Beurteilung der Anlagen. Momentan herrscht grosse Verunsicherung über die weitere Entwicklung des globalen Wachstums.


«Eine Rezessionsphase hätte schlimme Folgen»
Die Anleger befürchten, dass das ohnehin fragile Wachstum durch die staatlichen Sparmassnahmen abgewürgt werden könnte, was wiederum zur Intensivierung des Problems führen würde. Eine Rezessionsphase hätte deshalb schlimme Folgen, da die Staaten bereits hoch verschuldet sind und ihnen keine Mittel mehr zur Verfügung stehen, Gegensteuer zu geben oder diese Schulden zu reduzieren.

Kurzfristig müssen wir darum mit starkem Gegenwind rechnen.


«Sobald sich die Wolken verzogen haben, werden sich die Finanztitel rasch erholen»

Die Sorgen um die Staatsverschuldung und einzelne Leitindikatoren deuten darauf hin, dass wir die längere Phase mit Seitwärtsbewegungen sowohl bezüglich globaler Wirtschaftsentwicklung als auch an den Aktienmärkten noch nicht abgeschlossen haben. Ich glaube jedoch, dass diese Situation für den mittelfristig orientierten Anleger attraktiv ist. Denn sobald sich die Wolken verzogen haben, werden sich Finanztitel rasch erholen.

Die Staatsverschuldung einiger europäischer Länder gibt vorläufig aber noch eher Anlass zur Besorgnis.

Die Griechenland-Krise hat zwei Aspekte: einerseits bestehen tatsächlich bedeutende wirtschaftliche Probleme in Griechenland und in anderen europäischen Staaten, wenn auch in kleinerem Ausmass, an-dererseits hat diese Krise politische Probleme in der Eurozone, bzw. der Gemeinschaftswährung zu Tage gebracht. Die starre Struktur der Eurozone erlaubt es keinem Land mehr, ihre Währung abzuwerten, um dadurch die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.


«Es besteht nach wie vor die grosse Gefahr eines Staatsbankrotts»

Einige finanzielle Schwierigkeiten wurden daher nur aufgeschoben und nicht gelöst. Obwohl Griechenland von der EU gestützt wurde, besteht nach wie vor die grosse Gefahr eines Staatsbankrotts. Sollte dies tatsächlich eintreffen, werden andere Länder wie Spanien oder Portugal unmittelbar im Fokus stehen. Deshalb ist es für diese Länder besonders wichtig, ihre Staatsfinanzen vor einem allfälligen Kollaps von Griechenland in Ordnung zu bringen.


«Die EZB hofft auf ein verstärktes Wachstum der Weltwirtschaft»

Die Europäische Zentralbank (EZB) übernahm bisher keine besonders aktive Rolle und wurde entsprechend kritisiert. Sollte die Volatilität der Aktienmärkte weiter zunehmen, könnte die EZB dazu gedrängt werden, ein Stimulierungsprogramm nach amerikanischem Vorbild zu entwickeln. Zudem geraten dann einige Banken unter Druck und werden Sanierungsmassnahmen einleiten müssen. Die EZB hofft hingegen weiter auf ein verstärktes Wachstum der Weltwirtschaft, welches die leidenden europäischen Länder aus ihrer Malaise bringen soll.

Wie verhalten Sie sich bezüglich dieser verschuldeten Länder?

Ich habe die europäischen Banken grundsätzlich untergewichtet, wenn auch nicht mehr so stark wie vor einigen Monaten. Zudem besteht meine Strategie darin, die «erste Angriffsreihe» zu vermeiden, das heisst, ich halte momentan gar keine Titel aus Griechenland, Portugal oder Irland.


«Intesa ist auf ein sehr attraktives Niveau gefallen»

Spanien und Italien habe ich nicht gänzlich ausgeschlossen, da es Italien erfolgreich gezeigt hat, wie man mit einer hohen Verschuldung im Vergleich zum Bruttosozialprodukt umgehen kann. Intesa beispielsweise ist auf ein sehr attraktives Niveau gefallen, das ich als kaufenswert erachte. Denn eines meiner Prinzipien besteht darin, nur Titel zu halten, von denen ich überzeugt bin, dass sie in meinem Ein- bis Zwei-Jahreshorizont eine zweistellige Entwicklung beweisen können.

Müssen wir uns zunächst aber noch auf eine zweite Welle von Bank-Konkursen gefasst machen?

Die letzten Monate waren für Finanzinstitute in der Tat sehr schwierig, da die Anleger auf Grund heftiger Diskussionen um regulatorische Veränderungen und den Schwierigkeiten einiger europäischen Länder stark verunsichert waren.


«Ich halte die jetzige Konsolidierung nicht für dramatisch»

Trotzdem ist der Finanzbereich noch immer derjenige Sektor, der seit dem Tiefstpunkt im März 2009 die beste Performance erzielt hat. Ich halte die jetzige Konsolidierung nicht für dramatisch und glaube, einige Unternehmen gefunden zu haben, die sich sehr gut entwickeln werden, sobald die Unsicherheiten aus dem Markt verschwunden sind.

Was sind Ihre Favoriten?

Die Emerging Markets bieten auch für Anlagen im Finanzsektor viel Potenzial, weshalb ich sie schon län-ger übergewichtet habe. Allerdings habe ich kürzlich Märkte wie Südafrika und Russland reduziert, weil sie sehr stark von Rohstoffen abhängen. Stattdessen habe ich die Engagements in der Türkei und Indien erhöht.


«Eine Favoritenrolle hat die Federal Bank»
Besonders gute Voraussetzungen für einen Bankenboom sehe ich in der Türkei, weshalb ich unter anderem die drittgrösste Bank, Turkiye Garanti Bankasi mit fünf Millionen Kunden, im Portefeuille halte. In Indien gehe ich davon aus, dass das organische Wachstum und der zunehmende Wohlstand sich auch auf die Banken positiv auswirken wird. Eine Favoritenrolle hat dort die Federal Bank, welche im Private Banking aktiv ist und sich bereits sehr gut entwickelt hat.

Sotiris Boutsis kam 2002 als Research Analyst zu Fidelity und betreute zuerst die Bereiche Transport und Konsumgüter in Europa. Später übernahm er den Bankensektor in Grossbritannien und Irland. Seit dem 1. Januar 2010 ist er verantwortlich für den Fidelity Global Financial Services Fund.

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.59%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.23%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.53%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.4%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.25%
pixel