Karin M. Klossek zählt zu den führenden Markenexperten in Europa. Nach ihrem Dafürhalten fehlt vielen Privatbanken eine klare Positionierung.

Karin_M__Klossek_2


Frau Klossek, kommt Ihnen die Privatbankenwelt eintönig vor?

Grundsätzlich halte ich die Welt der Privatbanken für einen faszinierenden Markt, der an sich prädestiniert ist, starke Marken zu entwickeln und zu bewahren. Diese hervorragenden Voraussetzungen werden aber von den wenigsten Privatbanken genutzt. Sie schöpfen das Markenpotential kaum aus. Darum gibt es nur wenig Differenzierung zwischen den einzelnen Häusern.

Woran liegt das?

Das Thema Markenbildung steht bei den meisten Privatbanken erst am Anfang. Die Selbstdarstellung orientiert sich dabei noch stark an der Innensicht. Man präsentiert sich stolz als geschichtsträchtiges Haus mit Ahnengalerie, Wappen und den Portraits der aktuellen Repräsentanten der Bank.


«Oft ist kein eigenständiger Charakter erkennbar»

Als Referenz an die Globalität des Finanzwesens werden diese Darstellungen dann mit austauschbaren Bildern kombiniert, die Weitsicht und Entscheidungsfreude assoziieren sollen. In den meisten Fällen ist kein eigenständiger Charakter erkennbar.

Mit anderen Worten: Die Finanzinstitute vernachlässigen ihre Marke sträflich.

Viele Privatbanken gehen in ihrem Selbstverständnis davon aus, dass sie auf Grund ihrer langen Historie, der Stellung im Markt und der persönlichen Beziehung zu ihren Kunden per se einen starken Markenstatus haben. Falls eine Analyse zu einem gegensätzlichen Ergebnis kommt, ruft das bei den meisten Privatbanken Erstaunen oder gar Befremden hervor.

Liegt das daran, dass sich manche Banken in der Vergangenheit gar nicht gross um Klientel bemühen mussten?

Der Wettbewerb ist zweifelsohne härter geworden. Gleichzeitig steigen die regulatorischen Pflichten immens. In diesem Umfeld haben die Privatbanken noch mit Kunden zu tun, die selbstbewusst auftreten, mit einem höheren Grad an Distanz und mit einer gesellschaftlich steigenden Skepsis gegenüber Banken agieren.


«Die Markenwerte müssen gelebt werden»

Gleichzeitig sind diese Kunden weniger loyal als die Generationen zuvor. Der Übergang der Bankbeziehung von einer Generation zur anderen ist kein «Erbrecht» mehr.

In Ihrem Buch «Corporate Branding» betonen Sie wiederholt die Bedeutung des Markenwerts. Ist diese Erkenntnis noch nicht bis zu den Banken vorgestossen?

Der Markenwert ist in der Branche durchaus ein Begriff. Er kommt vor allem zur Sprache, wenn es um die Übernahme eines anderen Instituts geht. Was eine Marke aber tatsächlich ausmacht, und wie eine Marke erfolgreich geführt wird, da gibt es schon noch Nachholbedarf.

Was meinen Sie damit konkret?

Erstens muss die Marke in den Kernprozessen einer Bank integriert sein. Zweitens müssen die Markenwerte in den Bereichen Personal, Vertrieb bis hin zur Neuentwicklung von Produkten gelebt werden und als Bewertungskriterium verankert sein. Eine Hochglanzbroschüre allein tut‘s nicht.

Warum ist die Unternehmensmarke so wichtig geworden?

In Zeiten wachsender Markttransparenz, vergleichbarer Produkte, sinkender Kundenloyalität, einem immer stärkeren Einfluss unterschiedlichster Interessengruppen und dem so genannten «War for Talents» ist die Unternehmensmarke von zentraler Bedeutung.

Die Kundschaft wandelt sich – wird jünger und etwa auch weiblicher. Wie lässt sich denn mit einer Marke die immer weniger homogene Klientel abholen?

Die grundlegenden Werte der Menschen verändern sich nur sehr geringfügig. Darum werden Eigenschaften wie Verlässlichkeit, Transparenz und Vertrauenswürdigkeit, gepaart mit einem fundierten Know-how und einer hohen Empathie für die Befindlichkeit vermögender Kunden, immer zentral sein.


«Eine spezielle Ausrichtung auf Frauen ist kontraproduktiv»

Die jüngere Klientel stellt aber tatsächlich höhere Ansprüche an die Form und Schnelligkeit der Kommunikation. Sie ist auch viel stärker marken- und designorientiert. Die grösste Herausforderung bei dieser Zielgruppe liegt sicherlich in der Ansprache, die aus einer Verbindung von Tradition und Zukunftsorientierung bestehen sollte.

Welche Prämissen gelten für vermögende Kundinnen?

Eine spezielle Ausrichtung auf wohlhabende Frauen halte ich für kontraproduktiv. Vermögensverwaltung ist ein ernstes Thema, bei dem Männer und Frauen grundsätzlich die gleichen Zielsetzungen verfolgen. Die Unterschiede liegen allenfalls im individuellen Risikoprofil, in der Vermögensstruktur und in der individuellen Lebensplanung. Eine spezielle Ausrichtung auf Frauen stösst gerade bei der weiblichen Zielgruppe eher auf Skepsis und kann sogar als Diskriminierung empfunden werden.

Karin_M_Klosse_5Das geschäftliche Eldorado vieler Finanzhäuser liegt heute in Asien. Muss eine Marke deswegen anders positioniert werden?

Die Differenzierung findet in anderen Kategorien statt. So können unterschiedliche Produkte, Vorgehensweisen im Vertrieb und in der Kundenbetreuung sinnvoll sein. Die Berücksichtigung der kulturellen Gepflogenheiten in jeder Weltregion ist eine Pflicht. Der spezifische Markencharakter und der Markenwert bleiben jedoch überall gleich.

Wie stellt eine Bank sicher, dass sie ihre Marke adäquat repräsentiert?

Zunächst sollte sie folgende Frage beantworten: Wofür steht die Bank, und ist diese Zielsetzung für Mitarbeiter, Kunden und potentielle Kunden klar ersichtlich?


«Ein grosses Verständnis für Kunden ist Bedingung»

Parallel dazu sollte sie sich intensiv mit den Wünschen, Anforderungen, aber auch mit den Befürchtungen und Vorurteilen der Kunden auseinander setzen. Dies bedingt ein grosses Verständnis für die Kunden, das sich durch qualitative Marktforschung gewinnen lässt. Denn selbst ein intensiver Kundenkontakt bleibt in der Regel auf die Usancen und politisch korrekten Antworten beschränkt.

Von welchen Werten fühlen Sie sich bei einer Privatbank meisten angesprochen?

Von Authentizität und Transparenz.


Karin_M__Klossek_q_150Karin M. Klossek gründete im Jahr 2003 die in der Marken- und Strategieberatung tätige Firma Building Brands mit Niederlassungen in Frankfurt am Main und London. Zunächst arbeitete sie in der Kommunikationsbranche für Ogilvy & Mather, bevor sie Mitte der neunziger Jahre in den Finanzsektor stiess.

Als Marketingdirektorin war sie zunächst für die BfG Bank AG/Crédit Lyonnais in Frankfurt am Main tätig, bevor sie zur Commerzbank wechselte. Später arbeitete sie für die Citigroup in London als Regionaldirektorin für Werbung, Kommunikation und Branding.

Im Jahr 2003 machte sie sich selbständig. Karin M. Klossek ist zugleich die Autorin des Referenzwerks «Corporate Branding. Die erfolgreiche Führung der Marke durch den CEO».

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.89%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.67%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.09%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.46%
pixel