Eine Studie von McKinsey vergleicht die Anlageresultate von Schweizer Pensionskassen mit ihren Pendants aus Holland und Kanada. Der Vergleich sorgt seit Jahren für Diskussionsstoff, wie Tobias Müller in seinem Essay auf finews.first feststellt.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Resultate waren wenig überraschend. Die Kassen aus Holland und Kanada schneiden im Durchschnitt besser ab als die Schweizer Institute – in Zahlen: 0,9 Prozent respektive 0,6 Prozent unter Berücksichtigung der unterschiedlichen langfristigen Anlagestrategien. Die von McKinsey identifizierten Erfolgsfaktoren für die höheren Renditen werden von einigen wenigen sehr grossen Kassen mit 50 Milliarden Franken und mehr erfüllt: Sie können sich auf allen Ebenen professionelle Strukturen leisten, ziehen erfahrene und strategisch denkende externe Stiftungsräte an, können talentierte Investment-Professionals aus der Asset Management-Branche abwerben und haben vielfältigere Möglichkeiten bei Anlagen.

Dank dieser idealen Bedingungen kommen sehr gute Renditen zustande, respektive so kann der «Net Value Added» gemäss der Studie von McKinsey erzielt werden. Grund für die besseren Renditen sind unter anderem auch tiefere Kosten pro investierten Franken: beispielsweise dank der internen Verwaltung oder der Verhandlungsmacht gegenüber Asset Managern.

«Der Ruf nach Kosteneffizienz wiederholt sich ständig, wird aber zumeist mit Kostensenkungen gleichgesetzt»

Die beschriebene Problematik braucht jedoch praxisorientierte Lösungen, die sich an der heterogenen Pensionskassenlandschaft in der Schweiz orientieren müssen. Zum Beispiel ist die Kritik an den BVV2-Richtlinien nur bedingt nützlich, denn schon heute übernehmen Stiftungsräte Verantwortung, und 50 Prozent der Kassen greifen auf den Erweiterungsartikel des BVV2 zurück, um ihre Anlagestrategie umsetzen zu können. Auch der Ruf nach Kosteneffizienz wiederholt sich ständig, wird aber zumeist mit Kostensenkungen gleichgesetzt.

Dies schadet jedoch häufig der Umsetzungsqualität (Indexieren ineffizienter Anlageklassen wie Emerging Markets oder gar das Auslassen von Private Markets aufgrund fehlender Indexierungsmöglichkeiten). Ausserdem verhindert die Optimierung bestehender Strukturen (inklusive externer Dienstleister) aus Kostengründen die Ausrichtung auf eine professionellere Verwaltung mit einer Gesamtsicht.

«Sehr wirksam sind Anlageprojekte, bei denen mehrere Kassen zusammenspannen»

Wie lassen sich also die Empfehlungen der McKinsey-Studie auf Schweizer Kassen anwenden? Es gilt, den Fokus zu schärfen und sich zuerst auf die Erfolgsfaktoren zu konzentrieren, die unabhängig von der Grösse der Pensionskasse implementiert werden können: Strukturen, die eine gute Investment-Governance fördern und die Formulierung klarer Investment-Beliefs können dabei nicht genug gewürdigt werden und sind mit relativ einfachen Mitteln verbesserbar.

Beispiele dafür sind, dass der Stiftungsrat einen langfristigen Anlageplan entwickelt, oder dass die Transparenz bezüglich Anlagen und Anlageentscheiden erhöht wird. Ebenfalls sehr wirksam sind Anlageprojekte, bei denen mehrere Kassen zusammenspannen und so ihre Ressourcen teilen und die Verhandlungsmacht gegenüber Asset Managern gestärkt werden kann. Dies wird bereits von einigen Kassen erfolgreich umgesetzt und sollte weiter gefördert werden.

Daneben hängen jedoch viele Erfolgsfaktoren stark von der Grösse der Kasse ab. Die Infrastruktur für Risk-Management-Systeme und das Einstellen von mehreren Spezialisten für die interne Verwaltung der verschiedenen Anlageklassen ist teuer, sofern überhaupt genügend Personen auf dem Markt sind. Um Skaleneffekte nutzen zu können, müssen Kassen stark wachsen. Der Weg dahin kann aber nicht einfach von anderen Ländern kopiert werden. Wenn man die Entwicklung der Pensionskassen-Landschaft in Holland und Kanada beobachtet, wird man feststellen, dass der Regulator dabei jeweils eine wichtige Rolle spielte. Vor allem in Holland hat dieser die Konsolidierung der Anzahl Pensionskasse geradezu forciert, in dem er unter anderem die Professionalisierung der Stiftungsräte stark getrieben hat.

«Anders als in Holland und Kanada kennen wir keine solche Superbehörde»

Im Schweizer System, das von Föderalismus geprägt ist, gestaltet sich dies schwieriger: Anders als in Holland und Kanada kennen wir keine «Superbehörde», die alles von oben regelt. Ausserdem sind solche Organisationen auch nicht unfehlbar und treffen teilweise praxisferne und nicht zielführende Massnahmen: So hat er Ruf nach Kosteneffizienz in Holland beispielsweise dazu geführt, dass ausser den grossen Kassen niemand mehr das Potential der «Private Markets» nutzen will, aufgrund der Angst vor hohen Kosten – trotz guter Nettorendite: Kostenminimierung steht über der Maximierung der Nettorendite.

Auch in der Schweiz findet eine Konsolidierung statt und wird dazu führen, dass zunehmend professionelle Anlageteams für effizientere Umsetzungen sorgen. Auf dem Weg dahin und für die Kassen, die nicht unbedingt an dieser Entwicklung teilnehmen wollen oder können, gilt es aber, umsetzbare Lösungen zu finden. Aufbauend auf der bereits erwähnten Investment-Governance und den Investment-Beliefs, sollten sich Kassen auf die strategischen Entscheide fokussieren, die wichtig für den langfristigen Erfolg sind, wie die Erarbeitung der Anlagestrategie.

«Ein Umdenken ist nötig, hin zu höheren Ansprüchen, was die Verwaltung von Vorsorgevermögen betrifft»

Andere Aktivitäten, die entweder nicht von strategischer Bedeutung sind und bei denen sie sich nicht selbst an der Spitze sehen, ist eine Delegation an externe Dienstleister zu prüfen, die nicht nur punktuell oder beratend eingesetzt werden, sondern eine integrale Rolle im Anlageprozess wahrnehmen. Dafür ist ein Umdenken nötig, hin zu höheren Ansprüchen, was die Verwaltung von Vorsorgevermögen betrifft. Es gibt genügend erfolgreiche Beispiele im In- und Ausland, an denen man sich orientieren kann.


Tobias Müller ist seit Mai 2019 bei Corestone im Bereich Investment Solutions für Schweizer Pensionskassen und institutionelle Kunden tätig. Er arbeitete zuvor für Mercer in der Funktion des «Wealth Leader Switzerland», in der er das Team der Pensionskassenberater führte. Vor seiner Zeit als Investment Consultant war er zehn Jahre in unterschiedlichen Positionen im Asset Management tätig, unter anderem für die Firma GMO, für die er Schweizer Pensionskassen betreute. Er ist CFA und CAIA Charterholder.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Peter Hody, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Zsolt Kohalmi, Karin M. Klossek, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Fabrizio Pagani, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Beat Wittmann, Ken Orchard, Michael Welti, Christian Gast, Didier Saint-Georges, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Gérard Piasko, Fiona Frick, Jean Keller, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Ralph Ebert, Lars Jaeger, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Guy de Blonay, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps und Santosh Brivio

 

 

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.58%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.19%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.58%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.38%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.27%
pixel