Der schweizerische Immobilienbesitz ist breit gestreut. Eine Studie zeigt, dass kleinere und mittlere Bestände zu wenig professionell geführt werden.

Markus_SchmidigerVon Markus Schmidiger, Studienleiter MAS Immobilienmanagement, Hochschule Luzern

Der schweizerische Immobilienbestand von rund 1'300 Milliarden Franken ist breit gestreut. Neben den Besitzern von ein bis zwei Mehrfamilienhäusern gibt es überraschend viele kleinere und mittlere Portfolien in privater Hand. Privatinvestoren mit Immobilien im Wert von 20 bis 200 Millionen Franken sind keine Seltenheit. Auch Pensionskassen halten häufig 10 bis 20 Prozent ihrer Assets in Immobilien.

Ein eigenes Assetmanagement lohnt sich aus finanziellen Gründen erst ab einer Portfoliogrösse von 500 bis 600 Millionen Franken. Für die Besitzer von kleineren Portfolien stellt sich deshalb die Frage, wie Sie ihr Portfolio professionell führen können, ohne dass ausufernde Kosten die Rendite wegfressen.

Krasse Führungsunterschiede

Eine Studiengruppe an der Hochschule Luzern untersuchte 2009 im Rahmen einer Masterarbeit das Immobilienmanagement von Pensionskassen und kam dabei zu interessanten Ergebnissen im Bezug auf die Führung des Immobilienbestandes*.

Interessant sind besonders die Unterschiede im Immobilienmanagement zwischen den beiden Gruppen mit jeweils mehr oder weniger als 500 Millionen Franken direkten und indirekten Immobilienanlagen. Die Situation bei privaten Immobilienbesitzern dürfte aufgrund der Praxiserfahrung derjenigen der untersuchten Pensionskassen stark ähnlich sein.

Überalterter Immobilienbestand ohne klare Unterhaltsstrategie

Die Studie zeigt, dass insbesondere Portfolien kleinerer Pensionskassen tendenziell einen älteren Immobilienbestand aufweisen. 20 Prozent der kleineren Immobilienbesitzer weisen einen hohen Altbestand auf.

Während 100 Prozent der grossen Besitzer über Unterhalts- und Sanierungsbudgets verfügen, nehmen 24 Prozent der kleineren Immobilienbesitzern Sanierungen nur bei Bedarf (oder im äussersten Notfall?) vor. Der Sanierungs- und Unterhaltsaufwand ist jedoch aufgrund des älteren Bestandes mehr als doppelt so hoch wie bei den professionell geführten Grossbesitzern.

Fehlende Unterhaltsbudgets deutend darauf hin, dass der Bauzustand und damit der kommende Mittelbedarf zur Erhaltung der Marktfähigkeit einer Immobilie zu wenig bekannt ist. Damit befindet sich der Immobilienbesitzer sowohl bezüglich Kapitalbedarf  und Cash Flow als auch bezüglich künftiger Ertragspotentiale seiner Objekte quasi «im Blindflug».

Zuwenig zukunftsorientierte Bewertungen

Während 70 Prozent der grossen Besitzer ihre Objekte mittels der Discounted-Cash-Flow Methode bewerten, welche insbesondere die künftigen Ertrags- und Kostenströme betrachtet, wenden 63 Prozent der kleinen Besitzer andere, in der Regel gegenwarts- oder sogar vergangenheitsorientierte Bewertungsmethoden an. Diese Fortschreibung der Vergangenheitsdaten in die Zukunft ist insbesondere bei älteren Objekten irreführend und vermittelt häufig ein zu positives Bild.

Wenn man bedenkt, dass von den kleineren Besitzern nur 46 Prozent ihre Immobilien grundsätzlich extern Bewerten lassen, während die anderen intern bewerten  und diese Bewertung bestenfalls periodisch durch externe Experten überprüfen lassen, stellt sich die Frage, wie nachhaltig die in den Bilanzen aufgeführten Zahlen sind.

Qualitative Objektbewertungen wie z.B. Objektratings, die auch weiche Faktoren wie die Standortentwicklung, die Grundrissqualität oder die Marktgängigkeit berücksichtigen werden von 87 Prozent der grossen Besitzer, aber von lediglich 42 Prozent der kleinen Besitzer angewandt.

Ungenügende Führung des operativen Geschäfts

Immobilien brauchen eine intensive Betreuung. Diese wird in der Regel an externe Bewirtschaftungsfirmen ausgelagert. Nur 73 Prozent der grossen und 60 Prozent der kleinen Objektbesitzer geben ihren externen Partnern Vorgaben zur Objektstrategie. Die übrigen überlassen das Schicksal der Immobilie ungeführt dem Talent des Bewirtschafters. Lediglich 31 Prozent der grossen und sogar nur 18% der kleinen Objektbesitzer machen Vorgaben zum Soll-Mietzins. Damit werden an vielen Orten die möglichen Marktpotentiale nicht ausgeschöpft.

Vordergründig scheint bei tiefen Leerständen aufgrund unterdurchschnittlicher Mieten alles in Ordnung zu sein. In der Realität gehen aber aufgrund unausgeschöpfter Mietzinsreserven grosse Ertragspotenziale verloren. Qualitätsbezogene Messgrössen für die Arbeit des Bewirtschafters sind weitgehend unbekannt. So kann keine dialektische Auseinandersetzung zwischen operativem und strategischem Geschäft entstehen. Es wird primär die Vergangenheit fortgeschrieben, statt die Zukunft jedes einzelnen Objektes aktiv gestaltet.

Indirekte Anlagen als Lösung des Problems?

Seit 2002 haben Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz Immobilien im Umfang von rund 4,9 Milliarden Franken in kollektive Anlagegefässe wie etwa Immobilienfonds eingebracht. Die durchschnittliche Portfoliogrösse betrug dabei lediglich 38 Millionen Franken.

Befragt nach den Gründen geben insbesondere kleinere Besitzer neben dem erwünschten Diversifikationseffekt an, dass ihnen Direktanlagen zu aufwändig seien. Während Direktanlagen mit ihrer negativen Korrelation zur Performance von Schweizer Aktien und Obligationen neben dem laufenden Cash Flow auch einen guten Diversifikationseffekt mit sich bringen, sind sowohl Immobilienfonds als auch Immobilien-AG (schwach) positiv korreliert, wodurch ein Teil der Diversifikation verloren geht.

Da bei Kleinstportfolien unter 50 Millionen Franken Volumen eine sinnvolle Risikodiversifikation innerhalb des Portfolios fast unmöglich ist, ist die Sacheinlage für diese Besitzer trotz des relativierten Diversifikationseffektes durchaus ein interessanter Weg. Besitzer grösserer Portfolien können dagegen Ihre Portfolioführung mit geeigneten Massnahmen optimieren.

Professionelle Portfolioführung ist auch für kleine Besitzer machbar

Da jede einzelne Immobilie ihre individuellen Eigenschaften und ihr individuelles Umfeld hat, muss sie geführt werden wie ein eigenes, kleines Unternehmen. Wird sie ungeführt sich selbst überlassen, führt das in der Regel mittel- bis langfristig zu einem Wertverlust. Auch das analog zu einem nicht geführten Unternehmen.

Erfolgreiche Führung von Immobilienportfolien muss deshalb Antworten finden auf folgende Fragen:


  1. Portfoliostrategie: Welche Stärken und Schwächen haben Management, Portfolio und Einzelobjekte? Wie soll auf Chancen und Gefahren der Umwelt reagiert werden? Welche Anlagestrategie soll betreffend Risiko-Rendite-Profil gewählt werden?
  1. Risikomanagement: Welche Chancen und Gefahren stecken im Portfolio? Wie können gefährliche Entwicklungen frühzeitig erkannt und welche Vorsorgemassnahmen können getroffen werden?
  1. Marktüberwachung: Besteht genügend Markt-Know-How um die Nachhaltigkeit der Mieterträge beurteilen zu können?
  1. Finanzierung: Stimmt die Finanzierung betreffend Leverage, Zinsbindung und Kostenabsicherung? Ist die Finanzierung mit den kommenden Cash-Flow-Strömen abgeglichen?
  1. Controlling / Reporting: Wie gut sind die laufenden Informationen geeignet um die wesentlichen Erfolgstreiber abzubilden? Ermöglichen sie Frühwarnsysteme und Optimierungen?
  1. Werterhaltung: Ist der Bauzustand der Objekte bekannt? Gibt es entsprechende Strategien und Budgets? Stimmt die Unterhaltsstrategie um laufende Kosten, langfristiger Werterhalt und Steuerbelastung in Einklang zu bringen?
  1. Führung externer Partner: Sind die Partner ausreichend kompetent und engagiert? Kann die Qualität der Partner ausreichend beurteilt werden? Stimmen die Anreizsysteme? Können gefährliche Entwicklungen frühzeitig erkannt und korrigiert werden?


Analyse- und Korrekturmassnahmen

Eigentümern, die sich Gedanken über die Qualität und die Zukunftsfähigkeit ihres Portfolios machen, sind folgende Schritte empfohlen:

  1. Machen Sie eine Bestandesaufnahme Ihrer Liegenschaften, sowohl betreffend Marktkonformität von Mietzins und Mietobjekten als auch betreffend Bauzustand und künftigen Unterhaltskosten.
  1. Überprüfen Sie, ob ihr heutiges Portfolio mit ihrer Strategie (Diversifikation, Know-how, Risikofähigkeit) übereinstimmt und bereinigen Sie es, falls notwendig.
  1. Geben Sie Ihren Bewirtschaftern klare Zielvorgaben und verlangen Sie ein aussagekräftiges Reporting.
  2. Überprüfen Sie ihre bestehenden Führungsstrukturen und Kompetenzen.
  1. Viele Eigentümer(-vertreter) von kleineren und mittleren Immobilienportfolien sind selber unternehmerisch aktiv oder haben Führungserfahrung. Die dort erworbenen Fähigkeiten sind auch im Immobilienmanagement sehr wertvoll. Letztlich ist ein gut geführtes Immobilienportfolio ähnlich anzusehen wie eine Holdinggesellschaft mehrerer kleiner Unternehmen. Ähnlich wie ein Verwaltungsrat hat der Investment Manager die  Portfolio- und Objektstrategien zu definieren und für deren professionelle Umsetzung verantwortlich zu sein.


Wie die Umfrage bei Pensionskassen und stellvertretend auch für andere Investoren aufzeigt, ist der Handlungsbedarf bei kleineren Immobilienportfolios gross, um eine langfristig stabile Werterhaltung zu erreichen.

Dr. Markus Schmidiger ist Studienleiter des MAS Immobilienmanagement an der Hochschule Luzern und Geschäftsführer der Velia Immobilien AG, einem Real Estate Family Office, das anspruchsvolle Investoren bei der Führung ihres Immobilienbestandes begleitet.

* Ralf Bühlmann, Marcel Hürzeler, Pius Stäger: Direkte Immobilienanlagen bei Pensionskassen in der Schweiz. Masterarbeit an der Hochschule Luzern. Zug, 2009

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