Ein neuer Milliardenbetrug erschüttert die Finanzwelt. Und: Allen Stanford schmückte seine Firma prominent mit Adolf Ogi und Rudolf Sprüngli. 

Die amerikanischen Medien haben sich bereits auf einen Stempel geeinigt: Es ist ein «neuer Fall Madoff». Gestern meldete die amerikanische Börsenaufsicht SEC, dass sie gegen Robert Allen Stanford ein Verfahren eingeleitet habe. Der Vorwurf: «Orchestrierung eines betrügerischen Multi-Millionen-Dollar-Investment-Schemas». Die Betrugssumme: 8 Milliarden Dollar.

Die zuständige Regionaldirektorin der SEC, Rose Romero, sprach von einem «Betrug von schockierendem Ausmass, der seine Tentakel über die ganze Erde ausgebreitet hat».

Unwahrscheinlich hohe Zinsen versprochen

Der texanische Milliardär Robert Allen Stanford soll mit seinen drei Unternehmen Stanford International Bank, Stanford Group Company und Stanford Capital Management für rund 8 Milliarden Dollar sogenannte Depotzertifikate («certificates of deposit») an Investoren verkauft haben. Den Kunden seien unwahrscheinliche und unbegründbar hohe Zinsen versprochen worden.

Dabei habe Stanford die falsche Behauptung aufgestellt, die Mittel der Kunden würden in liquiden Finanzinstrumenten investiert und von einem 20-köpfigen Investorenteam betreut. De facto habe dieses Investmentkomittee jedoch aus Stanford, seinem Vater und sonst ein paar Freunden bestanden.

In der Schweiz mit Adolf Ogi und Rudolf Sprüngli präsent

In den nächsten Tagen wird zu klären sein, wie sehr sich die erwähnten Tentakel auch über die Schweiz erstrecken, und wer hier Verluste zu beklagen hat. Im Gegensatz zum Grossbetrüger Bernard Madoff war die Firma Stanford auf dem hiesigen Finanzplatz selber präsent. Der europäische Sitz befindet sich an der Zürcher Dreikönigsstrasse, einen Steinwurf entfernt von Bahnhofstrasse und Kongresshaus – die Firma ist seit 1997 in der Schweiz vertreten, seit 2004 fungiert sie als Europa-Hauptsitz.

Nicht nur in den USA, wo sich Stanford einen Namen als Philantrop und Sportsponsor machte, sondern auch in der Schweiz umgab er sich mit klingenden Namen und Respektspersonen. Für den hiesigen Ableger engagierte seine Firma den früheren Julius-Bär-Kadermann Leo Schrutt; in den Verwaltungsrat holte sie Rudolf K. Sprüngli, den aus der Schokoladendynastie stammenden Berater und Investor. Sprüngli betont allerdings, dass er lediglich vorübergehend an Bord gewesen sei: Im Oktober wurde er gewählt, vor kurzem sei er zurückgetreten. Er habe nicht einmal eine Verwaltungsratssitzung bei Standord erlebt.

Und letztes Jahr meldete die Stanford Financial Group, sie habe den früheren SVP-Bundesrat Adolf Ogi für ihren internationalen Beirat gewinnen können. In der Folge war Ogi auch verschiedentlich an Kundenanlässen zu sehen. Der ehemalige Bundesrat erklärte bei seiner Ernennung, er sei «stolz, mit einer Finanzgesellschaft verbunden zu sein, welche sich auch bewusst ist, welche Bedeutung die Aufwertung der Gemeinschaft durch Sport und Philantropie hat.»

Nun erklärt Ogi, er trete aus dem Beirat zurück. «Stanford wollte mich für Sportprojekte gewinnen», sagt Ogi. Die Geschäfte der Finanzgesellschaften habe er nicht kennengelernt. Insgesamt habe er lediglich zwei Informationstagungen besucht, und dort seien auch Spitzenpolitiker wie die ehemalige US-Aussenministerin Madeleine Albright oder Vertreter der Bush-Administration aufgetreten. «Jetzt habe ich Konsequenzen gezogen», sagt Ogi zu finews.ch, «und mich sofort zurückgezogen.»

Spenden für das Zürcher Kinderspital

Tatsächlich gehört Stanford zu den wichtigsten Sponsoren des Cricket-Sports. Und der Milliardär präsentierte sich unter anderem letzten Juni auch persönlich mit einer Millionenspende als Förderer des Zürcher Kinderspitals.

Auf der Basis dieses Renommées plante die Stanford-Gruppe offenbar auch eine weitere Expansion in der Schweiz. Erst Ende Januar meldete sie, dass sie David Singh angeworben habe. Der Berater des Swiss Alpha Funds hatte zuvor auch für die Credit Suisse und die Citigroup gearbeitet. Stanford-Schweiz-Chef Jack Staley liess sich damals mit dem Satz zitieren: «Gerade im aktuellen Marktumfeld legen wir grössten Wert darauf, die besten Talente zu gewinnen, um unser Wachstum voranzutreiben.»

Unternehmenszweck: Beratung in Vermögensangelegenheiten

Freilich taucht die Stanford Group (Suisse) nicht auf der Liste der von der Finma bewilligten Banken oder Vermögensverwalter auf; als Unternehmenszweck nennt das Institut vor allem die «Beratung in Vermögensangelegenheiten». Marketingchefin Deborah Meacham wollte gegenüber finews.ch weder zu den Ermittlungen der SEC noch zur Situation und zur Kundschaft in der Schweiz Stellung nehmen.

Die Stanford-Gruppe gab sich stets vornehm-diskret, mit Zahlen geizte sie. Sie präsentierte sich als 1932 gegründeter Familienbetrieb, laut eigenen Angaben beschäftigte die Gruppe in über sechzig Firmen etwa 3000 Personen und verwaltete rund 45 bis 50 Milliarden Dollar an Vermögen. Hauptsitze finden sich in Houston, Antigua und auf den Amerikanischen Jungferninseln.

Die gesamte Anklageschrift der SEC findet sich hier.

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