Mit der blossen Fixierung auf Verbote und existenzielle Einschränkungen werde es uns nicht gelingen, dem Corona-Virus den Garaus zu machen, schreibt Dietrich Grönemeyer in einem exklusiven Essay für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Alles dreht sich um Corona, in den Medien, in der Politik, in der Wirtschaft und nicht zuletzt daheim, in den eigenen vier Wänden. Das ist einerseits verständlich. Jeder ist der infektiösen Bedrohung aus dem Hinterhalt ausgesetzt. Und keiner kann sagen, wie es ihm ergehen wird, hat er sich erst einmal angesteckt. Alles richtig!

Und dennoch: Leben ist mehr, auch in den Zeiten der Pandemie. Je weiter die Beschäftigung mit dem einen die anderen Themen unseres Daseins verdrängt, desto mehr verengt sich unser Blick auf das Ganze. Die wachsende Angst nimmt der Hoffnung die Luft. Bad News von morgens bis abends. Das hält keine Gesellschaft auf Dauer aus. Das nimmt ihr die Kraft, die sie brauchte, um der Gefahr Herr zu werden.

«Resignation folgt der politischen und medial befeuerten Krisenkommunikation auf den Fuss»

Mit der Fixierung auf Verbote und existentielle Einschränkungen wird es uns nicht gelingen, dem Corona-Virus den Garaus zu machen. So nötig Maskenpflicht, Quarantäne und Kontaktbeschränkungen, die Schliessung von Restaurants, Theatern und Museen momentan sein mögen, wenn unsere Gedanken nur noch um die Verhängung dieser Massnahmen kreisen, um die steigenden Infektionszahlen wirkt das lähmend.

Resignation folgt der politischen und medial befeuerten Krisenkommunikation auf den Fuss. Ein wachsendes Risiko, das man nicht ernst genug nehmen kann. Einschüchterung macht keinen Mut. Sie verstellt nur den Blick auf die Vielfalt des Lebens, auf all das, was helfen könnte, die Widerstandskraft der Gesellschaft und jedes Einzelnen zu stärken, weil es ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, Freude trotzt allem.

Nein, das bedeutet nicht, den Ernst der Lage zu unterschätzen. Und ja, Covid-19 ist eine der grössten Herausforderungen, vor die uns die Natur in den vergangenen Jahrzehnten gestellt hat.

«Das würde helfen, generelle Lockdowns weitgehend zu verhindern»

Woran es uns vor allem fehlt, gerade in diesen Tagen, ist eine ebenso umfassende wie sachlich-nüchterne Aufklärung der weltweiten Bevölkerung zur Prävention vor Viren und Bakterien sowie die Immunstärkung. Auch der Umgang mit Corona-Infizierten in Familien und Betrieben oder während der Quarantäne sowie die früher Erkennung der Gefahr vermittelst Schnelltest-Verfahren wie Antigentests oder die neuen Spucktests.

Das würde helfen, generelle Lockdowns weitgehend zu verhindern und dafür lokal begrenzte Quarantäne-Massnahmen ermöglichen. So überrascht wie derzeit sollten wir auch neuen Erregern oder Infektionswellen nicht mehr ausgeliefert sein.

«Nur Politiker, scheint es mir, beherrschen diese demagogische Quadratur des Kreises»

Weitere hektisch ausgerufene Lockdowns werden sich die Länder und die Weltwirtschaft wirtschaftlich nicht leisten können. Schliesslich werden dabei Unsummen und Produkte vernichtet, auf die nicht zuletzt die Medizin angewiesen ist, um den Menschen in der Not helfen zu können. Nicht zu reden von den psychischen und sozialen Folgen jeglicher Stilllegung des wirtschaftlichen und öffentlichen Lebens.

Da ich die Zukunft nicht kenne, kann ich nichts über sie sagen. Nur Politiker, scheint es mir manchmal, beherrschen diese demagogische Quadratur des Kreises, wenn sie etwa versprechen, innerhalb weniger Monate sei ein ganzes Volk durchgeimpft und alle Menschen immun gemacht.

Mir als Arzt würde das nicht abgenommen, von ihm erwarten die Menschen Aussagen, die Hand und Fuss haben. Die Medizin, die wir verschreiben, muss lieferbar sein. Heisst für mich, ich kann allein nur von dem ausgehen, was ich kenne und nicht verbreiten, was ich mir wünsche oder was geeignet scheint, die Menschen rhetorisch ruhig zu stellen. Nur den Status Quo kenne ich tatsächlich!

«Kinder machen ganz andere Erfahrungen als noch vor einigen Jahren»

Das «Rad» müssen wir nicht neu zu erfinden. Erstens ist die Apotheke der weltweiten Naturheilkunde mit Therapeutika so vollgestopft, dass wir uns da noch lange – vor allem auch vorbeugend – bedienen können und nicht immer gleich nach dem Neuen verlangen müssen, womit nichts gegen die Notwendigkeit medizinischer Forschung gesagt sein soll. Ihre Erfolge sprechen für sich.

Ausserdem ändern sich die Zeiten fortlaufend, manchmal glücklich, manchmal bedrohlich wie eben in der Corona-Krise. Kinder machen ganz andere Erfahrungen als noch vor einigen Jahren. Die Medizin ist kein abgeschlossenes Kapitel. Das wird sie nie sein. Seit Jahrtausenden geht sie mit der Zeit. Immer neue Erkenntnisse kommen hinzu. Pandemien wie die Pest, Ebola oder SARS sind besiegt worden, Pocken vernichtet!

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass wir die Corona-Pandemie nur besiegen können, wenn wir uns neben den rein medizinischen auch alle digitalen Möglichkeiten nutzbar machen – von schlauen KI-gesteuerten Apps bis hin zu aussagefähigen Tracking-Systemen.

«An der Technik fehlt es uns ebenso wenig wie an exzellenten Forscherinnen und Forschern»

Die Entwicklung von Antigen und Antikörper-Schnelltests und Corona-Impfstoffe hat gezeigt, über welche wissenschaftlichen Kapazitäten wir in Europa international verfügen und mit welcher Kompetenz und Schnelligkeit die digitale Vernetzung der Forscher und Entwickler zu hochkarätigen Resultaten führt. An der nötigen Technik fehlt es uns ebenso wenig wie an exzellenten Forscherinnen und Forschern, auch nicht an Investoren, die sich für Neues engagieren, weil sie vom Nutzen der Sache überzeugt sind, bevor sie an den Profit denken.

Das beste Medikament taugt allerdings nichts, wenn nicht von vornherein daran gedacht wird, wie es an die Frau, das Kind oder den Mann zu bringen ist, die Patienten nicht bloss über Wirkungen, sondern zugleich über Nebenwirkungen aufgeklärt werden. Und zu denen zählen nun mal auch die psychischen, die sozialen, die gesellschaftlichen und die wirtschaftlichen eines notgedrungen verhängten Lockdowns, dessen Erfolge weiter auf sich warten lassen.

«Wir sollten uns nicht länger von dieser Krise gedanklich bannen lassen»

Die Menschheit wäre für die Zukunft gewappnet, wenn folgende zehn Massnahmen digital verbrieft ab sofort Berücksichtigung finden würden:

  • 1. Medizinische Aufklärung
  • 2. Digitale Anamnese
  • 3. Antigenschnelltest
  • 4. Antikörperschnelltest
  • 5. Impfung
  • 6. Digitale Nachverfolgung
  • 7. Stärkung des körperlichen und psychischen Immunsystems
  • 8. Nachverfolgung der Antikörpersituation
  • 9. Gesundheitsunterricht
  • 10. Hygienestandards

Wir sollten uns nicht länger von dieser Krise gedanklich bannen lassen, stattdessen wieder das Ganze ins Auge fassen. Viel zu lange haben wir verdrängt, dass die Natur nicht immer berechenbar ist, Risiken und auch der Tod zum Leben gehören. Wenn wir den Gedanken wieder zulassen würden, könnten wir daraus neuen Mut und Widerstandskraft schöpfen.


Der 1952 geborene Dietrich Grönemeyer ist Arzt und Unternehmer. Er war bis 2012 Lehrstuhlinhaber für Radiologie und Mikrotherapie an der Universität Witten/Herdecke und gilt als «Vater der Mikrotherapie». Er plädiert für einen neuen Weg der Gesundheit, bei dem Schulmedizin und Naturheilkunde Hand in Hand gehen und traditionelle Heilkünste ebenso anerkennt werden wie moderne High-Tech-Verfahren.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Beat Wittmann, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Didier Saint-Georges, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Michael Welti, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay und Lars Jaeger, Tatjana Greil Castro und Jean-Baptiste Berthon

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.2%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.78%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.45%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.67%
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