Immer mehr Investorinnen und Investoren fordern, dass sich Vermögensverwalter aus Gründen des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und der Unternehmensführung von bestimmten Firmen in ihren Portfolios trennen. Aber ist das der richtige Ansatz?, fragt Sean Hagerty in seinem Beitrag auf finews.first.


In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen


Die Kernaufgabe der Finanzbranche sollte darin bestehen, sich für alle Anlegerinnen und Anleger einzusetzen, sie fair zu behandeln und ihnen die besten Chancen auf Anlageerfolg zu bieten. Darum sollten Anleger ihre Anlagekosten niedrig halten und Fonds mit breiter Diversifizierung wählen.

Eine breite Diversifizierung bedeutet wiederum, in Unternehmen aus allen Branchen zu investieren. Dennoch fordern manche Investoren zunehmend, dass sich Vermögensverwalter aus Gründen des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und der Unternehmensführung (ESG) von bestimmten Firmen in ihren Portfolios trennen sollten. Aber ist das der richtige Ansatz?

Eine Analyse von ESG-Aktienfonds zwischen 2004 und 2018 ergab, dass ESG-Fonds weder systematisch höhere noch systematisch niedrigere Erträge oder Risiken als der breitere Markt aufwiesen. Dennoch ist für einige Anleger der Besitz bestimmter Unternehmen nicht mit ihren Werten vereinbar. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

«Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Investment-Stewardship-Programm»

Aus diesem Grund sollte die Branche natürlich Fondsprodukte anbieten, die bestimmte Unternehmen ausschliessen. Doch selbst bei ESG-Investitionen müsste es möglich sein, in einem breit gestreuten Indexfonds in Portfoliofirmen zu investieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Erst wenn Fondsanbieter in Unternehmen investiert bleiben und sie ermutigen, positive Massnahmen gegen wesentliche ESG-Risiken zu ergreifen, können sie einen langfristigen, nachhaltigen Wert für Investoren schaffen, ohne sich von diesen Unternehmen trennen zu müssen.

Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Investment-Stewardship-Programm. Indem sich das Stewardship-Team mit Portfoliofirmen auseinandersetzt und deren Geschäftsleitungen dazu ermutigt, alle wesentlichen Risiken für den langfristigen Shareholder Value zu überwachen und zu mindern, sorgt es für den Schutz der Anleger. Dazu zählen heute insbesondere auch ESG-Risiken.

«Das könnte den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft vereiteln»

Das Einwirken auf Verwaltungsräte und Management-Teams kann dazu beitragen, gute Governance-Praktiken zu etablieren, sinnvolle Veränderungen zu bewirken und die langfristige Wertschöpfung zu unterstützen. Ein wichtiger Aspekt eines solchen Engagements ist dabei, auf Generalversammlungen über Themen und die Ernennung von Führungskräften abzustimmen.

Gerade mit Blick auf den Klimawandel ist es besser, Unternehmen zu ermutigen, Klimarisiken durch den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu bewältigen, als sie auszuschliessen und zu veräussern. Investoren, die sich von kohlenstoffproduzierenden Vermögenswerten trennen, riskieren, sie an diejenigen weiterzuverkaufen, die sich nicht engagieren und den Wandel nicht fördern wollen. Das ist für den gerechten und geordneten Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft, den Investoren zu erreichen hoffen, nicht förderlich und kann ihn sogar vereiteln.

«Entscheidend ist, die Firmen bei der Umsetzung ihrer Pläne zur Rechenschaft zu ziehen»

Die Bewältigung der Risiken, die der Klimawandel für die Aktionäre mit sich bringt, ist eine der obersten Prioritäten eines Stewardship-Teams. Deshalb sollten Indexfondsanbieter mit den Unternehmen über ihre Pläne zur Verringerung der Treibhausgas-Emissionen und zur Verbesserung ihrer klimabezogenen Berichterstattung sprechen, während sie sich auf eine kohlenstoffärmere Zukunft einstellen.

Entscheidend ist, die Firmen bei der Umsetzung ihrer Pläne zur Rechenschaft zu ziehen. Um die Entwicklung standardisierter klimabezogener Offenlegungen zu fördern, können Asset Manager beispielsweise die Taskforce on Climate Related Financial Disclosures (TCFD) unterstützen. Zudem haben die Treuhänder der International Financial Reporting Standards (IFRS) im vergangenen November angekündigt, ein International Sustainability Standards Board einzurichten, das im Interesse aller Anleger harmonisierte globale Nachhaltigkeitsangaben entwickeln wird.

«Dieser Ansatz dient den Interessen der Anlegerinnen und Anleger am besten»

Die Unternehmen sollten auch dazu ermutigt werden, geeignete Aktionspläne zu entwickeln, um den Shareholder Value angesichts der zu erwartenden wesentlichen Risiken zu schützen. Zu diesen Risiken können bedeutende gestrandete Vermögenswerte oder physische Klimarisiken, Reputationsschäden, schädliche Kundenbeziehungen, eine nachteilige Wettbewerbsposition oder die Auswirkungen künftiger Vorschriften gehören.

Dieser Ansatz dient den Interessen der Anleger am besten und verspricht wesentlich mehr Erfolg, als sich einfach von Unternehmen zu trennen, die ein schlechtes ESG-Profil aufweisen, und die Verantwortung auf andere abzuwälzen.


Sean Hagerty ist Geschäftsführer des amerikanischen Vermögensverwalters Vanguard in Europa. Er stiess vor bald 25 Jahren zum Unternehmen und arbeitet von London aus.


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