Seit Jahren erzielt die Fondsgesellschaft Carmignac Gestion sehr hohe Renditen. Wie ist das möglich? Nun will sie auch in der Schweiz ihre Präsenz ausbauen.

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Initiant von Carmignac Gestion ist der heute 63-jährige Franzose Edouard Carmignac (Bild: Antoine Antoniol/Bloomberg). Er gründete 1989 eine kleine Fonds-Boutique, die zehn Jahre lang unter dem Radar der Aufmerksamkeit navigierte. Seine ganze Erfolgsgeschichte finden Sie unter diesem Link.

Erst im Nachgang zur Dot.com-Krise investierte Carmignac frühzeitig in Schwellenländer und Rohstoffe. Seither eilt er mit seinem Unternehmen von Erfolg zu Erfolg.

Mittlerweile verwaltet die an der Place Vendôme in Paris beheimatete Firma mehr als 55 Milliarden Euro (rund 71 Milliarden Franken) an Geldern von gut einer Million Kunden. Was macht Carmignac eigentlich besser?

Gründe für den Erfolg

Als Flaggschiffe gelten die Fonds Carmignac Patrimoine und Investissement – der erste ist ein international ausgewogener Aktien- und Obligationenfonds, der zweite ein aggressiverer Aktienfonds, den Edouard Carmignac wie sein Baby hätschelt. Die Gründe des Erfolgs sind dabei durchaus zu orten.

Zum einen hat der umtriebige Franzose mit seiner hoch kompetenten Crew in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass er eine gute Nase für Trends hat. So baute er unmittelbar nach der deutschen Wiedervereinigung enorme Positionen in deutschen Bauunternehmen auf und lag damit goldrichtig.

Diverse Absicherungstechniken

Wie erwähnt erkannte er auch zum richtigen Zeitpunkt das Potenzial in Asien sowie in den Rohstoff, und mehrmals gelang es ihm auch, auf den Hausse-Zyklen europäischer Aktien zu reiten.

Zudem versteht er es offenbar glänzend, einzelne Investmentthemen und Sektoren gegeneinander auszuspielen; als er seine Internet-Aktien abstiess, hatte er bereits einen Fuss in den Schwellenländern.

Kommt noch ein anderer Aspekt hinzu: Carmignac benützt zahlreiche Absicherungstechniken am Markt. Er kauft haufenweise Optionen auf einzelne Indizes, um seine Kursavancen zu bewahren. Er steigt in komplexe Derivate ein, wenn die Märkte uneinheitlich tendieren, und er agiert bisweilen wie ein Hedge-Fonds-Manager, wenn er gleichzeitig auf steigende wie auf fallende Märkte spekuliert.

Schweizer Standort im Aufbau

Das alles hat dazu beigetragen, dass die Firma Carmignac Gestion so stolze Renditen erzielte. Das Risiko, das dabei aber auch mitschwang, blieb manchen Anlegern indessen verborgen.

Heute beschäftigt das 160 Mitarbeiter, darunter 13 Fondsmanager und 8 Analysten, die insgesamt 18 Anlagefonds betreuen. Erstmals seit 2007 soll in den nächsten Wochen ein neuer Aktien- und Obligationen-Fonds auf Schwellenländer lanciert.

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Alle Fonds sind auch in der Schweiz zugelassen, wo Carmignac Gestion erst noch ausbauen will. Zu diesem Zweck ernannte das Unternehmen kürzlich Marco Fiorini zum neuen Länder-Chef Schweiz.

Er soll die Expansion des lokalen Geschäfts vorantreiben, wie finews.ch unlängst berichtete. Derzeit evaluiert er den Standort eines neuen Büros entweder in Zürich oder in Genf.

Reicher Franzose

Grossen Wert legt Edouard Carmignac vor allem auch auf die Unabhängigkeit seines Unternehmens. Rund 70 Prozent der Firma gehören der Familie Carmignac; die übrigen 30 Prozent halten die Angestellten.

Wie ernst es der Firmengründer mit seiner viel gepriesenen Unabhängigkeit nimmt, äussert sich nicht zuletzt darin, dass er einen Börsengang von Carmignac Gestion oder einen Verkauf des Unternehmens an eine Grossbank weit von sich weist. Selbst wenn das Carmignac, dem man ein privates Vermögen von mindestens 600 Millionen Euro zuschreibt, vollends zu einem der reichsten Franzosen machen würde.


«Der Vergleich mit Gott schmeichelt mir»

Herr Carmignac, Ihr Erfolg ruft allerhand Neider auf den Plan. Man vergleicht Sie mit dem Grossbetrüger Bernard Madoff.

Edouard_Carmignac_2Edouard Carmignac (Bild: Bloomberg): Ich bitte Sie! Das ist eine Beleidigung. Madoffs Fonds waren eine Blackbox mit einer gefälschten Performance, Monat für Monat. Konstante Renditen sind auf die Dauer unmöglich. Einige Kunden sind zu mir gekommen und haben gesagt: Herr Carmignac, Sie sind gut. Doch Madoff ist besser.

Was haben Sie geantwortet?

Ich habe mir seine Fonds angeschaut und enorme Transparenzmängel festgestellt. Es wurde nie klar, wie seine Renditen zustande kommen. Darum habe ich allen Kunden abgeraten, in Madoff-Vehikel zu investieren.

Trotzdem: Was unterscheidet Ihre Fonds von Madoffs Schneeballsystem?

Wir sind absolut transparent. Seit 22 Jahren legt Carmignac Gestion alle drei Monate Rechenschaft über sämtliche Transaktionen ab. Unsere Renditen fluktuieren entsprechend.

Aber selbst in den ärgsten Krisenzeiten schnitten Sie durchwegs besser ab als Ihre Konkurrenten. Was machen Sie anders?

Wir sind unabhängig, und alle unsere Fondsmanager sind am Unternehmen beteiligt. So trägt jeder Verantwortung. Zudem braucht es bei uns keine langwierigen Komitee-Sitzungen, um einen Anlageentscheid zu fällen.

Sondern?

Meine Mitarbeiter geniessen eine relativ grosse Freiheit bei ihren Investments. Ich verlange von meinen Mitarbeitern dabei eine gute Portion Mut. Das ist sicherlich nicht immer einfach, wenn die Märkte gegenläufig sind.

Man hört jedoch, dass kein Entscheid ohne Ihre Zustimmung möglich ist. Carmignac Gestion steht und fällt also mit Ihnen.

Der Vergleich mit Gott schmeichelt mir ungemein. Aber ich bin es nicht. Mein Team entscheidet eigenständig. Ich selber bin verantwortlich für gewisse Aktieninvestments sowie für die Gesamtallokation respektive die Gewichtung einzelner Sektoren und Themen.

Wer sagt es Ihnen, falls Sie falsch liegen?

Meine Mitarbeiter. Erst letzte Woche hatten wir eine solche Debatte. Es ging um europäische Finanztitel. Ich bin eher skeptisch und glaube, dass viele Banken die Probleme verdrängen. Meine Partner waren hingegen der Meinung, dass die grossen Finanzhäuser enorm anpassungsfähig und damit selbst schwierigsten Marktbedingungen gewachsen sind. Ausserdem argumentierten meine Kollegen, dass der Bankensektor in vielen Ländern einen Sonderstatus geniesse, weil er einen wichtigen Beitrag ans Bruttoinlandprodukt liefere. Am Ende setzten sich meine Partner durch.

Wie lange wollen Sie diesen Job noch machen?

Ich habe mir keine Alterslimite gesetzt. Ich fühle mich unverändert fit, und die Arbeit macht Spass.

Derzeit könnten Sie Ihre Firma überaus lukrativ an die Börse bringen.

Auf gar keinen Fall! Wir würden unsere Unabhängigkeit mit einem Schlag verlieren, und die Mitarbeiter würden bloss noch auf den Aktienkurs schielen.

Ist Investieren Wissenschaft oder Kunst?

Ach, keines von beiden. Es ist zu 85 Prozent harte Arbeit. Der Rest mag Intuition sein.

Ihre Firma ist mittlerweile so gross, dass sie weniger flink investieren können. Bröckelt damit Ihr Erfolgsgeheimnis?

Nein. Die jetzige Grösse verleiht uns mehr Glaubwürdigkeit und Respekt in der Finanzwelt. Wir tauchen nun auch auf dem Radar grosser Investoren aus Übersee auf. Natürlich gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Mit unserer Marktkraft können wir weniger in mittelgrosse Firmenwerte investieren. Zudem können wir bestimmte Positionen nicht länger an einem einzigen Tag auf- oder abbauen. Als Folge werden wir künftig die letzten fünf Prozent Performance nicht mehr mitmachen können.

 

 

 

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