In der derzeitigen Krise ist Private Equity unverzichtbar, um Unternehmen auf dem Weg zu neuer Nachhaltigkeit zu unterstützen, schreibt Johnny El Hachem in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Private Equity ist auf dem besten Weg, sich als Instrument der Wahl für die Welt von morgen zu etablieren – für eine Zukunft mit einem hoffentlich nachhaltigen, ausgewogenen und stabilen Wachstum.

Unabhängig davon, wie sich die Konjunktur am Ende entwickelt, schützt Private Equity als langfristiger Ansatz vor übereilten Entscheidungen und der Volatilität börsennotierter Wertpapiere. Zudem profitiert die Anlageklasse vom Vertrauen ihrer Investoren (der Limited Partner, kurz LP), die in einer Welt mit niedrigen oder sogar negativen Zinsen auf Diversifikation setzen.

«Der Private-Equity-Sektor ist heute erheblich reifer als noch 2008 und 2009»

Deshalb haben die Fondsmanager (die General Partner, kurz GP) vor der Krise fast zwei Billionen Dollar Kapital gesammelt, das jetzt investiert werden kann. Die Reserven sind somit hoch. Das stabilisiert die Portfolios und gibt ihnen die Möglichkeit von Zukäufen, wenn die Preise fallen, und von Rekapitalisierungen, wenn sich die Lage verschlechtert.

Hinzu kommt, dass sich zurzeit kaum jemand von Positionen trennt. In einer aktuellen Umfrage von «Private Equity International» gaben nur fünf Prozent der Teilnehmer an, dass sie Verkäufe am Sekundärmarkt planen.

Der Private-Equity-Sektor ist heute erheblich reifer als noch 2008 und 2009. Er verfügt über erfahrene und spezialisierte Investmentteams, die ihre technischen, finanziellen und Management-Fähigkeiten verfeinert haben. Diese Experten sind bestrebt, enge Beziehungen zu den Firmen zu unterhalten, in die sie investieren. Sie sind in den Verwaltungsräten vertreten, wirken an Führungs- und Strategieentscheidungen mit und gewinnen durch Aktionärsvereinbarungen Mitspracherechte. Das führt zu einer besseren Governance, stabilen Prozessen und einem Austausch über Best-Practice-Ansätze zwischen allen Unternehmen, die sich in einem Portfolio befinden.

«In den nächsten Monaten und Jahren wird Private Equity eine wichtige Rolle spielen»

Wenn Private Equity auch in der Erholungsphase nach den Einschränkungen durch die Pandemie eine führende Rolle spielen soll, müssen spekulationsgetriebene Kurzfriststrategien vermieden werden. Schwerpunkt sollten stattdessen tragfähige Wachstumsstrategien und Unternehmen sein, die das Potenzial haben, Werte zu schaffen und stabile Cashflows erzielen zu können, ohne sich dabei auf eine übermässige Fremdfinanzierung zu verlassen.

Auch wenn die Rentabilität weiter im Mittelpunkt stehen wird, werden die vielversprechendsten Investmentthemen in Zukunft jene sein, die alle «Externalitäten» berücksichtigen und ein gründliches Verständnis des menschlichen Einflusses auf die Welt widerspiegeln. Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien (ESG) müssen zu einem echten Instrument des Risikomanagements und der Sicherung der Portfoliostabilität werden. Sie nur aus Compliance- oder Marketinggründen zu berücksichtigen, ist nicht genug.

«Die Krise hat die Exzesse der Globalisierung verdeutlicht und bestätigt, wie notwendig eine Regionalisierung ist»

In den nächsten Monaten und Jahren wird Private Equity deshalb eine wichtige Rolle spielen, um die steigenden Anforderungen zu erfüllen – nicht nur an die Telekommunikations- und soziale Infrastruktur, vor allem für ältere Menschen, sondern auch an den Umgang mit der Umwelt. Hierzu zählen das Wasser- und Abfallmanagement und die Bodensanierung zur Regeneration landwirtschaftlicher Flächen, aber auch Massnahmen gegen die Zersiedelung sowie die Förderung der umweltfreundlichen Mobilität und der urbanen Vielfalt in Städten. Projekte dieser Art machen es Regierungen einfacher, über Public-Private-Partnerships die Konjunktur wieder zu beleben.

Und das ist nicht alles: Die Krise hat zwar gezeigt, wie wichtig innovative Technologien für das Gesundheitswesen, die Bildung und die Digitalisierung sind. Sie hat aber auch die Exzesse der Globalisierung verdeutlicht und bestätigt, wie notwendig eine Regionalisierung ist.

«Der Handel zwischen den drei grossen Handelspolen Nordamerika, Asien und Europa muss gestärkt werden»

Die Lieferketten müssen neu konzipiert werden, damit Länder und Regionen wieder eigenständiger werden. Zugleich muss aber auch der Handel zwischen den drei grossen Handelspolen Nordamerika, Asien und Europa gestärkt werden. Dabei werden Südeuropa (Spanien, Portugal) und die MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika), vor allem Marokko, zweifellos eine wichtige Alternative zu weiter entfernten Regionen – besonders Asien – sein.

Die Regionalisierung der Wertschöpfungsketten und die Rückverlegung bestimmter Industrien mit sehr hoher Wertschöpfung (Frankreich und Westeuropa), um wieder ein grösseres Gleichgewicht in der Produktion zu erzielen, muss Vorrang haben vor der Globalisierung, die ihre Grenze erreicht hat.


Johnny El Hachem ist CEO von Edmond de Rothschild Private Equity. Er stiess 2002 zum Unternehmen. Er studierte Finanzingenieurwesen an der ESSEC Business School (Paris) und Bank-, Finanz- und Politikwissenschaften an der libanesisch-amerikanischen Universität in Beirut. Er spricht fliessend Französisch, Englisch und Arabisch.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Peter Hody, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Zsolt Kohalmi, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Beat Wittmann, Ken Orchard, Christian Gast, Didier Saint-Georges, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Gérard Piasko, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Lars Jaeger, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Guy de Blonay, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Santosh Brivio, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Michael Welti, Karin M. Klossek und Ralph Ebert.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.8%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.88%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.29%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.67%
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