Fondsmanagerinnen sind im Portfoliomanagement immer noch untervertreten. Dies steht im Widerspruch zum Wunsch der Investoren nach mehr Vielfalt, wie Tatjana Greil Castro in ihrem Beitrag für finews.first feststellt. Was ist zu tun?


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Wir sind 200 Jahre von der Parität im Portfoliomanagement entfernt, so der «Alpha Female Report 2020» von Citywire. Die Entwicklung verläuft im Schneckentempo, und die Vermögensverwaltung ist immer noch eine Branche, in der die Mehrheit der Führungspositionen von Männern besetzt ist. Doch trotz des langsamen Fortschritts gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Dinge ändern. Die Zahl der gemischten Portfoliomanagement-Teams steigt stetig, und die (unverhältnismässig männliche) «Star-Manager»-Kultur ist zurückgegangen.

Diversität wird für Investoren immer wichtiger. Es gibt immer mehr Belege dafür, dass Fonds, die von vielfältigeren Teams oder von reinen Frauenteams verwaltet werden, bessere Renditen erzielen als solche, die ausschliesslich von Männern verwaltet werden. Das zeigt beispielsweise eine Studie von Goldman Sachs zu US-Investmentfonds.

«Es herrscht immer noch die Auffassung, dass es als Frau schwierig ist, in dieser Branche erfolgreich zu sein»

Ein Kulturwandel braucht Zeit, aber die Branche schafft es derzeit nicht, junge Frauen anzuziehen. Vermögensverwalter stehen vor der Herausforderung, wie sie weibliche Talente an sich binden können. Bei einigen herrscht immer noch die Auffassung, dass es als Frau schwierig sein wird, in dieser Branche erfolgreich zu sein. Weil sie noch immer nicht genügend Anreize bietet, um sie zu einer Karriereoption für zukünftige Generationen junger Frauen zu machen.

Der verstärkte Fokus auf nachhaltiges Investieren könnte mehr Frauen anlocken, da es ihren Wunsch erfüllen kann, in einer Branche zu arbeiten, in der soziale und ökologische Themen eine wichtige Komponente sind.

Als weibliche Portfoliomanagerin habe ich in meiner fast 25-jährigen Karriere aus erster Hand erfahren, mit welchen Schwierigkeiten viele Frauen konfrontiert sind und warum eine Karriere im Asset Management möglicherweise als unattraktiv wahrgenommen wird. Das mag an einem mangelnden Verständnis der Branche und der Möglichkeiten liegen, die sie bieten kann. Aufgaben im Asset Management können sehr lohnend, interessant und herausfordernd sein.

«Als Mutter von vier schulpflichtigen Kindern verstehe ich, dass ein Fonds wie ein zusätzliches Kind werden kann»

Das Portfoliomanagement mit allem, was es mit sich bringt, nicht zuletzt die Notwendigkeit eines starken Teamarbeitsethos, erfordert ein Skillset, das Frauen oft haben und im Laufe ihrer Karriere stärken können.

Hinzu kommt die Frage der Flexibilität. Die Work-Life-Balance, die Finanzfirmen versprechen, wird oft sehr skeptisch betrachtet – ein Aspekt einer Karriere, auf den Frauen tendenziell mehr Wert legen als Männer. Als Mutter von vier schulpflichtigen Kindern verstehe ich, dass ein von einer Frau verwalteter Fonds wie ein zusätzliches Kind werden kann, für das man verantwortlich ist.

«Viele Frauen haben sich nicht wohl dabei gefühlt»

Als meine Kinder geboren wurden, war unser Team noch sehr klein, aber ich hatte das Glück, dass ich von der Firma unterstützt wurde, flexible Arbeitszeiten zu haben und von zu Hause aus zu arbeiten. Allerdings haben sich viele Frauen in der Vergangenheit nicht wohl dabei gefühlt, danach zu fragen, oder sie hatten einen unflexiblen Arbeitgeber. Wenn wir eine bessere Diversität sehen wollen, ist es zunehmend wichtig, dass Unternehmen weiblichen Portfoliomanagern Flexibilität bei der Ausübung ihres Jobs ermöglichen, damit sie Arbeit und familiäre Verpflichtungen miteinander verbinden können.

Während die Erhöhung der Anzahl weiblicher Mitarbeiter eine zentrale Herausforderung darstellt, ist auch die Bindung und Förderung bestehender Talente wichtig. Laut demselben «Alpha Female Report» lag die Fluktuationsrate bei weiblichen Fondsmanagern im Jahr 2020 bei 42 Prozent, verglichen mit 27 Prozent bei Männern.

Dies ist aus zwei Gründen wichtig: Erstens gehören Fondsmanager in der Regel zu den bestbezahlten Mitarbeitern, was sich auf das geschlechtsspezifische Lohngefälle auswirkt. Zweitens haben viele Studien gezeigt, dass Unternehmen durch den Verlust von Frauen auch eine wichtige Komponente im Investitions-Entscheidungsprozess verlieren.

«Die Pandemie war für viele Arbeitgeber ein Augenöffner»

Ich bin eine entschiedene Befürworterin einer vielfältigeren Asset-Management-Branche, indem ich mich sowohl innerhalb als auch ausserhalb meines Unternehmens für dieses Thema einsetze. Es gibt eine Reihe von Massnahmen, die Firmen ergreifen können, um ein vielfältigeres und integratives Arbeitsumfeld zu schaffen. Eine davon ist, zu zeigen, dass die Branche eine echte Berufswahl für Frauen sein kann, ein Ort, an dem sie sich beruflich und persönlich weiterentwickeln können. Ich glaube, dass flexible Arbeitsmodelle, insbesondere für Mütter, helfen können.

In dieser Hinsicht war die Pandemie für viele Arbeitgeber ein Augenöffner. Da das Arbeiten aus der Ferne zur Norm wurde, hat dies die Flexibilität geschaffen, Familie und eine befriedigende Karriere zu verbinden. Es hat auch dazu beigetragen, die Geissel des «Präsentismus» zu beseitigen, die Frauen schon immer benachteiligt hat, um ein integrativeres Arbeitsumfeld zu schaffen.

Auch der Aufbau von Frauennetzwerken innerhalb und ausserhalb von Unternehmen sowie die Stärkung des Berufsprofils für Fondsmanagerinnen im Rekrutierungsprozess können helfen. Es ist noch ein langer Weg, und grosse Veränderungen geschehen nicht über Nacht. Aber es ist jetzt an der Zeit, mutig zu werden.


Tatjana Greil Castro ist Portfoliomanagerin bei Muzinich & Co. und managt den Muzinich Enhancedyield Short-Term Fund. Mit einem Volumen von 10,5 Milliarden Euro ist dies der grösste UCITS-Fonds, der weltweit von einer Frau verwaltet wird. Greil Castro ist seit 25 Jahren im Portfoliomanagement tätig. Sie hat an der London School of Economics & Political Science promoviert, einen Master-Abschluss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft in Deutschland und einen Master-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften von der Universität Wien.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Beat Wittmann, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Didier Saint-Georges, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Michael Welti, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay und Lars Jaeger.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.19%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.92%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.44%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.68%
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