Die viel beachtete Kotierung des chinesischen Fahrdienstleisters Didi in den USA lief zunächst gut an. Doch zwei Tage nach dem Börsengang wurde bekannt, dass die chinesische Regierung das Unternehmen unter die Lupe nahm. Gun Woo analysiert in seinem Beitrag auf finews.first die Ereignisse.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Didi, oft auch als das chinesische Uber bezeichnet, ging unlängst in den USA an die Börse. Didi ist eine Fahrdienst-App, die identisch wie Uber funktioniert. Die Bewertung des Unternehmens beim Börsengang lag bei rund 68 Milliarden Dollar, was einen Abschlag gegenüber der Marktkapitalisierung von Uber von 100 Milliarden Dollar entspricht.

Die beiden Firmen sind in ihrer Grösse dennoch sehr ähnlich, mit Brutto-Transaktionswerten (GTV) für Fahrdienste von rund 27 Milliarden Dollar im Jahr 2020 bei beiden – wenngleich Didi ein stärkeres Umsatz- und Gewinnprofil aufweist. Der Nettoverlust von Didi lag im Jahr 2020 bei 1,3 Milliarden Dollar, während Uber 4,8 Milliarden Dollar an Nettoverlusten verbuchte. Doch warum wurde Didi mit einem Abschlag zu Uber bewertet?

«Didis Expansion nach Übersee fällt bisher gering aus»

Es gibt zwei Faktoren, die dies erklären können: erstens die regionale Diversifizierung. Die Einnahmen von Uber werden nur zu 60 Prozent in den USA generiert. Didi erzielt 98 Prozent der Einnahmen in China. Uber ist nach Marktanteilen nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, Lateinamerika, Australien und Indien führend. Didis Expansion nach Übersee fällt bisher eher gering aus.

Zweitens die Diversifikation der Geschäftstätigkeit. Uber hat erfolgreich in den Essenslieferservice Uber Eats diversifiziert. Im Jahr 2020 wurden 35 Prozent des Umsatzes von Uber durch das Liefergeschäft erzielt. Obwohl das GTV aus dem Fahrdienst beider Unternehmen auf ähnlichem Niveau liegt, beträgt das Gesamt-GTV von Uber etwa 58 Milliarden Dollar, das von Didi nur 31 Milliarden Dollar.

«Die Kotierung in den USA lief zunächst gut an»

Der Markt für Essenslieferungen in China wird bereits von Meituan und Alibabas Ele.me dominiert, so dass Didi in diesem Bereich nur begrenzt expandieren kann. Didi konzentriert sich nun stattdessen auf den Markt für Lebensmittellieferungen.

Die Kotierung des chinesischen Fahrdienstleisters in den USA lief zunächst gut an. Doch schon zwei Tage nach dem Börsengang wurde bekannt, dass Didi von der chinesischen Regierung hinsichtlich seiner Datenerhebungs- und Sicherheitspraktiken unter die Lupe genommen wurde. Zwei Tage später gab die Cyberspace Administration of China (CAC) bekannt, dass Didi schwerwiegende Verstösse bei der Sammlung und Nutzung persönlicher Daten begangen hat und ordnete an, die App aus den chinesischen App-Stores zu entfernen, bis das Problem behoben ist. Das bedeutet, dass Didi keine weiteren Nutzer oder Fahrer hinzufügen kann, bestehende können die App jedoch weiterhin nutzen.

«Dies führte zu einer Kursschwäche, die sich wohl auch in nächster Zeit fortsetzen wird»

Es wurden keine Details zu den genauen Gründen der Untersuchung genannt oder wo die angeblichen Verstösse stattfanden, oder ob weitere Strafen folgen werden. Dies führte zu einer leichten Kursschwäche, die sich wohl auch in nächster Zeit fortsetzen wird. Viele Beobachter vermuteten schnell, dass die chinesische Regierung auf den Börsengang gewartet hatte, um an Didi ein Exempel zu statuieren und somit andere Unternehmen davon abzuhalten, ein US-Listing anzustreben.

Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, dass die Warnungen der Regierung gegenüber Didi bereits im Mai veröffentlicht wurden. Personen, die mit der Sache vertraut sind, berichteten, dass die chinesische Aufsichtsbehörde für Cybersicherheit dem chinesischen Fahrdienst-Riesen empfahl, seinen Börsengang zu verschieben und ihn aufforderte, eine gründliche Selbstprüfung seiner Netzwerksicherheit durchzuführen. Es scheint, dass Didi sich entschied, die Warnung zu ignorieren – vielleicht aufgrund des Drucks seiner Aktionäre, den Börsengang zu vollziehen.

«Wer sich durchsetzt, wird die Zukunft der Fahrdienstleister wie Didi bestimmen.»

Dies ist ein unglücklicher Zwischenfall. Ich bin der Meinung, dass Didi wahrscheinlich bald die notwendigen Änderungen vornehmen und den vollständigen Betrieb wieder aufnehmen wird. Die langfristig interessante Frage ist, wer die Führung auf dem Markt für autonomes Fahren übernehmen wird? Es ist offensichtlich, dass sowohl Didi als auch Uber diesen Markt erobern wollen. Ohne Fahrer könnte das GTV problemlos komplett in Umsatz umgewandelt werden (derzeit werden nur 20 Prozent in Umsatz umgewandelt).

Mehr Autos könnten während der Leerlaufzeit den Didi-Service anbieten, es gäbe keinen Engpass bei der Bereitstellung von Fahrten. In diesem Anfangsstadium ist noch unklar, wer von den Herstellern oder von den Fahrdienstleistern die Führung übernehmen wird.

Didi, Uber, Geely, Tesla, Baidu, Huawei, Google, Apple und viele andere stehen in den Startlöchern. Wer sich durchsetzt, wird die Zukunft der Fahrdienstleister wie Didi bestimmen.


Gun Woo ist Senior Analyst bei JK Capital Management, einem Unternehmen der La-Française-Gruppe.


Bisherige Texte von: Rudi BogniRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Martin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Kim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard Guerdat, Mario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. Lucatelli, Maya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco Martinelli, Thomas Sutter, Tom King, Werner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro Occhilupo, Will Ballard, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Christina Böck, Guillaume Compeyron, Miro Zivkovic, Alexander F. Wagner, Eric Heymann, Christoph Sax, Felix Brem, Jochen Möbert, Jacques-Aurélien Marcireau, Ursula Finsterwald, Claudia Kraaz, Michel Longhini, Stefan Blum, Nicolas Ramelet, Søren Bjønness, Lamara von Albertini, Andreas Britt, Gilles Prince, Darren Williams, Shanu Hinduja, Salman Ahmed, Stéphane Monier, Peter van der Welle, Ken Orchard, Christian Gast, Jürgen Braunstein, Jeffrey Vögeli, Fiona Frick, Stefan Schneider, Matthias Hunn, Andreas Vetsch, Mark Hawtin, Fabiana Fedeli, Marionna Wegenstein, Kim Fournais, Carole Millet, Swetha Ramachandran, Brigitte Kaps, Thomas Stucki, Neil Shearing, Claude Baumann, Tom Naratil, Oliver Berger, Robert Sharps, Tobias Müller, Florian Wicki, Jean Keller, Niels Lan Doky, Karin M. Klossek, Ralph Ebert, Johnny El Hachem, Judith Basad, Katharina Bart, Thorsten Polleit, Bernardo Brunschwiler, Peter Schmid, Karam Hinduja, Zsolt Kohalmi, Raphaël Surber, Santosh Brivio, Gérard Piasko, Mark Urquhart, Olivier Kessler, Bruno Capone, Peter Hody, Andrew Isbester, Florin Baeriswyl, Agniszka Walorska, Thomas Müller, Ebrahim Attarzadeh, Marcel Hostettler, Hui Zhang, Michael Bornhäusser, Reto Jauch, Angela Agostini, Guy de Blonay, Tatjana Greil Castro, Jean-Baptiste Berthon, Dietrich Grönemeyer, Mobeen Tahir, Didier Saint-Georges, Serge Tabachnik, Rolando Grandi, Vega Ibanez, Beat Wittmann, David Folkerts-Landau, Andreas Ita, Teodoro Cocca, Michael Welti, Mihkel Vitsur, Fabrizio Pagani, Roman Balzan, Todd Saligman, Christian Kälin, Stuart Dunbar, Fernando Fernández, Lars Jaeger, Carina Schaurte und Birte Orth-Freese.

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