UBS-Topmanager Tom Naratil erinnert sich in seinem sehr persönlich gefärbten Beitrag auf finews.first an ein denkwürdiges Eishockeyspiel vor vierzig Jahren, das eindrücklich aufzeigt, wie das scheinbar Unmögliche manchmal möglich wird.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Vor vierzig Jahren studierte ich in Yale und stellte mich mit meinen Freunden auf einen gewöhnlichen Freitagabend im Speisesaal ein. Als Eishockeyfans wussten wir, dass an diesem Abend der Halbfinal zwischen den USA und der Sowjetunion an den Olympischen Winterspielen von 1980 in Lake Placid stattfand.

Weil das Spiel nicht live, sondern mit fünf Stunden Verspätung – zur Prime Time – am Fernsehen gezeigt wurde, und wir uns bewusst waren, dass die Sowjets gegenüber dem US-Team, das überwiegend aus Amateuren bestand, stark favorisiert waren, hatten wir nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Darum verfolgten wir das Spiel auch nicht am Radio.

Doch im Laufe des Abends wurde die Überraschung immer grösser und der Jubel immer lauter. Und plötzlich stürmte jemand mit der Nachricht in unseren Schlafsaal: Die mutigen US-Spieler – meist College-Kids aus Massachusetts, Michigan, Minnesota und Wisconsin – hätten das Undenkbare geschafft und die mächtigen Sowjets mit 4:3 geschlagen.

«Für meine Studienkameraden, die während des Kalten Kriegs aufgewachsen waren, war dieser Sieg ein unvergesslicher Moment»

Das «Miracle on Ice» (dt. das Wunder auf Eis) avancierte umgehend zu einem wichtigen Kapitel der US-Sportgeschichte, indem die Euphorie von damals noch viele Jahre weit über die eisigen Kiefer von Lake Placid hinausreichte. Der unvergessliche Ansporn des populären Sportreporters Al Michaels, als die letzten Sekunden der Spieluhr abgelaufen waren, hallte noch lange in unseren Ohren nach.

Für meine Studienkameraden, die während des Kalten Kriegs geboren und aufgewachsen waren, war dieser Sieg ein historischer Moment. Über die Jahre habe ich oft an dieses Spiel zurückgedacht und daran, wie genau es der amerikanische Cheftrainer Herb Brooks geschafft hatte, mit einer Reihe von Amateurspielern die (Eishockey-)Welt auf den Kopf zu stellen.

Wenn ich mich heute, genau 40 Jahre später, auf diesen Triumph zurückbesinne, kommen mir drei Schlüsselprinzipien in den Sinn, die die Art und Weise prägen, wie dieses Team damals an seine Aufgabe heranging. Es ist bester Anschauungsunterricht für jede Führungsperson oder Organisation, die danach strebt, ihre Leistungen zu übertreffen.

1. Stellen Sie das richtige Team zusammen

In den Monaten vor den Olympischen Winterspielen von 1980 hatte Trainer Brooks seine Spielerliste bewusst und methodisch aufgebaut. Er konzentrierte sich dabei auf die Jugend. Dabei wählte er eine Kerngruppe von Spielern aus, die er an der Universität von Minnesota trainiert hatte, und ergänzte diese mit Spielern aus konkurrierenden Schulen, die einzelne Lücken füllten.

Statt nach einem einzigen Spielertypus zu suchen, stellte Brooks eine Mannschaft mit Persönlichkeiten, Spielstilen und Fähigkeiten zusammen, die zwar unterschiedlich, aber komplementär waren, und die die Stärken der jeweils anderen Spieler hervorhoben.

2. Spielen Sie Ihr Spiel

Brooks lehrte sein Team, als Einheit zu spielen, wobei er sich auf die Grundlagen und die Ausführung seines eigenen Spielplans konzentrierte – unabhängig davon, was der Gegner gerade tat.

Brooks wusste auch, dass man in der «Hexenkessel»-Atmosphäre der Olympischen Spiele leicht abgelenkt und überwältigt werden konnte. Sein unerbittliches Mantra für seine Mannschaft, das er in den Schlussminuten des Sieges über die Sowjets immer wieder zum Besten gab, lautete: «Spiel Dein Spiel». Brooks wusste, dass seine Spieler, sofern sie Vertrauen in ihre Fähigkeiten, in ihre Strategie und ineinander besassen, gemeinsam Grosses leisten konnten.

3. Träume gross

Ihr unerschütterlicher Glaube aneinander ermöglichte es den US-Spielern, mehr als nur die Summe ihrer individuellen Fähigkeiten zu sein. Und es war Brooks, dem zu Recht das Verdienst zugeschrieben wird, die Amerikaner dazu inspiriert zu haben, in sich zu gehen und die zusätzliche Energie zu finden, um mehr zu erreichen, als es jemand überhaupt je für möglich gehalten hätte.

Brooks war ein feuriger Verfechter seiner eigenen Vision und der Fähigkeit, seine Mannschaft dazu zu bringen, sich selbst auf ein höheres Niveau zu hieven und besser als je zuvor zu spielen.

Selbst vierzig Jahre nach dem Sieg der US-Mannschaft über die Sowjets – und der Goldmedaille zwei Tage später – sind die Erinnerungen an Lake Placid noch immer sehr lebendig in mir. Und für Trainer Brooks und die gesamte Mannschaft ist das von ihnen geschaffene Vermächtnis ein grossartiges Beispiel dafür, dass manchmal das scheinbar Unmögliche möglich ist.


Tom Naratil ist Co-President Global Wealth Management (GWM) sowie President Americas der UBS; in diesen beiden Funktionen gehört er der Konzernleitung der Schweizer Grossbank an. Der Amerikaner hat seine gesamte 36-jährige berufliche Tätigkeit bei der UBS absolviert, begonnen hat er als Praktikant, bevor er verschiedene Führungspositionen in den USA und auf globaler Ebene übernahm.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Peter Hody, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Zsolt Kohalmi, Karin M. Klossek, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Fabrizio Pagani, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Beat Wittmann, Ken Orchard, Michael Welti, Christian Gast, Didier Saint-Georges, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Gérard Piasko, Fiona Frick, Jean Keller, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Ralph Ebert, Lars Jaeger, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann und Guy de Blonay.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.19%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.54%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.42%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.23%
pixel