In einem fragilen Marktumfeld können gewisse Trends länger anhalten, sich dann aber häufig brutal umkehren, schreibt Fiona Frick in ihrem Essay für finews.first


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Finanzmärkte durchlaufen seit einiger Zeit einen Paradigmenwechsel. Ursachen dafür gibt es verschiedene: die wirtschaftlichen Bedingungen, die Zentralbankpolitik und die Wahrnehmung der Anleger. Unter diesen Prämissen erfordert das aktuelle Umfeld einen deutlich selektiveren Ansatz bei der Risikoallokation, als dies in den vergangenen zehn Jahren der Fall war. Kurzum: Aktives Risikomanagement und Anpassungsfähigkeit sind heute unerlässlich. Doch was heisst das konkret?

In einer Konjunkturabkühlung sind Anlagen wie Aktien, Private Equity und Kreditanleihen mit Vorsicht zu behandeln. In früheren Abschwungsphasen wirkten Staatsanleihen als starker Diversifikator, aber ihr Hedge-Potenzial ist nun eher eingeschränkt. Anleger setzen daher vielfältigere Instrumente zur Diversifizierung ihrer Portfolios ein, damit sie ein anderes Engagement in Aktien und eine höhere Allokation in alternativen Anlagen erzielen.

«Ein aktiver Ansatz wird entscheidend sein, um den Übergang zu bewältigen»

Da Wendepunkte im Markt lange dauern können, ist es wichtig, vorsichtig in Wachstumswerte wie Aktien zu investieren. Eine steigende Volatilität und ein langsameres Gewinnwachstum in den nächsten Jahren dürften das Interesse der Anleger an reinen Markt-Beta-Exposure dämpfen und zu einer grösseren Differenzierung der Renditen führen. Ein aktiver Ansatz wird entscheidend sein, um den Übergang zu bewältigen.

Investitionen in diversifizierte Portfolios hochwertiger Aktien mit angemessener Bewertung, die besser aufgestellt sein dürften, wenn sich der Zyklus vom Aufschwung in die Rezession bewegt, werden dabei bevorzugt. Der dynamische Einsatz von Hedges zur Reduzierung des Aktienrisikos bei steigender Wahrscheinlichkeit von Marktstress bietet sicherlich einen guten Weg, um die Aktien-Risikoprämie zu erfassen und gleichzeitig Abwärtsrisiken zu widerstehen und so die positive Rendite-Asymmetrie zu erhöhen.

«Private Equity ist eine Anlagenklasse, die im nächsten Zyklus hohe einstellige Renditen erzielen dürfte.»

Für Anleger, die eine kosteneffiziente und transparente Diversifizierung ihres Portfolios anstreben, bieten liquide alternative Risikoprämien-Strategien (ARP) eine attraktive Lösung, die langfristig positive Renditen mit sehr geringer Korrelation zu Aktien und Anleihen erzielen. Im Mittelpunkt der Risikoprämien-Anlage ist die Idee, dass die Anleger, anstatt Vermögenswerte zu kaufen, für die Übernahme von Risiken entschädigt werden.

Eine Risikoprämie ist die Belohnung für das Eingehen eines spezifischen Anlagerisikos. Der Vorteil von ARP-Strategien ist, dass sie durch Long-/Short-Positionen einen Grossteil der Marktdirektionalität beseitigen, um ein reineres Engagement in den gewünschten Risikoprämien zu erreichen und die Diversifizierung zu verstärken.

Eine selektive Zuteilung zu Private Equity bietet auch viel Potenzial zur Verbesserung der Performance des Gesamtportfolios. In der Vergangenheit hat sich Private Equity in einem spätzyklischen Umfeld gut behauptet und war ein effektiver Schutz gegen die steigende Inflation. Sie ist auch eine der wenigen Anlagenklassen, die im nächsten Zyklus hohe einstellige Renditen erzielen dürften.

«Das kann zu selbsterfüllenden Prophezeiungen und einem fragileren Umfeld führen»

Die Breite des Marktes ermöglicht es Anlegern heute, ihr Engagement sorgfältig zu steuern, um defensivere Sektoren oder solche, die von langfristigen Trends profitieren, zu bevorzugen. Es wird wichtig sein, in Unternehmen zu investieren, die dank ihrer starken Marktposition, ihres Management und ihrer Finanzen selbst widerstandsfähig sind.

Investoren tun gut daran, aufgrund der sich ändernden Marktdynamik bei der Risikoallokation längerfristig denken. Das extreme Wachstum regelbasierter Anlagestrategien führt zu mehr Homogenität im Verhalten der Marktteilnehmer. Das kann zu selbsterfüllenden Prophezeiungen und einem fragileren Umfeld führen, in dem Markttrends länger anhalten, sich aber häufig brutaler umkehren.

In diesem Szenario sollten Anleger bereit sein, höhere Tracking-Fehler und längere Perioden relativer Underperformance zu akzeptieren, um langfristig eine Outperformance zu erzielen. Die Wahl eines langfristig orientierten Ansatzes ist eine der wenigen echten Chancen, die Anleger nutzen können. Es erfordert aber, sich gegen die Menge zu stellen und den zu Mut haben, weit genug vorauszublicken.


Fiona Frick ist seit 2011 Group CEO von Unigestion. Sie begann ihre Karriere 1990 bei Unigestion als Analystin für traditionelle Anlageklassen und später als Investmentmanagerin für Obligationenfonds. Im Jahr 1995 entwickelte sie einen Anlageprozess, der auf der «Anomalie der minimalen Varianz» beruht. Sie hat einen Master in Betriebswirtschaft vom Institut Supérieur de Gestion in Paris und einen Abschluss in Literatur und Philosophie von der Universität Dijon. Sie ist Mitglied des Verwaltungsrats von Sustainable Finance Geneva.


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