Die Zürcher Privatbank Clariden Leu strebt in Hongkong eine Banklizenz an, wie Geschäftsleitungsmitglied Erich Pfister gegenüber finews.ch erklärt.


Herr Pfister, Sie haben die Asien-Abteilung der Bank vor zwei Jahren als Krisenmanager übernommen. Wo mussten Sie eingreifen?

Auf Grund eines Handelsverlusts gerieten wir ins Visier der Finanzbehörde in Singapur. Um zukünftig einen solchen Fall zu verhindern haben wir alle Prozesse analysiert und wo nötig angepasst. Zudem nahmen wir die notwendigen personellen Anpassungen vor und positionierten den Produktbereich neu. In den letzten zwei Jahren haben wir zahlreiche Kundenberater eingestellt. Jetzt stehen wir mustergültig da.

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Was machen Sie heute anders?

Ich setze auf qualitatives Wachstum. Dafür suche ich Leute, die bereits 10 bis 15 Jahre Erfahrung haben und über langfristige Kundenbeziehungen verfügen, also Top-Leute. Auf keinen Fall möchte ich «Söldner», jene Leute, die kommen und nach zwei Jahren schon wieder gehen.


«Wir schulen Kommerzbanker um»

Wie vermeiden Sie solche Praktiken?

Natürlich arbeiten wir auch mit Headhuntern zusammen. Aber eigentlich ist der Markt ausgetrocknet. Meine Mitarbeitenden erhalten, wenn nicht täglich, so doch wöchentlich Angebote. Es gibt viel zu wenig qualifizierte Private Banker in Asien. Darum beschreiten wir neue Wege.

Das heisst?

Wir schulen Kommerzbanker, die früher im Firmenkunden- und Kreditgeschäft tätig waren, zu Privatkundenberatern um. Im indischen Markt praktizieren wir dies bereits erfolgreich. Diese Leute haben ein riesiges Netzwerk und können sich gut in die Psyche vermögender Personen einfühlen. Solche Umschulungen möchte ich nun auch verstärkt in Asien durchführen.

Wie viel Geld betreut ein Kundenberater von Clariden Leu in Asien?

Durchschnittlich ist ein Kundenberater in Asien für 30 bis 40 Kunden mit mindestens 5 Millionen Franken zuständig. Somit verwaltet er Vermögen in der Grössenordnung von etwa 150 Millionen Franken. Natürlich wären 200 Millionen besser, aber soweit sind wir noch nicht.


«Ich glaube nicht, dass Singapur per se in allem besser ist»

Warum wechselt ein asiatischer Kunde zu Ihnen?

Clariden Leu ist eine der ältesten Privatbanken der Schweiz. Das ist ein grosses Vermächtnis, besonders in Asien. Mit unseren flachen Strukturen sind wir näher am Kunden. Wir sind schnell, was in Asien entscheidend ist, und die Kunden schätzen es, wenn sie direkt mit den Mitgliedern der Geschäftsleitung Kontakt haben.

Singapur gilt als Musterbeispiel eines modernen Finanzplatzes.

Ich glaube nicht, dass Singapur per se in allem besser ist. Der Stadtstaat steht da, wo die Schweiz vor dreissig Jahren stand, als sie in Europa eine unbestrittene Rolle hatte. Mit der Steuerdebatte und dem politischen Druck hat die Schweiz heute andere Herausforderungen als Singapur. Ich schliesse jedoch nicht aus, dass Singapur in zwanzig Jahren mit denselben Problemen konfrontiert sein wird.

Gegenwärtig wirkt Singapur dynamischer.

Auf Grund der politischen Gegebenheiten können Entscheide dort viel schneller umgesetzt werden als in der Schweiz. Singapur beobachtet zudem genau, was die Schweiz für Fehler macht. Das ist typisch für die Asiaten: Sie erkennen extrem gut, was andere richtig oder falsch machen.


«Wir sind zu wenig selbstbewusst»

Was hat die Schweiz für Fehler gemacht?

Wir waren wahrscheinlich zu erfolgreich und wurden nachlässig. Wir haben uns zu lange auf gewissen Dingen ausgeruht. Ausserdem geisseln wir uns selber, machen uns schlecht, sind zu wenig selbstbewusst. Dabei haben wir etwa das beste Geldwäscherei-Gesetz der Welt. Die Engländer und Amerikaner machen das geschickter. Sie erzählen ständig, wie gut sie sind.

Warum ist das Bankgeheimnis in Singapur besser?

In Asien hat das Bankkundengeheimnis einen anderen Stellenwert. Die fiskalische Komponente ist kein Thema. In Hongkong oder Singapur sind die Steuern schon lange tiefer als etwa in Deutschland. Die Kunden wollen primär ihr Vermögen erhalten und absichern.

Manche Banken wollen ihren Hauptsitz nach Asien verlegen.

Für Clariden Leu sehe ich das in den nächsten Jahren nicht. Es gibt noch andere bedeutende Märkte auf der Welt. Klar wachsen die asiatischen Schwellenländer rasant. Aber innerhalb der gesamten Organisation haben sie noch lange nicht das vermutete Gewicht. Unter dem Strich verdient man das Geld grösstenteils noch immer im Heimmarkt Schweiz und in Europa.


«Einige Banken werden ihre Segel streichen»

Der Run der Banken nach Asien erweckt zusehends den Eindruck einer Blase.

Tatsächlich werden wohl nicht alle Banken überleben, die diesen ganzen «Hype» mitmachen. Wir werden vermutlich einige sehen, die in ein paar Jahren ihre Segel streichen, weil sie Kosten aufgebaut haben, die sie gar nicht tragen können.

Was sind Ihre nächsten Ziele?

Das grösste Wachstum erwarte ich in Greater China. Dazu gehören China, Hongkong und Taiwan. In Hongkong sind wir erst mit einer Vermögensverwaltungsgesellschaft vertreten. Wir wollen aber eine Bankniederlassung.

Was macht das für einen Unterschied?

Wenn auf Ihrem Visitenkärtchen Bank statt Asset Management Company steht, schafft das Vertrauen. Wir können zwar schon jetzt praktisch jede Beratungstätigkeit ausüben, doch als Bank hätten wir mehr Möglichkeiten. Wir könnten etwa vom künftigen Renminbi-Handel profitieren. Mittelfristig wollen wir auch Repräsentanzen in Peking und Schanghai eröffnen.


Erich_Pfister_qErich Pfister, geboren 1964, studierte Rechtswissenschaft an der Universität Zürich und bildete sich an Hochschulen in den USA weiter. Er stiess 1990 zur Credit Suisse, wo er verschiedene Leitungsfunktionen übernahm.

Zuletzt war er Leiter Business Support Private Banking COO, bevor er im November 2008 zur Clariden Leu berufen wurde, wo er seither Chef Mittlerer Osten & Asien und Mitglied der Geschäftsleitung ist. Erich Pfister unterstehen rund 200 Beschäftigte.

Clariden Leu: Ursprünglich wurde die Bank 1755 gegründet, bevor die Credit Suisse 2007 ihre vier Privatbanken zur heutigen Clariden Leu fusionierte. Das Institut verwaltet rund 100 Milliarden Franken, davon etwa sieben Milliarden von asiatischen Kunden.

 

 

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.77%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.88%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.34%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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