Die Renditeaussichten für die zwei wichtigsten Anlageklassen, Aktien und Obligationen, werden viel bescheidener. Was heisst das für die Anleger?

Grard_Fischer_3Gérard Fischer ist CEO der Swisscanto Gruppe

Möglicherweise wird das Vierteljahrhundert zwischen 1981 und 2007 in der Wirtschaftsgeschichte als das goldene Zeitalter des Kapitalismus bezeichnet werden. Diese Phase wurde eingeläutet, als zu Beginn der achtziger Jahre die damals hohen Zinsen ihren lange dauernden Weg nach unten begannen.

In den darauffolgenden Jahren bildete sich trotz der üppigen Geldmengenversorgung die Inflation zurück, zahlreiche Vorschriften wurden zugunsten der Wirtschaft gelockert, die Unternehmen nahmen vermehrt Fremdkapital auf, und das Angebot an neuen Anlageinstrumenten explodierte förmlich.

Ende einer Epoche

Während dieser Zeit verzeichnete die US-Wirtschaft Wachstumsraten von sechs bis sieben Prozent im Jahresdurchschnitt, und die Anleger konnten sich an konstanten und guten Renditen bei verschiedenen Anlageklassen erfreuen.

Spätestens seit der globalen Finanzkrise, die im Herbst 2008 ihren Höhepunkt erreichte, wissen wir, dass diese Phase zu Ende ist.

Gemindertes Wachstum

Zur Bekämpfung der Krise haben die Staaten mit Rettungs- und Konjunkturpaketen, Regulierung, diskretionären Eingriffen und Steuern massiv interveniert. Die daraus resultierende enorme Staatsverschuldung hat bereits zu ersten Staatskrisen geführt und geht zu Lasten des künftigen Wachstums.

So haben führende US-Ökonomen geschätzt, dass jene Staaten, die ihre Schulden auf mehr als 90 Prozent des Bruttosozialprodukts anwachsen lassen, ihr weiteres Wirtschaftswachstum um rund 1 Prozent mindern.

Keine Rückkehr

Die meisten Industrieländer sind ausserdem mit einem abnehmenden Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung (Überalterung) und hohen Kosten durch Steuern und Regulierung konfrontiert.

Damit haben sich die Rahmenbedingungen so geändert, dass wir uns auf eine neue Phase einstellen müssen und eine Rückkehr zur bisherigen Entwicklung kaum möglich ist.

Wesentlich schwieriger als bisher

Der Begriff für diese neue Phase heisst «New Normal». Darunter versteht man ein wirtschaftliches Umfeld, das wesentlich schwieriger sein wird als jenes der vergangenen 25 Jahre. Die wichtigsten Merkmale des neuen Umfelds, auf das sich Anleger einrichten sollten, sind

- hohe Arbeitslosigkeit

- schwaches Wirtschaftswachstum

- hohe Verschuldung verschiedener Staaten

- strengere Regulierung der Finanzmärkte

- abnehmende Bedeutung der USA in der Weltwirtschaft

- tiefere Anlagerenditen

Die Renditeaussichten für die beiden bedeutendsten Anlageklassen Aktien und Obligationen sind deutlich bescheidener als bisher. Bei den Obligationen, insbesondere bei den Staatsanleihen, sind viele Anleger schon jetzt mit dem Problem sehr tiefer Renditen konfrontier.

Vorsorge braucht Anpassungen

Zinssenkungen mit Kapitalgewinnen sind ausserdem kaum noch möglich. Insbesondere bei Institutionen der Vorsorge wie der AHV und den Pensionskassen, die immer noch mit den zu hohen Renditen der Vergangenheit rechnen, wird es Anpassungen brauchen.

Inflation kann zwar die Lage der Vorsorgeeinrichtungen verbessern, aber die Leistungen der Versicherten würden dabei real an Wert verlieren.

Aktien: gedämpfte Aussichten

Bei den Aktien sind die Aussichten als Folge des geringeren Wirtschaftswachstums gedämpft. In den letzten zehn Jahren war ausserdem die Risikoprämie für Aktien im Vergleich zu risikofreien Staatsanleihen deutlich kleiner als in den Jahren zuvor.

Die Währungen der Länder oder Wirtschaftsregionen, die mit hohen Schulden und tiefem Wachstum kämpfen, werden sich gegenüber Währungen der Emerging Markets und anderen Regionen mit hohem Wachstum schwach entwickeln.

Realwerte als die bessere Wahl?

Welche Anlagestrategien sind nun in so einem neuen Umfeld gefragt? Realwerte wie Immobilien, Rohstoffe und Aktien sind in diesem Umfeld die bessere langfristige Wahl, wobei Aktien nach wie vor eine grosse Rolle spielen werden.

Dies zeigt sich auch daran, dass bisherige Vermögensverwalter, die nur Obligationen betreuten, neuerdings auch Aktienprodukte anbieten, im Wissen darum, dass die Ertragschancen in diesem Bereich grösser sind.

Renditetreiber und Risikodämpfer gefragt

Allerdings wird in Zukunft die Auswahl der Aktien noch bedeutender sein. Im Vordergrund stehen Titel von Unternehmen mit Substanz, die auch in einem schwierigeren Marktumfeld bestehen können. Weil Anlagerisiken bei Aktien nach wie vor bestehen, wird die Verminderung des Risikos durch Diversifikation noch wichtiger.

Dies kann durch Alternative Anlagen wie Rohstoffe oder Hedge Funds erfolgen. Ihre Funktion als Renditetreiber oder Risikodämpfer wird in dieser «neuen» Zeit mehr denn je gefragt sein.

Absage ans Indexieren

Indexieren in diesem Umfeld führt eher dazu, dass vor allem in Obligationen von hoch verschuldeten Emittenten investiert wird und Aktien gekauft werden, die zu teuer sind und deshalb eine hohe Kapitalisierung aufweisen.

Es lohnt sich deshalb, das eigene Vermögen längerfristig auf das neue Umfeld auszurichten.


Dieser Beitrag wurde gleichzeitig publiziert in PRIVATE Ausgabe 6/2010 – Das Magazin für private und institutionelle Investoren.

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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