Der Kundenberater ist die Vertrauensperson des Bankkunden. Er besitzt das Finanz-Know-how und hilft dem Kunden, seine finanziellen Ziele zu erreichen. Dabei vertritt der Kundenberater stets die Interessen des Kunden. Ist das wirklich immer der Fall?, fragt Matthias Hunn in seinem exklusiven Beitrag für finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Informationsasymmetrien sind vor allem in der medizinischen Versorgung ein grosses Thema. Hat der Patient Bauchschmerzen und weiss nicht, was zu tun ist, konsultiert er seinen medizinischen Berater, sprich einen Arzt. Der Arzt wiederum wird das Problem analysieren und eine Lösung, sprich Therapie, vorschlagen.

Dabei hat der Arzt auf Grund seines Informationsvorsprungs die Möglichkeit, das Ausmass der medizinischen Beratung zu beeinflussen und am Verkauf von Medikamenten Geld zu verdienen. Er kann dem Patienten vorschlagen, sich in zwei Tagen nochmals zur Kontrolle in der Praxis einzufinden oder kann so verbleiben, dass sich der Patient nur meldet, wenn die Therapie innert zwei Tagen nicht anschlägt.

«Die Preise von Private-Banking-Dienstleistungen sind nicht öffentlich bekannt»

Dem Patienten wird es meistens unmöglich sein, zu beurteilen, welches Vorgehen für ihn sinnvoller ist. Der wenig ausgelastete Arzt kann sich so bei Bedarf weitere Einnahmen sichern. Eine bekannte Massnahme gegen diese angebotsinduzierte Nachfrage ist die Begrenzung der Zulassung von Arztpraxen.

Da Beratungstermine im Private Banking nicht wie bei Ärzten in Minuten abgerechnet werden, zeigen sich auch die Symptome der Informationsasymmetrie anders. Es gilt, ausgewiesene und versteckte Kosten zu beachten. Auf Grund der Verschwiegenheit der Anbieter sind die Preise von Private-Banking-Dienstleistungen nicht öffentlich bekannt.

«Selbst Fachleute finden kaum heraus, welche Marge in ein Strukturiertes Produkt eingebaut wird»

Konkret: Privatbanken stellen ihre Preisbroschüren nicht ins Internet. Damit ist es für unerfahrene Kunden schwierig zu beurteilen, ob der angebotene Preis für Beratungsdienstleistungen oder die Vermögensverwaltung fair ist. Dies insbesondere, weil diese Preise meistens von der Höhe des Vermögens, der gewählten Strategie und teilweise auch noch von der gewünschten Beratungsintensität abhängig sind. Kunden mit wenig Know-how laufen so Gefahr, für die Dienstleistungen einen zu hohen Preis zu bezahlen.

Immerhin werden die Kosten für die Beratung und die Vermögensverwaltung gegenüber den Kunden offen ausgewiesen. Viele Anbieter verstecken daneben weitere Kosten in den Produkten, die sie den Kunden empfehlen. Selbst für Fachleute ist es kaum möglich, herauszufinden, welche Marge zum Beispiel in ein Strukturiertes Produkt eingebaut wurde, denn wer kann schon beurteilen, ob eine bestimmte Option fair bepreist wurde. Je komplexer die verwendeten Produkte, desto grösser die Informationsasymmetrie und desto vielfältiger die Möglichkeiten, zusätzliche Marge einzubauen.

«Wer hohe Gewinne anstrebt, gerät stärker in Versuchung als ein Anbieter mit einem langen Zeithorizont»

Es ist für Finanzdienstleister dank der Informationsasymmetrie heute relativ einfach, sowohl offen als auch versteckt die eigene Marge zu Lasten der Kunden zu erhöhen. Damit stellt sich die Frage, welches die Treiber dafür sind, diese Machtposition tatsächlich auszunutzen.

Hier springt als erstes natürlich das Ziel der Gewinnmaximierung ins Auge. Wer kurzfristig möglichst hohe Gewinne anstrebt, gerät stärker in Versuchung als ein Anbieter mit einem langen Zeithorizont. Für manche Bankkunden wäre es heilsam, eine Jahrespressekonferenz zu verfolgen, an der das Management stolz aufzeigt, wie es die Kundenmargen erhöhen konnte.

«Unzufriedene Kunden sollten sich nach der Bemessung der Vergütung erkundigen»

Spezielle Beachtung verdient das Vergütungssystem. Anbieter, die ihren Beratern hohe Boni für den Verkauf möglichst vieler eigener Produkte bezahlen, haben klar nicht das Wohl der Kunden im Blick. Aber auch auf den ersten Blick harmlose Vergütungskomponenten können schnell problematisch werden: Ein Berater, dessen Bonus auf der Höhe der betreuten Kundenvermögen beruht, wird kaum einem Kunden raten, die Hypothek zurückzuzahlen und damit das betreute Vermögen zu schmälern.

Kunden, die den Verdacht hegen, dass ihr Berater nicht in ihrem Sinne handelt, sollten sich nach der Bemessung der Vergütung erkundigen. Idealerweise schriftlich, um nicht mit Vernebelungspetarden abgespeist zu werden.

«Leider überschätzen die meisten Kunden die Komplexität eines Bankwechsels»

Zeigten sich in den vergangenen Jahren Probleme im Finanzdienstleistungsgeschäft, liess der Ruf nach dem Regulator selten lange auf sich warten. Lässt sich die Informationsasymmetrie wegregulieren? Teilweise ja, Anbieter könnten gezwungen werden, ihre Preise im Internet zu veröffentlichen oder Produktmargen auszuweisen.

Allerdings ist der Ermessensspielraum gerade bei letzterem Thema so immens, dass die Regulierung kaum etwas bewirken würde. Der Wettbewerb ist sehr wohl im Stand, das Problem zu lösen. Entscheidend ist das Verhalten der Kunden, die sich zumindest minimal um Fragen rund um ihre Finanzen kümmern müssen. Bei Unzufriedenheit die Faust im Sack zu machen, bringt niemanden weiter.

Leider überschätzen die meisten Kunden die Komplexität eines Bankwechsels und es ist nur wenigen bewusst, dass die meisten Anbieter einen Grossteil der Wechselkosten für Neukunden übernehmen.


Matthias Hunn ist Gründer und Geschäftsführer von FinGuide. Die Firma unterstützt Private-Banking-Kunden, den am besten zu den eigenen Bedürfnissen passenden Vermögensverwalter zu finden. Hunn verfügt über 35 Jahre Erfahrung im Schweizer Finanzmarkt. Vor der Gründung von FinGuide verantwortete er während zehn Jahren Produkte, Preise und das Marketing bei der Migros Bank. Er studierte Betriebswirtschaft an der Universität Zürich und arbeitete während und nach dem Studium in verschiedenen Funktionen für die Credit Suisse.


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