Mit dem Ende der Pflicht zum Homeoffice ist auch in der Schweizer Bankenwelt eine Diskussion entbrannt, wie sich der Arbeitsalltag in Zukunft gestalten lässt, schreibt Andrea Hoffmann in seinem Beitrag für finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Die ersten Öffnungspläne Schweizer Institute zeigen entsprechend der Präferenzen ihrer Mitarbeitenden auch ein erhöhtes Mass an Flexibilität. Es ist bereits absehbar, dass die Präsenzkultur vergangener Jahre durch die Pandemie ein jähes Ende gefunden hat. Institute haben in den vergangenen anderthalb Jahren klar analysieren können, in welchen Bereichen die neue autonomere Arbeitskultur funktioniert, vielleicht sogar Effizienz- und Produktivitätsvorteile schafft.

Dementsprechend ist es nun möglich, Teams auch dauerhaft gezielt grössere Freiheiten zu lassen. Klar ist jedoch auch, dass es Aufgabensegmente gibt – und wohl immer geben wird – in denen reine Remote-Arbeit nicht haltbar sein wird. Gerade kreative Teamprojekte erfordern den direkten Austausch von Mitarbeitenden, um Dynamiken zu entfalten.

«Längst werden auch hier neue Konzepte erprobt»

Nicht zu vernachlässigen ist ausserdem die Frage nach dem benötigten Platz und der Grösse der Büros. Riesige Büroflächen ergeben nur solange Sinn, wie Hygienekonzepte vorschreiben, die vorhandenen Räumlichkeiten spärlich zu besetzen. Schon heute werden in den Schweizer Finanzzentren die Einsparpotentiale bei den Büromieten heiss diskutiert.

Längst werden auch hier neue Konzepte erprobt oder ausgebaut, etwa der «flexible» oder «hot» Desk. Mitarbeitende erhalten keinen festen Arbeitsplatz mehr, sondern arbeiten, wo ausreichend Platz vorhanden ist: Tische zu teilen wird so mittelfristig zur Normalität im Backend von Banken.

Die Akzeptanz innovativer Massnahmen und der Veränderungswille in der als eher konservativ bekannten Schweizer Finanzwelt sind jedoch nicht ausschliesslich getrieben durch positive Erfahrungen und erkannte Einsparmöglichkeiten: Nicht zu verkennen ist auch, dass gerade hiesige Grossbanken im globalen «War for Talent» eigenen internationalen Ansprüchen verpflichtet sind.

«Flexible Arbeitsmodelle werden zum Wettbewerbsvorteil»

Im Ringen mit den grossen Finanz-Playern aber auch Tech-Firmen aus Nordamerika, Grossbritannien und Asien um die besten Talente der Industrie können es sich die Schweizer Vorzeigeinstitute schlicht kaum erlauben, weniger aufgeschlossen gegenüber den New-Work-Ideen zu agieren. Flexibilität des Arbeitsmodells wird zum Wettbewerbsvorteil werden.

Die schöne neue Arbeitswelt klingt für Schweizer Banker zunächst sehr komfortabel. Es darf aber nicht vergessen werden, dass die dauerhafte Abkehr von der Präsenzarbeit für Mitarbeitende administrativer Bereiche im Backend mit repetitiven Arbeiten ohne Kundenkontakt den Druck erhöhen könnte.

«Eine stärkere Kontrolle wird stattfinden»

Galt früher unter anderem, die im Büro verbrachte Zeit als Arbeitsnachweis, verlagert sich der Blick noch stärker auf den erbrachten Output der Teams. Verschiedene Analysen legen zwar auch nahe, dass die Arbeit zuhause sich positiv auf die Leistung in verschiedenen Segmenten auswirkt, es ist aber anzunehmen, dass eine stärkere Kontrolle stattfinden wird.

Arbeiten Mitarbeitende ohnehin nicht mehr vor Ort gemeinsam an bestimmten Projekten, könnte sich ferner auch der Trend hin zum Nearshoring weiter entfalten. Dabei werden klar definierte technische und administrative Aufgaben ausgelagert und länderübergreifend von Teams – etwa in Süd- oder Osteuropa – erledigt.

Vor dem Hintergrund der rasant fortschreitenden Digitalisierung ist dies oftmals mit weniger technischen Problemen verbunden als noch vor ein paar Jahren. Hinzu kommen gute Ausbildungen und das starke technologische Know-how. Nicht zu unterschätzen sind auch regulatorische Kenntnisse wie auch das kulturelle und sogar sprachliche Verständnis für den Schweizer Markt.

Zum Teil werden auch Überlegungen angestellt, ob Mitarbeitende im Homeoffice für die gleiche Arbeit anders entlohnt werden als solche, die aus dem Büro heraus arbeiten. Hier werden auch günstigere Lebenshaltungskosten ausserhalb der Schweizer Metropolen als Argument für niedrigere Gehälter angeführt.

«Der Trend ist nicht frei von Risiken»

Dieser Ansatz wird sich meines Erachtens in der Schweiz nicht durchsetzen, vielmehr werden die Finanzinstitute den Weg der Verlagerung gewisser Backoffice-Standorte in kostengünstigere Regionen weiter vorantreiben.

Es ist festzuhalten, dass neu gewonnene Freiheiten die Work-Life-Balance hiesiger Banker deutlich verbessern können, der Trend jedoch nicht frei von Risiken ist.


Andrea Hoffmann ist Partner bei der Bankenberatung Capco in Zürich. Der Politologe ist Experte für Transformationsthemen in der Finanzwelt. Unter anderem beschäftigt er sich mit der Anpassung von IT-Strategien und deren Implementierung. Ein grosses Augenmerk liegt derzeit auch auf der Ausgestaltung von New-Work-Strategien von Finanzinstituten.


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