In den letzten Jahren stellte sich zunehmend die Frage, ob der «Kundenberater» ein Modell des vergangenen Jahrtausends sei. Schaut man sich das bisherige Profil an, so spricht vieles für diese Hypothese, zumal Computer und Künstliche Intelligenz heute vieles besser erledigen können, wie Carina Schaurte in ihrem Beitrag für finews.first schreibt.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Bisher umfasste die Rolle des Kundenberaters vor allem zwei Facetten: Als Anlageberater war er über das Marktgeschehen informiert und machte Investmentvorschläge in Form eines nach der klassischen Portfoliotheorie erstellten Portfolios oder zu kurzfristigen Renditechancen durch Einzeltrades. Diese Aufgabe übernehmen bereits heute grösstenteils dedizierte Investmentexperten und/oder digitale Lösungen, wie der Erfolg von Robo-Advisors zeigt.

Zum andern ist da die Rolle des «Relationship Managers», der sich als «Liason Officer» zum Kunden versteht. Bis auf einige wenige Kunden, die aufgrund ihres psychographischen Profils den «Wine and Dine»-Ansatz in der Betreuung auch weiterhin schätzen – und auch bereit sind, dafür zu bezahlen – nimmt dieser Teil des Aufgabenspektrums mit der neuen Generation von Kunden ab.

«Eine Aufgabe, die aktuell viel Zeit in Anspruch nimmt»

Weitere, weniger geschätzte Facetten der aktuellen Kundenberater-Rolle sind jene des «Produktverkäufers» und die als «Administrator», in der regulatorische Anforderungen erfüllt, Formulare ausgefüllt und Informationen eingeholt werden müssen. Eine Aufgabe, die aktuell viel Zeit in Anspruch nimmt, aber bei welcher der Mehrwert des Beraters gegenüber einer Maschine maximal marginal ist.

Selbst wenn die Basisbedürfnisse der Kunden, namentlich die Finanzierung des Alltags und der Vermögensaufbau/-erhalt, immer noch die Gleichen wie vor 50 Jahren sind, so ist doch die Flexibilitätserfordernis deutlich gestiegen. Sei es der gemeinsame Hauskauf, der durch eine Scheidung eine Anpassung der Finanzierung erfordert oder die Altersvorsorge, die durch einen Wegzug ins Ausland, neu geplant werden muss. Kundenberater müssen flexibel und agil verschiedene Szenarien und Optionen frühzeitig in der Beratung antizipieren und entsprechend berücksichtigen.

«Es geht darum, dem Kunden konstruktiv kritisch den Spiegel vorzuhalten»

Häufig sind sich die Kunden allerdings ihrer eigenen finanziellen Bedürfnisse und Prioritäten nicht bewusst oder wollen «den Fünfer und das Weggli». Daher muss der Kundenberater künftig in erster Linie die Rolle eines «Finanz Coachs» einnehmen. Durch gezieltes Fragen und regelmässige Kontakte mit dem Kunden können finanzielle Bedürfnisse, gemessen beispielsweise an den wesentlichen Cash Events, der Risikofreudigkeit des Kunden sowie seines psychographischen Profils, identifiziert und adressiert werden.

Dabei geht es, ebenso wie im «Personal Coaching», darum, dem Kunden konstruktiv kritisch den Spiegel vorzuhalten und aufzuzeigen, welche Wünsche und Bedürfnisse wie erreicht werden können – oder eben auch nicht – und was die finanziellen Optionen und Konsequenzen sind.

Herauszufinden, welcher finanzielle Spielraum existiert, mit welchen finanziellen Risiken sich der Kunde wohlfühlt (und nicht nur, wieviel er bereit ist, zu verlieren) und was die finanziellen Ziele sind, sind Fragen, die bei weitem nicht so trivial zu beantworten sind, wie häufig behauptet wird.

«Der Kundenberater muss sich künftig mehr in Netzwerken bewegen»

Um dies sauber tun zu können, muss sich der Kundenberater als agiler «Projekt Manager» verstehen, der in Szenarien denkt, mittel- bis langfristige Ziele in kurzfristig Planungsetappen herunter bricht und Experten koordiniert. Der Kundenberater muss sich demnach mehr in Netzwerken bewegen, statt als Generalist alles in Eigenregie anbieten zu wollen.

Auch wenn die Kommunikation mit dem Kunden künftig via «Multi-Channel» und auf Basis einer individuellen «Customer Journey» erfolgen wird, bleibt der persönliche Kontakt ein wesentlicher Bestandteil. Denn der Faktor Mensch ist und bleibt ein zentraler Aspekt für eine vertrauensvolle und persönliche Beziehung, als Basis der langfristigen Treue der Kunden zu ihrer Bank.


Carina Schaurte unterstützt als selbständige Beraterin insbesondere Asset- und Wealth Manager in strategischen Fragen und in deren effizienten Umsetzung. Sie baut dabei auf mehr als 15 Jahre Erfahrung in der Unternehmensberatung und in der Finanzindustrie. Das Thema Nachhaltigkeit und Impact liegen ihr besonders am Herzen. Daher hat sie neben ihrem Betriebswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen (HSG) auch noch einen Master in Leadership in Financial Development absolviert.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez, Beat Wittmann, Carina Schaurte, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Teodoro Cocca, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Fabrizio Pagani, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Fernando Fernández und Lars Jaeger.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.33%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.87%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.39%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.62%
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