Gibt es für Aktien einen schlüssigen Ansatz, der sich in diesem Jahr als Strategie nutzen lässt?, fragt sich Mobeen Tahir in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.


Die Investoren sind von den Möglichkeiten und Chancen in diesem Jahr gefesselt. War die gute Entwicklung in der Technologiebranche nur eine vorübergehende Erscheinung, oder wird der Sektor seine Dominanz aufrechterhalten? Werden Value-Aktien nach den Herausforderungen, denen sich vielfältige Branchen letztes Jahr gegenübersahen, ein Comeback feiern? Und am wichtigsten: Wie passen all diese Puzzleteile zusammen?

Hier ist ein möglicher Ansatz zur Entwicklung eines schlüssigen Konzepts für eine Aktienanlage. Dieses Rahmenwerk setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen, die zusammen für Vielfalt und Gleichgewicht sorgen. Jede Komponente spielt eine wichtige Rolle.

1. Ein Kern mit Qualitätswerten

«Qualität» ist ein «Allwetterfaktor», der Gleichgewicht verspricht. Das bedeutet, er besitzt die Fähigkeit, vor Marktabschwüngen zu schützen, ohne dadurch auf die Partizipation an einem Aufschwung verzichten zu müssen. «Qualität» bezieht sich auf sich gut entwickelnde und stabile Unternehmen, die rentabel sind und typischerweise einen niedrigen Verschuldungsgrad aufweisen. Dadurch sind sie besser in der Lage, negativen Erschütterungen zu widerstehen. Da es solche Unternehmen in allen Branchen gibt, hat «Qualität» im Kern des Portfolios keinen Verlust der Vielfalt zur Folge, wenn damit ein reines Beta-Engagement ergänzt oder ersetzt wird.

«Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage zählt Insolvenz weiterhin zu den wichtigsten Risiken»

Da viele grosse Volkswirtschaften, wie die USA und diejenigen in Europa, immer noch von der Pandemie erschüttert werden, ist nicht zu erwarten, dass es dieses Jahr vollkommen ohne Tücken zu der erhofften wirtschaftlichen Erholung kommen wird.

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage zählt Insolvenz weiterhin zu den wichtigsten Risiken, denen sich Unternehmen in diesem Jahr gegenübersehen. Unternehmen, die mit einer guten Bilanz in die Pandemie gestartet sind und währenddessen eine ausreichende Rentabilität aufrechterhalten konnten, bieten sich als Kernengagement an.

2. Vielfalt durch zyklische Werte

Teile des globalen Aktienmarkts, die von einem, je nach Blickwinkel, sich bereits abzeichnenden oder bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung profitieren dürften, können Vielfalt und Wachstumspotenzial in ein Portfolio bringen. Innerhalb dieser Komponente lassen sich zahlreiche Möglichkeiten sondieren.

Small-Caps stellen eine solche Möglichkeit dar. Small-Cap-Aktien verfügen typischerweise über ein hohes Beta in Bezug auf die zugrunde liegende Wirtschaft. Seit die Nachrichten über die Impfstoffe im November in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt sind, hat die positive Entwicklung auf den Aktienmärkten Small-Caps geholfen, Large-Caps auf verschiedenen Märkten zu überholen, zum Beispiel überschattet der Russell 2000 Index den S&P 500 Index seit Anfang November.

«Vielfalt auf den Aktienmärkten ist ohne Schwellenländer, insbesondere China, fast unvollständig»

Sobald die wirtschaftliche Erholung ins Rollen kommt, ist es wahrscheinlich, dass Small-Caps ebenfalls an Fahrt aufnehmen werden.

«Vielfalt» auf den Aktienmärkten ist ohne Schwellenländer, insbesondere China, fast unvollständig. Der Erfolg des Landes beim Überwinden der Pandemie und der Einleitung einer schnellen wirtschaftlichen Erholung steht im krassen Gegensatz zu den meisten anderen grossen Volkswirtschaften. China hat vor Kurzem seine Wachstumsziele in Form eines neuen Fünfjahresplans bekräftigt und bestätigt wieder einmal sein globales Kaliber durch Handels- und Investitionsabkommen mit Partnern in der Region Asien-Pazifik wie auch mit der EU. Es wird erwartet, dass sich Chinas Stärke auch auf Schwellenländer insgesamt überträgt, die zusätzlich von einem schwachen Dollar profitieren könnten.

Für «Value»-Aktien, definiert als Unternehmen oder Branchen, die aufgrund der Pandemie und des daraus resultierenden Abschwungs Gegenwind verspürt haben, wird sich der Ausblick verbessern, sobald wir die Krise hinter uns lassen. Innerhalb dieses Rahmenwerks ist die Frage, ob «Value» besser abschneiden wird als «Wachstum», nicht kritisch, da die beiden in separaten Körben nebeneinander bestehen können.

3. Wachstum durch thematische Anlagen

Das Konzept «Wachstum» verschiebt sich zunehmend von Aktien mit positivem Momentum hin zu Unternehmen, die stärker mit Megatrends im Einklang stehen. Strukturelle Veränderungen auf den Märkten bieten Anlagechancen, die Wachstum versprechen und möglicherweise langfristiger ausgerichtet sind. Die Investoren scheinen auf solche Themen zu vertrauen, da sie dem Prinzip der «marktschaffenden Innovation» folgen, also des Prozesses, bei dem eine neue Nachfrage geschaffen wird, die sich aus Dingen ergibt, die es bisher nicht gegeben hat.

«In manchen Fällen, wie bei Tesla, können die Bewertungskennzahlen sogar absurd sein»

Technologiebezogene Themen passen aufgrund der Innovationen in diesem Bereich und aufgrund dessen, wie sie den Status quo immer wieder positiv verändern, gut in diese Kategorie. Das Aufkommen der Smartphones vor knapp mehr als zehn Jahren schuf eine vollkommen neue App-Ökonomie und führte zu einem Wachstum, das nur schwer, wenn nicht sogar unmöglich, vorhersehbar gewesen wäre.

Deshalb lassen sich künftige Innovationen schwer einpreisen und erweisen sich als positive Überraschung, wenn sie eintreten. Ebenso ist das Wachstumspotenzial ein Grund dafür, warum die Märkte sich nicht notwendigerweise über hohe Bewertungskennzahlen im Technologiesektor beklagen. In manchen Fällen, wie bei Tesla, können die Bewertungskennzahlen sogar absurd sein und konventionelle Annahmen widerlegen.

«Es ist unwahrscheinlich, dass das wachsende Interesse an thematischen Anlagen nur vorübergehend ist»

Viele Investoren, die letztes Jahr in solche Themen investiert haben, konnten attraktive Renditen erwirtschaften – der Wert einiger Cloud-Computing-Strategien hat sich im Laufe des Jahres beispielsweise mehr als verdoppelt. Es ist daher unwahrscheinlich, dass das wachsende Interesse an thematischen Anlagen von vorübergehender Natur ist – es könnte sich dieses Jahr sogar selbst als Trend erweisen. Durch die Aufnahme einer thematischen Komponente in das Beispielrahmenwerk, die die Kern- und Diversifizierungswerte ergänzt, lässt sich spannendes Wachstumspotenzial einbringen.

Die Gewichtung der verschiedenen Bestandteile und die Art und Weise, wie sich die Aktienallokation insgesamt in ein Portfolio einfügt, sind für Investoren wichtige Überlegungen. Das hier dargestellte Rahmenwerk ist ein erster Schritt zu diesem Thema und sollte in einem Jahr, das Investoren zahlreiche Chancen bieten könnte, beim Aufbau einer Aktienstrategie helfen.


Mobeen Tahir ist Mitglied des Research-Teams von WisdomTree. Sein Schwerpunkt liegt darauf, unseren Klienten bezüglich einer großen Auswahl von Anlageklassen strategische und taktische Einblicke in die globalen Märkte und in Investmentprodukte zu geben. Vor seinem Wechsel zu WisdomTree im Dezember 2018 war er bei Willis Towers Watson als Anlageberater tätig. Er besitzt einen Bachelor-Abschluss (Hons) in Rechnungswesen und Finanzmanagement von der Universität Loughborough sowie einen Master-Abschluss in Finanz- und Rechnungswesen von der London School of Economics and Political Science. Er ist CFA-Charterholder.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Teodoro Cocca, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Teodoro Cocca, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Fabrizio Pagani, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Beat Wittmann, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Didier Saint-Georges, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Michael Welti, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Lars Jaeger, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon und Dietrich Grönemeyer

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.6%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.45%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.43%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.25%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.27%
pixel